Hier Skipis‘ Kommentar im Wortlaut:
„Amazon und das lautstarke Schweigen in Deutschland
Amazon heute: Nach der ARD-Dokumentation „Ausgeliefert“ fegt ein Sturm der Entrüstung durch das Internet. Die Politik greift das Thema Arbeitsbedingungen auf. Einige wenige kleinere Verlage melden sich zu Wort, üben öffentlich Kritik, kündigen die Zusammenarbeit mit Amazon. Andere schweigen.
Doch wer schweigt zu was und warum? Die Antwort ist so simpel wie hart. Geschwiegen wird, weil Amazon – jedenfalls kurz-, vielleicht auch noch mittelfristig – nutzt. Der Onlineanbieter nutzt vielen Verlagen, weil ihre Bücher über diesen Vertriebsweg geordert werden und weil sie damit Geld verdienen. Und der Onlineanbieter nutzt dem Kunden, weil ihm das Empfinden eines nahezu perfekten Angebots bei vollster Bequemlichkeit vermittelt wird. Der Preis macht es bei Büchern nicht, denn der ist überall derselbe. Aber der Preis, der insgesamt für den Nutzen zu zahlen ist, wird hoch sein.
Dass dies – wenn die Behauptung stimmt – auf dem Rücken ausgeliehener Arbeitnehmer, einer fragwürdigen Öko-Bilanz, deutscher Steuerzahler und einer schleichenden Verödung der Innenstädte geschieht, das war bis vor kurzem kein Thema. Nicht in der Politik, nicht bei vielen Verlagen, auch nicht für die Verbraucher. Dass dieser Erfolg schon jetzt, vor allem aber in Zukunft auf dem Rücken der Verleger und Leser ausgetragen wird, wenn Amazon als Quasimonopolist die Konditionenschraube anziehen kann, ist am Horizont schon sichtbar. Manche Verleger können bereits jetzt ein Lied davon singen.
Unternehmen wie Amazon oder Apple haben als global agierende Unternehmen in Deutschland Vorteile, die lokale Anbieter wie Buchhändler nicht haben. Sie zahlen in Deutschland kaum Steuern, sie nutzen hier aber gleichzeitig die gesamte Infrastruktur. Sie können beispielsweise E-Books aus Luxemburg mit einem reduzierten Mehrwertsteuersatz von 3 Prozent grenzüberschreitend verkaufen. Das hat dann eine europäische Dimension. Bis auf wenige Ausnahmen nehmen das auch die politisch Handelnden in Kauf.
„Nachhaltigkeit“ ist lange schon ein geschätzter Begriff der politischen Klasse. Leider wird er ständig missbraucht. Nachhaltig missbraucht. Es wird Zeit, dass die damit verbundenen Werte von Lippenbekenntnissen in konkretes Handeln überführt werden. Wenn die Buchbranche in Deutschland für E-Books eine Regelung für den Mehrwertsteuersatz im grenzüberschreitenden Verkehr und den reduzierten Mehrwertsteuersatz fordert, dann hat das etwas mit nachhaltigem Schutz für ein Kulturgut zu tun, dessen Charakter sich durchaus in Abhängigkeit vom Vertriebsweg entwickelt. Das beeinflusst letztlich die Vielfalt des kulturellen Angebots. Eine Entscheidung auf Regierungsebene ist überfällig, wir fordern sie seit Jahren mit Nachdruck ein. Doch auch hier – Schweigen.
Es gibt Alternativen. Ein jeder hat es selbst in der Hand zu entscheiden, wo er kauft und verkauft. Verbraucher und Verleger sind nicht machtlos. Die Lösung? Flächendeckend gibt es in Deutschland ein Netz von Buchhandlungen mit Beratung und Komfort. Hier wird das vor Ort bestellte Buch in der Regel nicht nur innerhalb von 24 Stunden geliefert, hier kann dasselbe Buch in den meisten Fällen auch online geordert werden. Hier ist die deutschsprachige Titelauswahl größer als bei den meisten reinen Online-Anbietern, die längst nicht alle lieferbaren Bücher in ihren Katalogen haben. Hier wird das Buch in manchen Fällen per Boten gebracht und hier erfährt man, welche Bücher, die nicht auf Bestsellerlisten stehen, besonders lesenswert sind.
