James Daunt ist nicht zu beneiden. Seit wenig mehr als zwei Monaten ist er Geschäftsführer von Waterstone’s und seither sitzt er im Glashaus. Jeder seiner Schritte wird mit Argusaugen verfolgt. Gemessen an den überwiegend positiven Kommentaren in Online-Foren hat der ehemalige Banker und erfolgreiche (Indie-)Buchhändler bis jetzt nichts falsch gemacht, egal, ob die Rückkehr zum Zentraleinkauf oder das vor wenigen Tagen angekündigte Aus für überbordende Preis-Promotions.
Die Entscheidung, die „3 for 2“-Kampagnen in den knapp 300 Waterstone’s-Filialen aufzugeben, ist ebenso mutig wie richtig. Sie signalisiert die Rückkehr zu wirtschaftlicher Vernunft, auch wenn Kritiker argumentieren, dass Daunt damit den Supermärkten in die Hände spielt.
Dass Waterstone’s im preisbindungsfreien Großbritannien nicht ohne Preiskampagnen auskommt, weiß natürlich auch Daunt und deshalb wird es beim Branchenprimus weiterhin billige Bücher geben, nur eben nicht mehr in unüberschaubarer Menge, sondern sorgfältig(er) ausgewählt und entsprechend beworben. Ob die Entscheidung richtig war, wird sich schon bald zeigen: Das Weihnachtsgeschäft steht vor der Tür und der Kunde stimmt mit den Füßen ab.
Man kann James Daunt nur die Daumen drücken, dass sein Gesamtkonzept aufgeht, an dessen Einzelheiten er noch feilt. Der Einsatz ist hoch und aus deutscher Sicht kaum vorstellbar: Der Neue auf dem Chefsessel ist nicht nur die letzte Chance für Waterstone’s. Wenn Daunt scheitert, verliert Großbritannien, wo der inhabergeführte Buchhandel längst nicht die Bedeutung hat wie in Deutschland, auch seinen letzten ernsthaften Buchhandels-Mohikaner auf der High Street. Nicht auszudenken.
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