Der Münchner Prestel Verlag ist spezialisiert auf in Deutsch und Englisch erscheinende Bücher zu Kunst, Architektur und Fotografie, zu Design und Kunsthandwerk, zu Kulturgeschichte und Völkerkunde. Wegen einer ungesunden Kostenstruktur sowie Problemen mit den hausinternen Prozessen, aus denen sich Fehler ergaben, hat sich das Unternehmen im vergangenen Jahr einen externen Berater ins Haus geholt.
Markus Wilhelm, der im Rahmen des auf die Beratung folgenden Restrukturierungsprozesses im Juli 2006 als neuer Herstellungsleiter zu Prestel gekommen ist, zum Ablauf und Ergebnis der Beratung:
Wie ist der externe Berater bei Ihnen in Erscheinung getreten?
Ein Klopotek-Fachmann hat hier im Haus Anfang 2006 alle Mitarbeiter interviewt, hat mit den Druck-Dienstleistern gesprochen und unsere Zahlen analysiert. Wir haben bestimmte Themen definiert, die uns wichtig waren, wie Bündelung von Lieferanten, Kalkulationstools und Standardisierung. Wobei klar war, dass Standardisierung im Kunstbuchbereich nicht bedeutet, dass plötzlich alle Bücher gleich aussehen. Aber wir haben uns auf weniger Grundformate mit definierter Ausstattung geeinigt, um die Prozesse und auch die Qualität zu optimieren.
Welche grundsätzlichen Ergebnisse hat die Studie gebracht?
Die Analyse-Phase hat sechs Wochen gedauert. Dabei wurde deutlich, dass Aufgabenbereiche klarer definiert werden müssen und dass unser Kalkulationstool nur dann gut funktioniert, wenn es immer als Entscheidungsgrundlage herangezogen wird. Außerdem zeigte sich, dass wir mit zu vielen Dienstleistern aus den Bereichen Druck und Grafikgestaltung zusammenarbeiteten.
Gab es konkrete Handlungsempfehlungen?
Ja, die Handlungsempfehlungen waren: die Standardisierung von Formaten und Papieren, die Konzentration auf wenige Hauptdienstleister, das Erstellen einer Bilddatenbank. Und als Perspektive nicht ganz unwichtig: die Einsparung von 10% der Herstellungskosten bis Ende 2008.
Wie hat sich durch die Restrukturierung die Aufgabenverteilung zwischen internen und externen Kräften geändert?
Die Anforderungen einer modernen Herstellungsabteilung im digitalen Zeitalter an den einzelnen Hersteller haben sich grundlegend geändert und sind sehr komplex geworden. Das heißt konkret: Der Hersteller ist mittlerweile mehr ein Prozess-Manager, der die Fertigungskosten und Termine im Auge behält. Repro, die grafische Gestaltung, das Layout, den Satzumbruch und den Druck übernehmen mittlerweile externe Dienstleister.
Inwieweit spart das Outsourcing Geld?
Wir brauchen weniger eigene Soft- und Hardware sowie weniger Schulungen dafür. Es ist durchaus preiswerter, so etwas bei Vollprofis im In- und Ausland einzukaufen. Das Thema Outsourcing ist ja nicht neu, das machen uns die Auto- und die Computerbranche schon lange vor.
Wie viel Prozent der gesamten Restrukturierung haben Sie jetzt hinter sich?
Wir haben 80 bis 90% des Gesamtprozesses hinter uns, die großen Schritte sind gemacht. Wir haben vor allem in der Herstellung selbst die Organisation geändert. Jedem unserer Programmbereiche, nach denen unser Lektorat aufgeteilt ist, haben wir einen Hersteller zugeordnet. Der ist termin- und kostenmäßig verantwortlich für alle Titel, die über diesen Programmbereich laufen. Die Hersteller werden unterstützt von den beiden zentral mit einer Person besetzten Funktionen Grafik und Gestaltung sowie Einkauf Papier, Druck und Weiterverarbeitung. Über die läuft der gesamte Einkauf gebündelt, denn da wollen wir ja Einsparungen erzielen. Gleichwohl haben wir noch große Projekte vor uns.
Wo liegen noch Reserven?
Wir arbeiten am Aufbau einer Bilddatenbank mit der Vision eines Media-Asset-Management-Systems, um die Bildbeschaffung zu vereinfachen. Außerdem sind dann Angaben zu Farbtreue, Metadaten, Rechtefragen etc. immer sofort abrufbar. Ferner bereiten wir Rahmenabkommen mit Dienstleistern vor. So können wir am Anfang eines Jahres komplette Reihen verhandeln. Auch eine zentrale Gesamtsteuerung über Eddy ist geplant. Wir kaufen die Herstell- und Terminmodule, damit wir künftig über dieses EDV-System alle relevanten Prozesse steuern können.
Beitrag erstmals erschienen in: buchreport.spezial Herstellung & Management 2007, S. 14-15
Kommentar hinterlassen zu "Der Herstellungsleiter ist ein Prozessmanager geworden"