Der Buchhandel vor Ort hat jetzt die Möglichkeit zu zeigen, was in ihm steckt. Und der Verbraucher hat es selbst in der Hand, wie er seine Umgebung und seine Umwelt, aber auch Arbeitsbedingungen von Menschen mit seinen Verkaufsentscheidungen gestaltet.
Die Amazon-Bestandsaufnahme ist nüchtern. Das entschuldigt nicht Verhältnisse in Unternehmen oder Bedingungen, die völlig inakzeptabel sind. Doch es ist eine Tatsache: Die Mehrheit schweigt. Es gibt sicher gute Gründe, etwas zu tun oder zu lassen. Aber es gibt Alternativen, jeder hat die Wahl. Und sollte das nutzen. Der Autor Andrian Kreye bezeichnet Amazon in der Süddeutschen Zeitung als „wirtschaftliche Lebensgefahr“ für Buchhandel und Verlage. Das sollte uns alle nachdenklich machen.“
Als digitaler Verleger, der ÜBERALL verlegt, ist mir die Diskussion um Amazon vollkommen egal, da morgen schon wieder eine andere Mediensau durchs Dorf getrieben wird und ich keine Energie habe, mich um jeden Pups zu kümmern. Ich mache lieber Bücher!
Als Inhaber eines kleinen Verlags verfolge ich die gesamte Diskussion um Amazon, EBooks u.s.w. natürlich mit großem Interesse.
Für einen kleinen Verlag ist es verdammt schwer, einen möglichst flächendeckende Zusammenarbeit mit Verlagsvertretern sicherzustellen, um im lokalen Buchhandel eine Chance auf Präzens zu erhalten. Immerhin konnte ich eine Vereinbarung mit den zwei großen Barsortimentern erzielen (und sah mich mit vergleichbar „unmoralischen“ Rabattforderung wie bei Amazon konfrontiert). Aber über die Listung der Barsortimente wurde für mein Sortiment eine Listung bei den großen Online-(Buch)Händler, inkl. Amazon (ohne selbst mit Amazon eine Vereinbarung treffen zu müssen) möglich. Diese Vertriebskanäle sind schlichtweg unverzichtbar.
Das „Schweigen“ der Verlage kann ich schon nachvollziehen. Denn es geht hier z.Z. um die zukünftige Neugewichtung der Vertriebskanäle. Und wie bereits angesprochen, ist ein erfolgreicher Flächenvertrieb / Buchhandel sehr schwierig. Der Druck auf die Buchhandlungen fördert nicht gerade deren Bereitschaft, Bücher kleiner Verlage anzubieten.
Somit wird der Onlinehandel über starke Marktplattformen eher noch an Bedeutung gewinnen.
Ich bin kein Mitglied im Börsenverein. Falls der Börsenverein aber in der Lage wäre (endlich) die Interessen der Verlage in einer neuen Form „auf die Strasse“ zu bringen, trete ich sofort ein und wäre sogar bereit x% vom Umsatz beizutragen. Die gleichzeitige Vertretung des Buchhandels wie auch der Verlage macht es aber wahrscheinlich schwer eine wirklich gestaltende Rolle einzunehmen.
Den Onlinehändler grundsätzlich anzuprangern halte ich für völlig falsch. Hier kann doch nur entscheidend sein, welche Präferenzen die Leser (= Käufer = Kunden) haben. Wollen die Verlage der Marktmacht Amazon (aber auch KNV, Libri etc.) etwas entgegen setzen, dann müssen die Verlage ihre Kräfte bündeln.
