Die Bildungs- und Wissenschaftsschranke kommt, meldet die SPD: Die Koalitionsfraktionen haben sich dech am Dienstag (27.6.) auf eine Reform der urheberrechtlichen Regelungen für Forschung und Lehre verständigt. Mit dem Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz werde Rechtssicherheit für Lehrende, Studierende, Universitäten und Bibliotheken geschaffen, schreiben Johannes Fechner, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, und der zuständige Berichterstatter Christian Flisek. Den von Verlegern geforderten Lizenzvorrang werde es nicht geben. Dozenten müssten künftig nicht mehr aufwändig prüfen, ob es ein „angemessenes Lizenzangebot“ gibt: „Die Schranke hat Vorrang.“
Allerdings wurde auf den letzten Metern eine Rückholoption eingebaut. Auf Druck der CDU/CSU, die nach SPD-Einschätzung „ausschließlich Verlagsinteressen im Blick“ gehabt habe, sind die die zentralen Regelungen für Unterricht und Wissenschaft zunächst bis Ende Februar 2023 befristet. Die Regelungen sollen vier Jahre nach Inkrafttreten der Reform evaluiert werden. Mit diesem Zugeständnis habe die SPD „den von der Union bis zuletzt geforderten Lizenzvorrang“ verhindert.
Brandbrief hat nichts gefruchtet
Börsenvereins-Geschäftsführer Alexander Skipis hatte zuletzt noch einmal in einem Brandbrief vor einer Verabschiebung gewarnt: „Die geplanten Regelungen enteignen die Bildungs- und Wissenschaftsverlage und bedrohen eine lebendige und weltweit vorbildliche Publikationslandschaft. Verlage möchten einen wesentlichen Beitrag für den Wissenschaftsstandort Deutschland leisten. Vielfältige und hochwertige Medienangebote werden aber zurückgehen, wenn die Bundesregierung den Verlagen mit dem geplanten Gesetz die Existenzgrundlage entzieht.“
In der Buchbranche schlägt der Gesetzentwurf seit Monaten hohe Wellen. Zuletzt stellte sich Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) auf den Buchtagen des Börsenvereins in Berlin der Verlagen und musste harsche Kritik am Gesetzentwurf für das neue Wissenschaftsurheberrecht einstecken. Die Hauptkritikpunkte sind der zu 15% freie Basiszugang für wissenschaftliche Publikationen und die geplante pauschale Vergütung statt von Verlagen entwickelte Lizenzmodelle. Die pauschale Vergütung soll über die VG Wort erfolgen. Noch ist allerdings die Wiederbeteiligung der Verlage an der VG Wort-Erlösen noch nicht unter Dach und Fach.
Der Börsenverein hatte als Reaktion auf die von der Politik argumentierte gute Handhabbarkeit im Wissenschaftsbetrieb (die durch individuelle Lizenzen schwerer zu realisieren ist) den Aufbau einer zentralen Online-Lizenzierungsplattform vorgeschlagen, über die Bibliotheken und Bildungseinrichtungen einfach Lehrbücher und andere Lehrmedien der Verlage lizenzieren könnten.
Verkehrte Welt? Die SPD optiert für die Eigentümer (Urheber), die CDU für die Nutzer (Verleger), etwa so als würde die SPD den Hausbesitzerverein, und die CDU/CSU den Mieterverein unterstützen.