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Den Vorstand vor sich her treiben

Am Donnerstag, 8. November, trat das Branchenparlament zusammen (hier die Tagesordnung), das zuletzt Ermüdungserscheinungen zeigte. Dem Gremium sitzt jetzt Verleger Matthias Ulmer vor, der das Potenzial des Parlaments neu wecken will.
Stimmt das Konzept noch? 
Wir brauchen das Branchenparlament, denn es gibt kein anderes Forum, in dem spartenübergreifend diskutiert werden kann. Es muss dann aber auch für diese Funktion genutzt werden. Es ist nicht der Ort für Berichte, sondern es müssen Entscheidungen getroffen werden über die Dinge, die der Vorstand bearbeiten soll. Es müssen Themen auf der Agenda stehen, bei denen es darum geht, Vorgaben zu machen oder einen Weg zu bekräftigen. Nur dann macht eine Teilnahme für Händler und Verleger Sinn. Das war in der Vergangenheit nicht immer gegeben.
Wird die Sinnfrage auch gestellt, weil das Parlament nicht wirklich entscheidet, sondern nur eine „Frankfurter Erklärung“ abgibt?
Dieses Mittel wurde bisher nicht ausreichend genutzt, dabei kann es ein sehr starkes Me­dium sein. Die Fachausschüsse müssen den Vorstand ein Stück weit vor sich her treiben. Eine solche Erklärung kann mich zum Beispiel als Verlegervertreter auch bei der Durchsetzung im Vorstand stärken. Ein Vorstand kann ein solches Votum kaum ignorieren, sonst wird er bei der nächsten Sitzung eine Diskussion auslösen. Der Vorstand ist auch Mittler zu den Wirtschaftsbetrieben, deren Aktivitäten ja zum Teil kritisch diskutiert werden. Aktuell geht es beispielsweise um die VlB-Nutzung durch den Buchhandel.
Kommt das Branchenparlament womöglich auch an Grenzen, weil die Branche derzeit sehr stark von den großen Playern umgestaltet wird, die gar nicht mit am Tisch sitzen und zum Börsenverein gehören? 
Dadurch, dass wir turbulentere Zeiten erleben, ist diese Kommunikation vielleicht sogar notwendiger denn je. Es muss nur ehrlich und ohne Illusionen diskutiert werden, etwa bei der Frage, ob der Buchhandel eine Rolle in der E-Book-Wertschöpfung spielen kann.
Zur Frage, wer mit am Tisch sitzt, gehört, dass wir schauen müssen, ob die traditionellen Sparten jeweils für sich in dieser Form Bestand haben werden. Ist der Sortimenter-Ausschuss Sprachrohr des unabhängigen stationären Handels oder auch des Versandhandels? Und in einer Zeit, in der viele klassische Verlagsabteilungen ausgelagert werden, stellt sich die Frage, welches Modul des Geschäfts steht heute für einen Verlag.

Muss sich der Börsenverein neu definieren?
Ja, um die Vielfalt der Betriebe und Leistungen besser darstellen zu können, müssen wir großzügiger denken, etwa auch selbstverlegende Autoren als Verlag begreifen und die Vielzahl der Händler im Digitalbereich begrüßen. Zur Öffnung gehört, dass wir das „Prinzip Buch“ mit Leben füllen und für unseren Verband ein modernes Leitbild formu­lieren.                   

Die Fragen stellte Thomas Wilking 
Zur Person: Matthias Ulmer
1964 geboren, ist seit 1997 geschäftsführender Gesellschafter des Verlags Eugen Ulmer. Im Börsenverein ist er seit Jahren im Verleger-Ausschuss aktiv und seit Kurzem dessen Vorsitzender. Ulmer zählt zu den Verbandsreformern, die u.a. das Branchenparlament installiert haben.

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