Am 26. Februar 2022 wurde der Elisabeth-Langgässer-Literaturpreis zum 12. Mal verliehen. Dieses Mal – Corona bedingt – im kleinen Rahmen. Preisträger war Daniel Kehlmann. Der deutsch-österreichische Schriftsteller erhielt die Auszeichnung für sein Gesamtwerk.
Begründung der Jury:
„Ähnlich wie die späteren Nobelpreisträger Thomas Mann und Günter Grass gelang Daniel Kehlmann bereits in relativ jungen Jahren der internationale Durchbruch. 2005, da war Kehlmann 30 Jahre alt, erschien sein Roman, „Die Vermessung der Welt“, eine fiktive Doppelbiografie des Mathematikers Carl Friedrich Gauß und des Naturforschers Alexander von Humboldt. „Die Vermessung der Welt“ wurde ein ebenso überraschender wie überragender internationaler Bestseller, in mehr als 40 Sprachen übersetzt, unter anderem als Hörspiel bearbeitet und erfolgreich verfilmt. Damit gelang Kehlmann einer der größten Erfolge der deutschen Nachkriegsliteratur. In der Folgezeit veröffentlichte Kehlmann unter anderem die vielbeachtete Geschichtensammlung „Ruhm“ und den Roman „F“. Beide erreichten Platz 1 der Spiegel – Bestsellerliste, konnten aber noch nicht aus dem Schatten der „Vermessung der Welt“ treten.
2017 dann erschien „Tyll“, die fiktive Lebensgeschichte Till Eulenspiegels – Kehlmanns siebter und für verschiedene Kritiker*innen bester Roman. Wie „Die Vermessung der Welt“ ist „Tyll“ ein vordergründig historischer Stoff. Kehlmann jedoch verfremdet bewusst das historische Material und zerstört jegliche Erwartungshaltung der Leser*innen auf eine zuverlässige Erzählung von Vergangenem. In „Tyll“ wird eine mythische Gestalt (Till Eulenspiegel) aus der Zeit des 30jährigen Krieges lediglich zum Leben erweckt, um die Traumatisierung der Menschen durch Kriegserfahrung und eine aus den Fugen geratene Welt für uns neu zu durchleben. Es entstand damit ein virtuoses Spiel mit Wirklichkeit und Fiktion, das gerade vor dem Hintergrund der derzeitigen Coronakrise zeitlos und visionär erscheint. So wirkte es fast wenig überraschend, dass „Tyll“ ausgerechnet im Jahr 2020, drei Jahre nach seiner Erstveröffentlichung in Deutschland, die Shortlist des britischen „International Booker Prize“ für den besten fremdsprachigen Roman erreichte.
Neben seiner Tätigkeit als Romanautor veröffentlichte Kehlmann verschiedene Bühnenstücke, wirkte als Übersetzer und setzte sich mehrfach als Kritiker und Essayist mit Ausmaß und Auswirkungen von Neuen Medien und dem Internet auseinander. Kehlmanns Werke gelten schon heute als überzeugende Beispiele moderner Literatur. Dadurch haben sie bereits bei Schulbuchverlagen Eingang in den Kanon empfehlenswerter Lektüre für den Deutschunterricht der Oberstufe gefunden.
Kehlmann ist vielfach ausgezeichnet und wirkte unter anderem als Gastdozent für Poetik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie als Poetikdozent der Universitäten Göttingen, Tübingen und Frankfurt. Er ist Mitglied der Mainzer Akademie der Wissenschaften und Literatur, der Freien Akademie der Künste in Hamburg und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Aktuell hält er Vorlesungen als Gastprofessor am German Department der New York University.“
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