Die vom Börsenverein, der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen und dem Bundesverband Musikindustrie in Auftrag gegebene Piraterie-Studie (hier mehr) hat zu einer interessanten Debatte auf buchreport.de (hier) geführt. Börsenvereins-Justiziar Christian Sprang und Verlagsberater Manuel Bonik diskutieren über effektive Maßnahmen im Kampf gegen Piraten, Forderungen an die Politik und Hausaufgaben der Verlage.
Die komplexe Debatte erstreckt sich u.a. auf folgende Themen:
Wie Piraten verfolgen?
Bonik favorisiert ein notice-and-downtake-Verfahren, bei dem der Provider informiert wird, dass bei ihm z.B. illegale E-Book-Angebote zu finden sind, worauf der Provider die Inhalte oder den Zugang zu den Inhalten (Verlinkung) entfernen muss. Es gebe viele Beispiele von Verlagen, die unter Nutzung des Notice-and-downtake-Verfahrens die Verbreitung ihrer Produkte gut unter Kontrolle hätten.
Nach der Einschätzung von Sprang behandeln solche Notifizierungen „eine – momentan für die meisten Verlage allerdings durchaus hilfreiche – Symptombehandlung, die weder die Branche noch die Gesellschaft näher an eine notwendige echte Lösung des Piraterieproblems bringt“. Sprang spricht sich dafür aus, die Möglichkeiten von Zivilrecht (Störerhaftung auch von Linkressources) und Strafrecht konsequent auszunutzen. Bei dem Fall kino.to sei das Problem an der Wurzel gelöst worden. Weitere Anregung von Sprang: Die Politik könne Strafzölle und Handelssanktionen gegen die Mitglieder der internationalen Staatengemeinschaft verhängen, die Piratenservern einen sicheren Hafen böten und anonyme Domainregistrierungen ermöglichten.
Bonik verweist auf eine Offensive des englischen Verlegerverbands, bei der Autoren und Verlage die Möglichkeit haben, illegale Links in einem Portal zu melden und so entfernen zu lassen – ein solches Portal wäre auch in in Deutschland sinnvoll. Sinnvoll seien außerdem Maßnahmen gegen finanzielle Unterstützer der Piraterie wie Paymentanbieter oder Werbeunternehmen.
Was müssen Verlage besser machen?
Daneben sind laut Bonik jedoch besonders die Verlage gefragt, ihr digitales Angebot zu verbessern: Bei Piratenseiten könnten sie beobachten, welche ihrer Bücher besonders gefragt sind – hauptsächlich Titeldie in den aktuellen Katalogen nicht enthalten seien. „Das würde Verlagen die Möglichkeit geben, ihre Backkataloge gezielt in den digitalen Markt zu schicken.“ Grundsätzlich sei das E-Book-Angebot hierzulande zu klein und die Titel – besonders aus der Backlist – zu teuer.
Interessant ist laut Bonik eine Bündelung von Angebote vieler auch kleinerer Verlage zu einem Flatrate-Angebot – solche Angebote gewönnen in der Musik- und Filmindustrie zunehmend an Bedeutung. Sprang hält zumindest von „Billigflatrateangeboten“ nicht viel. Dies sei eine „schlichte Kapitulation vor der und eine ideenlose bloße Anpassung an die Umsonstmentalität des www“ und führe dazu, dass „künstlerisch, geistig-literarisch oder medial Schaffende und die Verwerter ihrer Werke“ am Ende ausgehungert werden.
Kopierschutz?
Während Bonik zumindest die harte Variante (DRM) grundsätzlich ablehnt – DRM bestrafe die Ehrlichen und arbeite so für die Piraten –, differenziert Sprang: Verlage sollten den Mut haben, Nackenbeißer und ähnliche mass-market-Erzeugnisse ohne DRM in das Niedrigpreissegment zu platzieren. Außerdem sollten sie das Selbstbewusstsein und die Standhaftigkeit haben, hochwertige Inhalte „mit verbraucherakzeptierten Schutzmechaniken im preislichen highend-Bereich anzubieten“.
Fotos: Peter Gesierich, Börsenverein
Kommentar hinterlassen zu "Das Problem an der Wurzel angreifen"