Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ zieht eine erste positive Zwischenbilanz ihrer „Reading Room“-Aktivitäten im Internet und entwickelt das an aktuellen Büchern festgemachte Debattenkonzept weiter, das offenbar mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht als Buch- und Autorenseiten von Verlagen.
Im Februar hatte die Zeitung begonnen, zu den in ihrem Feuilleton vorabgedruckten Romanen „Die Wohlgesinnten“ von Jonathan Littell und Martin Walsers „Ein liebender Mann“ eine multimediale Online-Plattform einzurichten. Dazu gehören Textauszüge (auch als Audiodatei), Hintergrundinformationen zu Buch und Autor sowie Diskussionsforen mit Frageimpulsen der Redaktion (buchreport berichtete).
Der Reading Room zu Littell hat in vier Wochen über 1 Mio Seitenabrufe generiert; auch die weit weniger kontroverse, in dieser Woche beendete Diskussion des Walser-Romans ist nach Angaben der verantwortlichen Redakteurin Felicitas von Lovenberg gut angenommen worden (Zahlen liegen noch nicht vor), wenn sich auch weniger Leser aktiv an der eigentlichen Debatte beteiligt haben.
Experten machen bereitwillig mit
So soll es im literarischen Internetsalon weitergehen:
- Heute öffnet der nächste „Reading Room“, erstmals nicht zu einem Vorabdruck und auch nicht zu einem Roman: Die „FAZ“ stellt die Thesen von Jutta Limbach in „Hat Deutsch eine Zukunft?“ (C.H. Beck) zur Diskussion.
- Die Loslösung von dem Vorabdruck in der Printausgabe soll mittelfristig auch ermöglichen, mehrere „Reading Rooms“ parallel zu betreiben.
- Das bei Walser versuchsweise zusammengeführte Forum von Experten und Lesern wird wieder getrennt, weil die Redaktion vermutet, dass die Expertendiskussion eine Hemmschwelle für den Normalnutzer aufbaut.
Zu den ermutigenden Erfahrungen gehört Lovenberg zufolge auch, dass es recht leicht sei, Experten für die Buchdiskussion zu gewinnen, obwohl das auch eine Menge Arbeit bedeute, weil sich die Beteiligten laufend mit neuen Fragestellungen der Redaktion und auch von Lesern auseinandersetzen müssen. Im Ergebnis lasse das Niveau der Diskussion sogar eine neue Form von Sekundärliteratur für Schüler und Studenten entstehen.
Interviews mit Jutta Limbach zum Thema „Hat Deutsch eine Zukunft?“ und mit „FAZ“-Redakteurin Felicitas von Lovenberg zum Reading-Room-Konzept bringt die Ende dieser Woche erscheinende Mai-Ausgabe des buchreport.magazin.
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