Die zum Verkauf stehende französische Buchkette Chapitre erwartet ein schwieriges Weihnachtsgeschäft: Laut Nachrichtenagentur AFP haben Verlage die Belieferung des zweitgrößten französischen Filialisten gestoppt. Die Verhandlungen mit potenziellen Käufern stehen damit unter einem schlechten Stern.
Die Situation: Nachdem das Filialnetz bereits im laufenden Jahr kräftig ausgedünnt wurde, hatte der Eigentümer Najafi im Oktober 2013 erklärt, die 57 verbleibenden Buchhandlungen verkaufen zu wollen. Jene Filialen, die nicht bis zum Sommer 2014 verkauft worden sind, will der Finanzinvestor schließen. Die Angebote können laut „Bookseller“ nur noch bis zum 2. Dezember eingereicht werden.
Doch die Lage vor Ort ist schwierig. Der Lagerbestand ist laut Chapitre bereits 25% bis 33% niedriger als er eigentlich sein sollte, weil die Bücher schon seit Mai nur schleppend angeliefert werden. Jetzt haben die Verlage, darunter auch Hachette Livre, die Belieferung gänzlich gestoppt – aus Angst, ihr Geld nie zu erhalten. Die Virgin-Insolvenz ist vielen offenbar noch schmerzhaft in Erinnerung.
„Die Verlage sind traumatisiert durch die Verluste, die ihnen durch den Virgin-Konkurs entstanden sind. Aber ihre Logik ist darwinistisch: das Überleben des Stärkeren“, erklärte Chapitre-Chef Michel Rességuier dem „Bookseller“ die Lage. Diese Politik gefährde den Verkauf der Filialen: „Durch den Lieferstopp werden sich die Kunden abwenden, dadurch sind die Filialen weniger attraktiv für potenzielle Käufer.“ Hachette Livre verweist zur Erklärung des Lieferstopps ebenfalls auf die Erfahrungen mit Virgin und fehlende Garantien.
Die Verkaufsgespräche sind nach Unternehmensangaben aber dennoch auf einem guten Weg: Für 51 Filialen hätten Kaufinteressenten ihren Hut in den Ring geworden. Vier Filialen seien bereits verkauft worden, bei einer fünften stehe man kurz vor Vertragsabschluss.
- Mehrheitseigentümer Najafi hatte das französische Geschäft der Bertelsmann Direct Group Mitte 2011 übernommen, darunter Chapitre (stationärer Buchhandel und Online-Shop, Nummer zwei nach der Fnac), den Medienclub France Loisirs und den Buch-Logistikdienstleister Loglibris (49%-Beteiligung).
- Nach monatelangen Verhandlungen wurde ein Verkauf von Teilen der Kette ans eigene Management im Februar 2013 abgeblasen.
- Im April 2013 folgte ein weiteres Krisensignal: Die Schließung von 9 Filialen wurde angekündigt und ein Sozialplan für 271 der insgesamt 1200 Mitarbeiter aufgelegt. Der damalige Firmenchef Jörg Hagen – der schon zu Bertelsmann-Zeiten das Unternehmen führte – erklärte, eine rasche Sanierung sei vonnöten, um nicht das ganze Unternehmen zu gefährden.
- Im Mai gab Hagen die Unternehmensführung an Rességuier ab (bleibt aber als Président der Muttergesellschaft Actissia an Bord).
- Im Oktober 2013 verkündete Finanzinvestor Najafi, die Filialen so schnell wie möglich verkaufen zu wollen. Notfalls einzeln statt am Stück.
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