Vielleicht ist es an der Zeit, einen Verein der Verlage zu gründen, um:
1) z.B. mit den mit den Barsortimentern (vergleichbare Logistikperfomance wie Amazon ist bereits vorhanden) einen gemeinsamen, leistungsfähigen Online-Marktplatz zu etablieren.
(klar wären viele Details zu vereinbaren, wie Konditionen u.s.w.)
Die Vielzahl individueller Kleinst-Onlineshop werden nie einen spürbaren Marktanteil erzielen. Bei solch einer Lösung wäre auch kein Shop-in-Shop-Ansatz notwendig. Für den Verlag zählt der Umsatz und nicht, ob 47 verschiedenen Klein-Anbieter (s.h. Amazon) die Bücher ebenfalls auf der Plattform vertreiben.
2) kann die Kräftebündlung der Verlage dazu genutzt werden, zentral die Konditionen z.B. mit Amazon zu verhandeln.
3) Die Bündlung der Verlage (mit Kostenteilung) wäre auch in der Lage entscheid Standards bei EBooks zu setzen und zu entwickeln
4) Kann zentral ein Self-Publisher-Service anbieten etc.
Da wäre noch vieles mehr denkbar.
Die Aufgabe der Verlage kann es aber nicht mehr sein, einseitig und vor allem vorbei am Kaufverhalten unserer Kunden / Leser den lokalen Buchhandel zu (unter-)stützen. Die Grundsympathie wird sicherlich immer bleiben. Aber der lokale Buchhandel muss sich parallel bemühen einen neuen Mehrwert für Kunden zu bieten, lokal zu kaufen.
Werden die Verlage, deren individuelle „Macht / Durchsetzungskraft“ gegenüber den Handel Amazon, Thalia u.s.w. aber auch den Barsortimenter gegen Null tendieren, nicht einen Weg finden sich zu verbünden (ohne dass man mit Wettbewerbsrecht in Konflikt gerät), werden zukünftig die größten (Online-)Händler bestimmend sein. Wer dann nicht mehr bereit ist, zu Dumpinglöhnen Bücher zu verlegen, wird aus dem Markt ausscheiden.
Von daher stimme Herrn Skipis zu, dass z.B. die Verlage Stellung beziehen sollen / müssen. Der Börsenverein wäre ein Plattform diesen Prozess einzuleiten und die Verlage an den Tisch zu bringen. Der lokale Buchhandel wird einen eigenen, separaten Tisch benötigen.
Den Wandel und die Veränderung wird keiner aufhalten, er ist längst geschehen. Sich neu aufstellen ist nun gefragt. Gleichzeitig müssen aber Kräfte, gerade auf Verlagsseite neu gebündelt werden.
Na ja … nur ein paar Gedanken …
@Kleinverleger: Du sprichst mir aus der Seele! Endlich wird die Diskussion, wie Amazon zu begegnen ist, strategisch und konkret.
Amazon tritt global auf. Auf der Gegenseite verschiedene Länder, große und kleine Verlage, Buchhändler und Autoren, buntgemischt. Die Interesse müssen abgesteckt und (mit der Politik) abgestimmt werden, sonst hat Amazon sehr leichtes Spiel.
Amazon will seine Kunden an sich ketten. Warum nicht konsequent ‚weiches‘ DRM einführen, nutzbar auch mit den subventionierten Kindle Geräten? Das wäre ein echter Mehrwert für die Kunden.
De facto ist KDP eine Verschenkplattform. Warum nicht eine übergreifende Selfpublishing Plattform, wo alles komplett gratis ist (statt nur aktionsweise)? Auch ein echter Mehrwert! Einfach einen Schritt weitergehen.
Für arrivierte Autoren dann eine breit aufgestellte Publishingplattform für die Ebooks mit den Konditionen von Amazon. Wenn Amazon den Autoren 70% bietet und die Verlage 5 %, dann ist die Auswanderung gewiss. Hoffen und Bangen ist kein Konzept!
