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Defilee der Favoriten

Die Frage nach dem neuen Literaturnobelpreisträger gehört jedes Jahr zu den wichtigsten Ritualen rund um die Frankfurter Buchmesse. Bei allen Unwägbarkeiten – noch nicht einmal der Termin der Bekanntgabe steht fest – zeichnen sich bei den Buchmachern erste Favoriten ab. Der Autor ganz oben auf der Liste wäre, käme er zum Zuge, eine (kleine) Überraschung.

Am Montag startet die Bekanntgabe der Nobelpreise mit der Kategorie Medizin, im Tages-Takt gefolgt von Physik, Chemie, Frieden und Wirtschaftswissenschaften – wann die Literatur an der Reihe ist, daraus macht die schwedische Akademie wie immer ein Geheimnis. Normalerweise wird der Sieger donnerstags bekanntgegeben, was auf der Buchmesse regelmäßig für kleine Tumulte sorgt.
Die Buchmacher von Ladbrokes haben längst ihre Favoriten ausgemacht. Überraschenderweise liegen nicht die Favoriten der Vorjahre, Haruki Murakami (aktuell 5 zu 1, heißt: 5 Euro Auszahlung bei 1 Euro Wetteinsatz) und Joyce Carol Oates (12/1) an der Spitze. Stattdessen führt der kenianische Dichter Ngugi Wa Thiong’o (4/1), vor Murakami, der algerischen Autorin Assia Djebar und – tatsächlich eine Überraschung – der weißrussischen Schriftstellerin Swetlana Alexandrowna Alexijewitsch.
Ganz überraschend steht der Kenianer Ngugi Wa Thiong’o allerdings nicht ganz oben, er gehörte in den vergangenen Jahren immer mal wieder zum Favoritenkreis der Buchmacher. Der 76-Jährige gilt als einziger schwarzafrikanischer Schriftsteller, der es zu Weltruhm gebracht hat, obwohl er seine Bücher in seiner Muttersprache schreibt. Im Vergleich zu ihm schreibt der Nigerianer Wole Soyinka, 1986 erster schwarzafrikanischer Nobelpreisträger, auf Englisch, ebenso wie Chinua Achebe, ebenfalls aus Nigeria.

In der Woche vor Bekanntgabe des Literaturnobelpreisträgers 2014 ist der kenianische Dichter Ngugi Wa Thiong’o der Favorit der Buchmacher.

Übrigens steht auch wieder ein deutschsprachiger Autor auf de Favoritenliste von Ladbrokes: Peter Handke. Der österreichische Schriftsteller sorgte vor wenigen Tagen für Schlagzeilen, als er in Oslo, wo er den mit umgerechnet rund 300.000 Euro dotierten Ibsen-Preis erhalten sollte, von Demonstranten mit Buhrufen begrüßt und – ob seiner pro-serbischen Haltung – als Faschist beschimpft wurde.
In den vergangenen Jahren lagen die Prognosen der Buchmacher oft nahe am tatsächlichen Ergebnis: 2012 lag der Gewinner Mo Yan weit vorne, und auch der Literaturpreisträger von 2011, Tomas Tranströmer, war ein Favorit der Buchmacher. Im vergangenen Jahr lag die Siegerin Alice Munro wenige Wochen vor der Bekanntgabe der Siegerin auf Platz 5 von Ladbrokes. Unter dem Strich sagte Ladbrokes vier Sieger in den vergangenen neun Jahren voraus.
Hier die aktuelle Favoriten-Liste von Ladbrokes, die hier aktualisiert wird:
  • Ngugi Wa Thiog’o: 4/1
  • Haruki Murakami: 5/1
  • Assia Djebar: 10/1
  • Svetlana Aleksijevitj: 10/1
  • Joyce Carol Oates: 12/1
  • Jon Fosse: 12/1
  • Adonis: 16/1
  • Milan Kundera: 16/1
  • Philip Roth: 16/1
  • Peter Nadas: 20/1
  • Bei Dao: 20/1
  • Mircea Cartarescu: 25/1
  • Ko Un: 25/1
  • Thomas Pynchon: 25/1
  • Cees Nooteboom: 25/1
  • Umberto Eco: 33/1
  • Nuruddin Farah: 33/1
  • Darcia Maraini: 33/1
  • Margaret Atwood: 33/1
  • Don DeLillo: 33/1
  • Amos Oz: 33/1
  • Antonio Lobo Antunes: 33/1
  • Richard Ford: 33/1
  • Salman Rushdie: 50/1
  • Javier Marias: 50/1
  • Cormac McCarthy: 50/1
  • Bob Dylan: 50/1
  • Peter Handke: 50/1
  • William Trevor: 50/1
  • Les Murray: 50/1

Kommentare

1 Kommentar zu "Defilee der Favoriten"

  1. Kleine Anmerkung zu Ngugi: Tatsächlich schreibt er seit den 1970er Jahren seine Texte auf Kikuyu, er übersetzt sie dann aber zumeist selbst ins Englische. I.d.R. wird eine Alibiauflage der Kiikuyu-Version gedruckt, die dann die englische Ausgabe begleitet.
    Seit den 1970ern sind seine Romane zwar umfangreicher geworden, inhaltlich und stilistisch ist aber eher Diätprogramm angesagt. Wenn es bei dem Nobelpreis tatsächlich um künstlerische Fertigkeiten und Wagemut geht, dann wäre, so denn ein Afrikaner bedacht werden soll, Nuruddin Farah eine treffliche Wahl.

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