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Der Konsens ist kaputt

Die deutsche Buchpreisbindung wurde bislang zwar oft durch die Verstöße der Branchenunternehmen belastet, der Branchenkonsens, dass an der Buchpreisbindung nicht aktiv gerüttelt werden soll, schien aber fest. Jetzt zerbricht dieser Konsens jedoch durch die stärker in den Mittelpunkt rückende elektronische Verwertungskette. Weil E-Books für das breite Publikum durch neue Lesegeräte ein wichtiges Thema werden, will der Börsenverein die Buchpreisbindung auch für diese Buchgattung durchsetzen und Verstöße gerichtlich verfolgen. Damit geht er auf Konfrontationskurs mit Fachverlagen, die längst E-Produkte ohne feste Preise vertreiben; es droht überdies ein offener Grundsatzkonflikt zwischen Publikums- und Fachverlagen.

Springer SBM auf Konfrontationskurs

Weil elektronische Substanzverwertung zuerst nur ein Thema von Fach- und Wissenschaftsverlagen war und der Börsenverein die Preisbindung dieser Produkte sogar zunächst aktiv verneint hatte, werden längst Geschäftsmodelle jenseits verbindlicher Preisstellung gepflegt. „Eine alle E-Books umfassende Preisbindung ist für Fachverlage sehr problematisch“, bekräftigt Thieme-Verleger Albrecht Hauff. Insbesondere in der Zusammenarbeit mit institutionellen Kunden hätten sich Geschäftsmodelle herausgebildet, die digitale Inhalte umfassten, aber über ein klassisches E-Book hinausgingen.

Explizit auf Konfrontationskurs geht Springer Science + Business Media, mit mehr als 600 Mio Euro Umsatz mit Abstand die Nr. 1 im buchreport-Ranking der größten deutschen Verlage. Verlagssprecher Eric Merkel-Sobotta charakterisiert die Preisbindung für E-Books als „besonders altmodisch und unpassend“. Man berät deshalb in Berlin mit Verlagsjuristen die weitere Vorgehensweise und lotet dabei u.a. für deutsche Kunden Vertriebswege über das Ausland als Umweg aus. „Der Börsenverein wird wahrscheinlich ein Musterverfahren gegen uns anstrengen. Das ist zwar nicht, was wir anstreben, aber wenn uns Steine in den Weg gelegt werden…“, bewegt sich der Marktführer nicht auf Schmusekurs.

Auch Andreas Auth, Leiter der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft (WBG), ist skeptisch mit Blick auf eine Preisbindung: „Bei E-Books, die wie bei PDFs in Gestaltung und Inhalt herkömmlichen Büchern ähneln, sollte unstrittig sein, dass diese preisgebunden sind. Differenzierter ist die Lage, wenn das E-Book an einem anderen Gerät gelesen wird, wie Mobiltelefon oder E-Book-Reader: Welche Zugriffsrechte bestehen und lassen sich entsprechend differenzierte gebundene Preise noch transparent vermitteln? Online-Inhalte, ob Bücher oder Datenbanken, lassen sich aus meiner Sicht nicht preisbinden.“

Der komplette Artikel ist im buchreport.express 47/2008 nachzulesen.

Kommentare

3 Kommentare zu "Der Konsens ist kaputt"

  1. Das lässt Ihren Puls höher schlagen?

    Ich bemesse bei einem Investitionsprojekt den Erfolg an der Frage, ob die gesteckten Ziele erreicht werden. Und da empfiehlt sich ein Blick in das Konzept, wie es vom Börsenverein verabschiedet wurde. Nach aktuellem Stand ist die Zahl der Verlage um ein Vielfaches höher als in der Soll-Planung. Die Zahl der Titel liegt ebenfalls erheblich über den Planzahlen. Im Zeitplan hatten wir den Start der vierten Stufe E-Commerce für 2008 geplant. Das wird jetzt Anfang 2009 werden.

    Wenn auch das umgesetzt ist, dann wird das Projekt langfristig finanziell tragfähig sein, ja. Was zum Erfolg noch fehlt? Eigentlich nichts. Einfach weitermachen und den Plan umsetzen. Ist gar nicht so kompliziert.

    Sie können sich das gerne auf Wiedervorlage legen und mir damit vor der Nase rumwedeln, wenn Libreka abgeschaltet und gescheitert sein sollte. Bis dahin wünsche ich mir von Ihnen (und anderen wie etwa der Buchreport Redaktion natürlich auch), dass ein unternehmerisches Projekt, das noch dazu ungewöhnlich ist, komplex und eine gesellschaftliche Komponente enthält, dass man ein solches mit Interesse und Fairness begleitet und nicht geifernd in der Ecke sitzt und murmelt: hoffentlich geht das schief, das geht doch bestimmt schief, oh wenn das doch schief gehen würde, das muss doch schief gehen, Mensch, das geht doch bestimmt schief usw. usw.

  2. Lieber Herr Schindler, daran kann man erkennen, dass Sie die Buchbranche noch nicht arg lange begleiten. Das Ende der Preisbindung, das Ende des halben MwSt-Satzes, die Auflösung der Börsenvereins, die Abspaltung der Wissenschaftsverlage, all das wird seit Gründung des Buchreports vor 39 Jahren jährlich mindestens vor der Buchmesse und vor den Buchhändlertagen angekündigt. Man muss fast Angst haben, was aus dem Buchreport wird, sollten seine Prophezeiungen tatsächlich mal wahr werden. Ebenso mache ich mir Sorgen, was Sie aufrecht halten wird, wenn Sie irgendwann realisieren, dass Libreka tatsächlich da ist…

  3. Ist das jetzt eigentlich das 1362. oder das 1363. Mal, dass Buchreport das Ende des Branchenkonsenses meldet?

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