Von den Baustellen der Branche gehören die der Wissensverlage wie Langenscheidt zu den größeren. Der neue, branchenfremde Geschäftsführer Jan Henne De Dijn (Foto) nennt im Interview die Herausforderungen.
Hilft der Außenblick des Branchenfremden?
Er tut jedem Wirtschaftszweig gut und eine Branche im Umbruch braucht ihn verstärkt. Das Auffälligste bei der Annäherung an das Buchgeschäft war für mich, wie sehr die Buchzyklen vom Tempo der Veränderung in der Konsumentenwelt und in der übrigen Vertriebswelt abweichen. Die Zeit von der Idee bis zur Umsetzung dauert einfach sehr lange. Das geht bei Produkten und Services elektronisch ausgerichteter Medienunternehmen schneller. Nicht immer bis ins letzte ausgefeilt: Trial and Error sind einkalkuliert.
Lassen sich das Buch und verwandte Produkte dergestalt beschleunigen?
Das kann man nicht verallgemeinern, für Belletristikverlage etwa gelten andere Regeln. Bei einem Wissensverlag, der alles zum Thema Sprachen strukturiert, geht es letztlich um Dienstleistungen, die man in unterschiedlichen Formaten anbieten kann. Ein Haus wie Langenscheidt muss sich schon der Frage nach Produktentwicklungsgeschwindigkeiten stellen. Da kann man auch mal eine Beta-Version anbieten und Kunden sagen: Testet das mal aus.
Steht die Buchbranche vor einer Revolution?
Sie muss sich stark umstellen, das heißt aber nicht, dass das Buchformat ausstirbt. Es wird nicht alles elektronisch. Für die Branche sind die wichtigsten Herausforderungen die Kundenorientierung und die Vertriebswege. Für uns als Dienstleistungsverlag ist die Kundenorientierung zentral, die Frage, wo, in welcher Form und auf welchem Qualitätslevel der Kunde Sprachinformationen benötigt; nicht mehr vom möglichen Produkt, sondern vom Bedürfnis her denken.
Abgeschlossene Produkte sind leichter zu bepreisen. Wie viel Unwägbarkeiten enthalten Services und elektronische Angebote?
Das erste Risiko ist, man muss Erfahrungen sammeln. Wer sich in innovativen Geschäftsfeldern bewegt und experimentiert, muss eine Fehlerquote einkalkulieren. Das zweite Risiko besteht darin, die Balance zu finden zwischen dem relativ teuren Vertriebsweg Buchhandel, der dafür aber viel Sicherheit bietet, von der wir hoffentlich auch künftig gut leben können, und dem ergänzenden elektronischen Vertriebsweg, der auf den ersten Blick preisgünstig erscheint, aber auch wesentlich geringere Margen mit sich bringt.
Was bleibt für den stationären Handel?
Neben der Erarbeitung elektronischer Angebote arbeiten wir an Lösungen, gemeinsam mit dem Handel seine Absatzwege zu stabilisieren. Das drängt: Wenn wir da nicht schnell Hand in Hand zu neuen Konzepten kommen, haben wir stürmische Zeiten vor uns.
Die Fragen stellte Thomas Wilking
Zur Person: Jan Henne De Dijn
ist Volkswirt und seit Ende Mai Geschäftsführer der Langenscheidt KG und der erste familienfremde Manager an der Spitze des Sprachenspezialisten. Der 43-Jährige hatte sich zuvor als Fernsehmann profiliert, bevor er zunächst als Restrukturierungsberater bei Langenscheidt einstieg.
Jan Henne De Dijn ist Referent bei der Veranstaltung „Verlag 3.0. Näher am Kunden − Der kundengetriebene Wandlungsprozess in Verlagen“ am 19. Juli 2011 in der Akademie des Deutschen Buchhandels in München. Hier mehr Infos.
Kommentar hinterlassen zu "Das Buchgeschäft ist zu langsam"