Das Dienstleistungsunternehmen Dussmann Group ist neues Stifterratsmitglied der Stiftung Lesen. Ganz unmittelbar betrifft Leseförderung das von Andrea Ludorf geleitete Dussmann das KulturKaufhaus. Ein buchreport-Kurzinterview zum Thema.
Viele Kinder und Jugendliche tun sich mit dem Lesen schwer. Was können Buchhandlungen dagegen tun?
Ludorf: Leseförderung ist das Perpetuum mobile der Buchbranche: Menschen zum Lesen zu motivieren, ist unser Kerninteresse. Weil buchferne Menschen nicht zu uns kommen, müssen wir dahin, wo die Menschen sind und uns mit Einrichtungen vernetzen, die sich um die Förderung der Sprachkompetenz kümmern. Wir selbst fördern Sprach-Kitas, haben mit Kinderbuchverlagen Bilderbücher in 7 Sprachen übersetzt und 110.000 Exemplare produziert, die wir seit Oktober Bildungsträgern anbieten. Das ist Förderung und Marktlücke zugleich. Die Idee ist, Kindern mit Migrationshintergrund, denen in der Kita auf Deutsch vorgelesen wird, Bücher in ihrer Sprache mitzugeben, um so den doppelten Spracherwerb zu fördern.
Eine große Nummer eines größeren Hauses …
Klar, aber das Prinzip dahinter bleibt, dass wir Buchhändler uns Netzwerke vor Ort suchen. Ich war kürzlich bei einer Veranstaltung des Netzwerks Leseförderung Schleswig-Holstein, in dem viele ehrenamtliche Initiativen kooperieren. Dort trifft man Schulen, Kindergärten, private Bildungsträger, aber auch Politiker, die alle das gleiche Ziel haben wie wir: mehr Menschen zum Lesen zu bringen. Auch in der Buchhandlung selbst können wir aktiv werden und die bestehende Schwelle absenken. Wir haben zum Beispiel an einem Oktober-Samstag einen mehrsprachigen Vorlesetag für Familien organisiert in Kooperation mit der Stadtbücherei Berlin-Mitte. Deren Lesebus – beklebt mit der Bilderbuch-Kuh Lieselotte – parkte an dem Tag direkt vor unserer Tür. Das war ein toller Hingucker für die Kinder. Den vorbeikommenden Eltern haben wir gezeigt, dass Lesen nicht teuer sein muss. Ob Leihen oder Kaufen: Lesen und Hören macht Spaß und fördert die Kompetenzen des Kindes.
» Man darf nicht den Fehler machen, dem Engagement Verkäufe gegenzurechnen.«
Ist Leseförderung Marketing?
Nicht im engen Sinne. Es ist vor allem eine gesellschaftliche Aufgabe, von der gleichwohl auch unsere Branche langfristig profitiert. Man darf jedoch nicht den Fehler machen, dem Engagement Verkäufe gegenzurechnen. Es geht darum, Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene zu Lesern zu machen, ohne bestimmte Darreichungsformen im Blick zu haben: Wir legen die Basis für das Interesse an erzählten Geschichten.
Leseförderung ist nicht zuletzt auch eine sehr bereichernde Aufgabe, die mit viel Wertschätzung verbunden ist. Wir erwarten dabei aber nicht, dass die Leute aus Dankbarkeit künftig bei uns kaufen.
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