Auf der Konferenz „re:publica“ diskutierte die digitale Gesellschaft über Potenzial und Macht des Internets. Bloggerin Simone Finkenwirth beleuchtet die Bedeutung der Internetrezensionen für die Buchbranche.
Wer hat stärkeren Einfluss auf dem Buchmarkt? Feuilletonisten oder Blogger?
Informationen verbreiten sich bekanntlich rasend schnell im Internet: Ein Klick hier, ein Klick da und schon fliegt die Nachricht um den Globus. So kann es eine Buchempfehlung von Berlin nach New York schaffen und umgekehrt. Die Internetrezension erreicht entsprechend mehr Leser, die Reichweite hängt aber sehr von der Zielgruppe ab. Grundsätzlich gilt: Blogger besprechen jedes Buch, das sich gut liest, demnach ist die Titelauswahl im Netz sehr viel breiter als zum Beispiel die Auswahl der Bücher im Feuilleton der „Süddeutschen Zeitung“.
Was unterscheidet den Literaturblog von der Kritik in der Tageszeitung?
Feuilletonisten schreiben oft sperrig, wissenschaftlich und sehr analytisch, auch wenn es erfrischende Ausnahmen gibt. Die Rezensionen der Blogger sind dagegen authentischer, subjektiver und haben einen engen persönlichen Bezug zum Rezensenten. Und das Angebot ist sehr vielfältig: Von der Schülerin, über den Buchhändler bis zur Germanistin sind sie alle im Netz vertreten.
Wird Twitter die Bücher-Blogs ablösen?
Keineswegs. Zwar bin ich auch bei Twitter aktiv, doch die Kommunikationsform ist eine ganz andere. Versuchen Sie mal, eine Rezension in 140 Zeichen zu pressen: Mehr als den Titel, den Namen des Autors und ein paar Adjektive können Sie über Twitter nicht publizieren. Twitter eignet sich lediglich dafür, auf eine Neuerscheinung oder eine Rezension im Blog hinzuweisen.
Social Media im Buchhandel – außer Arbeit nix gewesen?
Meiner Erfahrung nach bekommen Buchhändler, die im Internet aktiv sind, viel positives Feedback ihrer Kunden. Zwar ist Facebook noch etwas verpönt, dennoch sind Social-Media-Plattformen ein gutes Mittel, um auf das eigene Unternehmen, auf Lesungen und Neuerscheinungen aufmerksam zu machen. Auch wenn sich mit den Internetaktivitäten oft kein Geld verdienen lässt, bleibt man doch im Gespräch. Und das wirkt sich wiederum indirekt auf die Umsätze aus. Ich kann jeden Buchhändler also nur ermutigen, diesen Schritt zu wagen.
Und wie reagieren die Verleger?
Erst kürzlich sagte mir ein Pressesprecher eines großen Verlags, er würde vor allem die ehrliche und persönliche Meinung unserer Beiträge schätzen. Insgesamt ist das Feedback der Verlage aber sehr unterschiedlich: Einige lassen mir auf Nachfrage Leseexemplare zukommen, andere schweigen weiterhin auf meine E-Mails. Sie haben unsere Relevanz noch nicht erkannt.
Die Fragen stellte Lucy Kivelip
Zur Person: Simone Finkenwirth
ist Bloggerin und Betreiberin von „Klappentexterin“ und „Reading Murakami“. Die gelernte Verlagskauffrau leitet seit drei Jahren eine Filialbuchhandlung in Berlin. 2009 gewann sie als Rezensentin den ersten Preis „Leser Kompass“ in der Sonderkategorie Zeitgenössische Literatur des Internetportals lovelybooks.de. Auf der Blogger-Konferenz „re:publica“ (13. bis 15. April 2011) hielt sie am 14. April einen Vortrag über die Bedeutung von Review-Blogs für die Literatur- und Bloggerszene.
Aus eigener Erfahrung – ich rezensiere unter anderem für http://www.glanzundelend.de (kein klassisches Literaturblog allerdings) – kann ich aber sagen, dass die Anzahl der Verlage, die auf Anfragen nach Rezensionsexemplaren gar nicht reagieren, deutlich zurückgegangen ist. Mittlerweile ist es eher die Ausnahme, dass eine Anfrage nicht beantwortet wird. Allerdings hört man von Verlagen natürlich auch, dass nicht jedem Wunsch nachgekommen werden kann, da gerade bei kleineren Verlagen die Anzahl der zur Verfügung stehenden Exemplare begrenzt ist. Man muss dann doch differenzieren, Blog ist nicht gleich Blog, Rezensent ist nicht gleich Rezensent und die Zugriffszahlen unterscheiden sich auch von Blog zu Blog durchaus gewaltig. Grundsätzlich wäre aber jeder Verlag gut beraten, sich bei Anfragen doch mal kurz zu informieren, inwieweit der Anfragende als Multiplikator interessant ist.