Sie prophezeihen das Ende der Buchkultur, das Sterben der Buchhandlungen und Logistikdienstleister und suchen Strategien, um die Branche für eine ungewisse Zukunft zu rüsten. Auch in diesem Jahr hat buchreport.de viele Branchenexperten zu Situation und Zukunft des Buchmarktes befragt. Hier die meistgeklickten Interviews und Statements des Jahres in der Übersicht:
1. Ranga Yogeshwar über die Herausforderungen der Digitalisierung
Wenn wir nichts verändern, werden wir in sieben Jahren nur wenige große, fast monopolistische Strukturen im Buchmarkt haben. Amazon, Apple und Google werden einen Großteil der Bücher verteilen und sogar verlegen, die Zahl der Buchhandlungen und Verlage wird dramatisch einbrechen. Wir haben in Deutschland viele kluge Regeln, die die Vielfalt der Kleinen schützen, z.B. die Buchpreisbindung. Diese Vielfalt droht mit der Digitalisierung über Nacht zu verschwinden.
2. KNV-Chef Oliver Voerster über Perspektiven des Zwischenbuchhandel
Eine Verlagsauslieferung ist auf die Dauer nicht überlebensfähig, wenn sie nicht mindestens 200 bis eher 300 Mio Euro fakturierten Umsatz ausliefert. Der Wettbewerb hat sich in den letzten Jahren extrem verschärft. Viele gehen davon aus, dass eine deutliche Marktbereinigung stattfinden wird und am Ende nur noch vier große Auslieferungen übrig bleiben werden. Wir wollen und werden dazugehören.
3. Ehrhardt F. Heinold und Weitere zu Amazons Kindle-Offensive
Eines steht fest: Das weltweit erfolgreichste E-Book-Vermarktungskonzept ist jetzt auch in Deutschland verfügbar. Sicher, im Unterschied zu den USA haben wir ein dichtes Buchhandelsnetz, es gibt die Preisbindung und die E-Reader sind nicht verbreitet. Aber zumindest die ersten beiden Argumente gelten auch für den Internetbuchhandel, der sich trotzdem in Deutschland mehr und mehr durchsetzt. Und am dritten Unterschied wird Amazon massiv arbeiten.
4. Volker Oppmann über Thalias E-Book-Strategie
Wenn wir den Kaufprozess (mit einem Klick) und das Service-Angebot rund um die Inhalte (Beispiel: Synchronisation über mehrere Endgeräte hinweg) nicht annähernd so attraktiv gestalten können wie Apple und Amazon, haben wir nicht den Hauch einer Chance, da der Kunde stets dort kauft, wo es am bequemsten für ihn ist. Die Zukunft des deutschen E-Book-Handels steht und fällt mit der Cloud.
5. Interview mit Eichborn-Betriebsratschef Claus Mirlach
Zum Image von Eichborn gehört auch seine Verwurzelung im Frankfurter Bahnhofsviertel. Den Verlag als „Marke“ mal eben nach Berlin zu verpflanzen ohne die Rahmenbedingungen zu nennen und Perspektiven zu entwickeln, wäre verantwortungslos. Ein Unternehmen lebt durch seine Autoren, seine Mitarbeiter und seinem Umfeld.Der Verlag hat Probleme, nicht umsonst haben wir in der Vergangenheit Verluste gemacht. Dies lässt sich nicht allein durch synergetische Kostenreduktion bewältigen.
6. Hans-Joachim (Oldenbourg Industrieverlag) über Selfpublishing
Der Gatekeeper ist tot. Es gibt leider immer noch einige in der Branche, die dies nicht wahrhaben wollen. Die Flut-Tore sind offen, jeder kann publizieren, mit uns oder ohne uns – die Frage ist: Was müssen wir Verlage tun, um dabeizubleiben? (…) Der stationäre Buchhandel wird wahrscheinlich zum Showroom für E-Books, die in gedruckter und digitaler Form ausliegen.Ich gehe davon aus, dass die Verlage bald Listungsgebühren zahlen müssen, um ihre Exponate an solch schönen Orten ausstellen zu können.
7. Wissenmedia-Geschäftsführer Christoph Hünermann zum Brockhaus
Verwässern kann man nur eine Marke, die ganz klar positioniert ist. Das ist aber offenbar nicht mehr der Fall – im Zuge des Wikipedia-Jubiläums war als Subtext vieler Artikel zu lesen, dass Brockhaus als Nachschlagewerk eigentlich keine Existenzberechtigung mehr hat. Wir zweifeln nicht an der Zukunft von Brockhaus, sind aber überzeugt davon, dass wir der Marke neues Leben einhauchen und sie modernisieren können.
8. Leander Wattig und Weitere zum Potential von Google+
Google wird seine Services schrittweise mit einer „Social“-Schicht überziehen. Zudem wird sich Google+ beispielsweise über den „+1“-Button überall im Internet ausbreiten, so wie es Facebook mit seinen Social Plugins ebenfalls tut. Wir reden daher nicht mehr über klassische Social Networks, sondern über Infrastrukturanbieter im Social Web, die Mehrwertdienste rund um das Kontaktnetzwerk des Nutzers entwickeln.
9. Olaf Schreiber über die Herausforderungen im Nonbook-Segment
Natürlich ist es schade, wenn das Buch an Bedeutung verliert, aber ich bin Betriebswirt und verantwortlich, dass wir als Unternehmen Erfolg haben. Und wenn der Kunde keine Straßenkarte, sondern einen Rucksack kaufen will, dann ist es unsere Aufgabe, dass er den bei uns auch bekommt. Betriebswirtschaftlich macht der Nicht-Buch-Anteil in zweifacher Hinsicht Spaß: Man kann damit mehr verdienen und es ist einfacher, schlecht laufende Sortimente zu ersetzen und neue Dinge auszuprobieren.
10. Douglas-Chef Kreke über die Neuausrichtung bei Thalia
Die Flächenproduktivität stimmt nicht mehr. Wir haben den Anspruch, mehr Service als andere zu bieten. Und um dies gewährleisten zu können, muss die Flächenproduktivität stimmen – auch um die Miete zu erwirtschaften. Das lässt sich auf überdimensionierten Flächen aber nicht mehr so leicht gewährleisten. Auf den bestehenden Großflächen müssen wir jetzt die passenden Zusatzsortimente finden, um die Flächenproduktivität zu verbessern – dazu müssen wir experimentieren.
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