Und endlich mal die Ebooks als Zukunft begreifen – auch vor Ort. Warum werden die Dateien nicht vor Ort runtergeladen? Verkauf ist Verkauf! Gerade ältere Kunden – die Offliner – liessen sich so halten. Das Jein zum Ebook hat wertvolle Zeit gekostet.
Amazon hat Schwachstellen. Da ist manches halbfertig und nicht zu Ende gedacht. Im konkreten Wettbewerb mit Amazon ist noch nichts entschieden.
„Flächendeckend gibt es in Deutschland ein Netz von Buchhandlungen mit Beratung und Komfort.“
Haha.
„Hier ist die deutschsprachige Titelauswahl größer als bei den meisten reinen Online-Anbietern“
Hahaha.
„hier erfährt man, welche Bücher, die nicht auf Bestsellerlisten stehen, besonders lesenswert sind.“
Ahahahahahahahhahahahhahahahahahaha …
(Es gibt sie, diese Buchhandlungen, ja klar, immer noch, aber nur in sehr großen Städten mit einem gebildeten Publikum in nennenswerter Stärke. Ich z. B. wohne in einer Stadt mit mehr als 100.000 Einwohnern, und um so eine schöne Buchhandlung zu besuchen, fahre ich vorher erst einmal eine Weile mit der Bahn.)
Ja, musste ich auch lachen. Zuletzt beraten wurde ich von einem Buchhändler am 23.06.1990 (Datum steht im Buch). Ansonsten sind Buchhändler wie Apotheker, die lesen die Beipackzettel vor und empfehlen dir am Ende doch wieder Aspirin.
Mit den ausführlichen Bewertungen bei Amazon war ich bisher immer gut beraten – besonders bei Buchgeschenken für Themen, für dich ich mich nicht interessieren, Bsp: Historische Romane.
Lach ich mich kaputt! Ausführliche Bewertungen bei amazon bin ich gut beraten! Die einzig echten sind die kurzen, denn wirkliche Leser verbringen keine Zeit damit 100 Zeilen zu schreiben. Und die anderen sind die bestellten, oder die der Top Rezensenten oder amazon Vine Rezensenten. Und wer bezahlt dafür? Die Verlage! Und wer hat die Arbeit- denn eine wirklich fundierte Rezension ist Arbeit- die Leutchen, die sich durch alles durchackern und was davon haben? Huiii, bin ich Top 100 Rezensent! Na toll, Gratulation, Arbeit für Nix. Gewinner ist Amazon. Hut ab, wie sie es immer wieder schaffen, alle zu verarschen und die Verarschten sich auch noch gebauchpinselt fühlen dabei.
Einspruch, was die Amazon-Rezensionen angeht: Es ist keineswegs so, das die „kurzen“ Rezensionen echt sind und alle anderen von Verlagen bezahlt oder vom Autor gekauft sind!! Ich bin selbst intensiver Rezensent bei Amazon und habe noch niemals einen Cent dafür erhalten, von niemandem. Bin – aus reiner Spaß an der Freude – ungefähr „Top 2000-Rezensent“ bei Amazon, weil ich dort alles, was ich lese, auch bespreche. Und das sogar ausführlich. Das mache ich im Vorbeigehen in wenigen Minuten. Umgekehrt profitiere ich als Käufer auch von den Rezensionen anderer und habe aufgrund dessen auch schon öfter ein Kaufvorhaben geändert, wenn die übereinstimmende Meinung mehrerer Rezensenten in eine bestimmte Richtung wies.
Was die Amazon-Vine-Rezensenten angeht, so sind die nicht „gekauft“, denn sie erhalten keine Vorgaben, wie sie zu rezensieren haben. Da kann man von 1 * bis 5 ***** alles vergeben. Und kriegt lediglich das Produkt gratis, sonst nix.