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»Deal«-Verhandlungen: Elsevier signalisiert Kompromissbereitschaft

Während Wiley seinen „Deal” mit den deutschen Wissenschaftsorganisationen in der Tasche hat und bei Springer Nature die Zeichen auf Verhandlungsdurchbruch stehen, signalisiert jetzt der dritte Verlag Elsevier Kompromissbereitschaft.

Seit 2016 verhandelt ein Konsortium deutscher Wissenschaftsorganisationen unter der Federführung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) über bundesweite Lizenzverträge für das gesamte elektronische Zeitschriften-Portfolio der drei großen Wissenschaftsverlage. Durch eine integrierte Open-Access-Komponente sollen Forschende zudem die Möglichkeit haben, Artikel bei den Verlagen im Open Access zu veröffentlichen. Anfang 2019 wurde mit Wiley die erste Vereinbarung nach diesem komplexen „Publish and Read“-Modell geschlossen.

 

Forscher haben keinen Zugriff auf das Elsevier-Portal ScienceDirect

Mit dem weltgrößten Wissenschaftsverlag Elsevier verliefen die Verhandlungen bisher wenig rund: In den vergangenen drei Jahren wurden die Gespräche mehrfach unterbrochen, mal scheiterte es am komplexen Modell, mal an den Preisvorstellungen. Vor einem Jahr stellte Elsevier dann die Belieferung vertragloser Bibliotheken und Institutionen ein, die zuvor aus Kulanz noch weiter Zugang zum Elsevier-Portal ScienceDirect (und damit zu den Abonnement-Zeitschriften) hatten. Diese Einrichtungen hatten zuvor ihre Verträge gekündigt – zum Teil in Annahme eines anstehenden „Deals”, zum Teil aber auch, um Elsevier bei den Verhandlungen wirtschaftlich unter Druck zu setzen. Seitdem müssen viele Forschende entweder auf Elsevier-Inhalte verzichten oder sie über Umwege beschaffen.

„Diese Situation ist für keine der beteiligten Parteien zufriedenstellend – nicht für Projekt Deal, nicht für Elsevier und vor allem nicht für die Forschenden in Deutschland”, heißt es dazu in einer aktuellen Mitteilung von Elsevier. Der Wissenschaftsriese verweist dabei auch auf eine von ihm beim Marktforschungsinstitut ConfirmIT in Auftrag gegebene Befragung unter  deutschen Forschern. Demnach schätzt die Mehrheit der 363 Befragten ihre Arbeit infolge des gekappten ScienceDirect-Zugangs als weniger effizient ein, u.a. weil die Recherche nach Fachliteratur länger dauert. Die meisten versuchen alternativ über das Forschernetzwerk ResearchGate oder den direkten Kontakt zu Autoren/Kollegen an die Artikel zu kommen.

Die Befragten sprechen sich zudem mehrheitlich für einen wiederhergestellten Zugang zu ScienceDirect aus, fordern von Elsevier aber auch einen fairen „Deal” in puncto Kosten und Open Access. Die Studienergebnisse sind hier in einer Zusammenfassung einsehbar.

 

Elsevier hat in anderen Ländern Konsortialverträge geschlossen

Elsevier bezeichnet sich selbst als „führender Open-Access-Publisher”, der Open Access bei fast all seinen Zeitschriften anbiete. Demnach wurden 2018 rund 34.000 Beiträge im Gold Open Access veröffentlicht (+26%), in anderen Ländern (Ungarn, Polen, Norwegen) wurden bereits Konsortialverträge mit Open-Access-Komponente geschlossen.

Und die Perspektiven für Deutschland, wo Elsevier in der (Forscher-)Öffentlichkeit bisher die Rolle des Buhmanns zuteil war? „Wir bleiben offen für Diskussionen und bekennen uns zu einem Kompromiss, der sich auf das Wohlergehen der Forscher in Deutschland konzentriert.”

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