Bei den jüngsten Gefechten um E-Book-Preise hat Amazon wieder einmal keine besonders gute Figur gemacht hat. Diesmal jedoch ausnahmsweise nicht wegen des schon bekannten notorischen Schweigens des Onliners, sondern des peinlichen Nachtretens der Amerikaner.
Bei den jüngsten Gefechten um E-Book-Preise in den USA ist nicht nur die Frequenz der Salven und das vorzeitige Ende der Schlacht auffällig. Hinzu kommt, dass Amazon im Duell mit Macmillan – und Apple, als Sekundant des Verlags – wieder einmal keine besonders gute Figur gemacht hat. Diesmal jedoch ausnahmsweise nicht wegen des schon bekannten notorischen Schweigens des Onliners, sondern des peinlichen Nachtretens der Amerikaner.
Vor dem jüngsten Duell hat Amazon mit der eigenen Kopf-durch-die-Wand-Haltung mehrfach für negative Schlagzeilen in der Buchbranche gesorgt, im Ausland wie auch hierzulande:
- Als sowohl Spitzentitel als auch Backlist von Hachette Livre UK im Streit um die Konditionen kurzerhand ausgelistet wurden (was auch Diogenes und Coppenrath schon widerfuhr)
- Als Amazon erklärte, künftig Zahlungen 30 Tage später vornehmen oder die aktuellen Zahlungsfristen bei zusätzlichen 2% Skonto beibehalten zu wollen.
- Oder als Amazon eine Strafgebühr bei Liefermängeln einforderte.
In den meisten solcher Fälle hat Amazon auf Anfrage von Medien nach den Hintergründen der Streitigkeiten mit „Kein Kommentar“ reagiert – was dazu führte, dass fast ausschließlich die Interessen der (Verlags-)Gegenseiten beleuchtet wurden. Dass Amazon beileibe nicht der einzige Player auf der Handelsseite ist, der mit Auslistungen und Strafgebühren seine Partner zu disziplinieren versucht, ging in den meisten Berichten zum bitterbösen Onliner unter – während man bei Amazon schwieg.
Der jüngste Clash der Unternehmens-Kulturen begann zwar auf bekannte Art und Weise: Macmillan wurde am vergangenen Freitag ausgelistet, weil sich der Verlag für höhere E-Book-Preise ausgesprochen hatte. Dann jedoch geschah etwas Wunderliches: Amazon äußerte sich öffentlich zum Vorfall, wenn auch nur relativ versteckt gegenüber den Kindle-Kunden, und „kapitulierte“.
Der Wortlaut der Erklärung hat es dabei in sich – und führt zu zahlreichen Fragen:
„Dear Customers,
Macmillan, one of the „big six“ publishers, has clearly communicated to us that, regardless of our viewpoint, they are committed to switching to an agency model and charging $12.99 to $14.99 for e-book versions of bestsellers and most hardcover releases.
Subtext: Was wir hier verschweigen, ist, dass Macmillan mit Apple einen neuen Verbündeten hat, den auch wir ernst nehmen müssen, wir also nicht mehr das Monopol haben.
We have expressed our strong disagreement and the seriousness of our disagreement by temporarily ceasing the sale of all Macmillan titles.
Frage: Warum erst auslisten, um dann zu kapitulieren?
We want you to know that ultimately, however, we will have to capitulate and accept Macmillan’s terms because Macmillan has a monopoly over their own titles,
Frage: Welcher Verlag hat das nicht, was macht die Macmillan-Fehde so einzigartig?
and we will want to offer them to you even at prices we believe are needlessly high for e-books. Amazon customers will at that point decide for themselves whether they believe it’s reasonable to pay $14.99 for a bestselling e-book.
Subtext: Liebe Kindle-Kunden, boykottiert doch bitte die Macmillan-Titel, wie in anderen Fällen schon erprobt.
We don’t believe that all of the major publishers will take the same route as Macmillan.
Subtext: Bitte ruhig Blut, Verlage. Bleibt bei der Stange.
And we know for sure that many independent presses and self-published authors will see this as an opportunity to provide attractively priced e-books as an alternative.
Subtext: Wir sind auf die großen Verlage nicht angewiesen.
Kindle is a business for Amazon, and it is also a mission.
Subtext: Unsere Botschaft wird leider nicht überall verstanden.
We never expected it to be easy!
Thank you for being a customer.“
Amen.
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