Der Bildungssektor steht nicht nur bei Bertelsmann, sondern auch im Silicon Valley weit oben auf der Agenda. Google baut die Aktivitäten in Schulen mit „Classroom“ aus – Verlage wie Klett dürfte dies nicht freuen.
„Google Classroom“ nennt das US-Unternehmen ein neues Web-Angebot, dessen Testphase nach drei Monaten abgeschlossen ist und das jetzt für 42 Sprachen eingeführt wird. Zielgruppe der kostenlosen Web-Applikation sind Lehrer, die mit dem Web-Werkzeug u.a. Hausaufgaben konzipieren, verteilen und benoten können. „Classroom“ ist mit Google Drive verknüpft, dem hauseigenen Web-Dienst für Texte und Tabellen.
Neben dem Dokumentenservice umfasst „Classroom“ auch Möglichkeiten zur Kommmunikation mit Schülern.
Mit dem neuen Service betritt Google einmal mehr das Feld, auf dem Bildungsverlage wie Klett unterwegs sind. Die Berliner Konzerntochter Klab bietet mit meinunterricht.de einen digitalen Service an, der neben rund 70.000 Seiten Unterrichtsmaterial auch Methoden zur Konzeption und Verwaltung von Unterrichtsmaterialien umfasst (mehr dazu im buchreport.magazin 2/2014, hier zu bestellen).
Im Januar hatte sich Klab-Co-Geschäftsführer David Klett gegenüber buchreport zuversichtlich gezeigt, im Wettbewerb mit Google & Co. bestehen zu können: „Früher hatte ich Angst davor, dass Google und Apple uns vor sich hertreiben. Die sind aber demütiger geworden, gerade in Deutschland, wo wir ein komplexes Bildungssystem haben, das seine eigene Tradition hat. Wenn wir Verlage nah an den Lehrern dran bleiben und ihre Bedürfnisse verstehen, werden wir weiterhin Geld verdienen.“
Was ist die Konsequenz? Google speichert alle schulrelevanten Daten, gleicht sie mit den ohnehin schon vorhandenen Profilen der Lehrer und Schüler ab, um noch gezieltere Werbung schalten zu können. Denn darum geht es doch: Google hat noch nie Anstalten gezeigt, ein Wohlfahrtsunternehmen zu sein. Die Gefahr, die ich dabei sehe: Google erstellt einen kompletten, lückenlosen Lebenslauf von der Wiege bis zur Bahre, weiß von uns mehr als wir selbst, kann sogar voraussagen, wie wir auf bestimmte Themen reagieren werden. Ein Traum für jeden noch kommenden autoritären Staatschef, um es mal vorsichtig auszudrücken.
Etwas in der Art hat übrigens vor einiger Zeit die Bertelsmann-Stiftung angeregt – außer Acht lassend, dass es ähnliche Überlegungen bereits im Dritten Reich gab…
Aber solange das Internet ruckelfrei läuft, genügend Bier im Kühlschrank ist, und im Fernsehen toller Fußball gezeigt wird, interessiert das den deutschen Michel nicht sonderlich…
Leute, wacht endlich auf!