Beim Thema E-Book gibt es weiterhin mehr Frage- als Ausrufezeichen. Allein die technische Weiterentwicklung der Geräte mit den Alternativen Tablet oder E-Reader, aber auch die Bewegung bei den Preisen sind so wichtige Einflussfaktoren für das Kundenverhalten, dass Szenarien und Marktprognosen noch eine ziemliche Streubreite aufweisen. Aber das entscheidende Ausrufezeichen steht: Der populäre E-Book-Markt ist jetzt da, wächst und wird die Buchhandelswelt verändern!
Wie schnell und mit welcher Wucht wird sich zeigen. Markus Dohle, CEO der weltgrößten Publikumsverlagsgruppe Random House, peilt – befeuert durch die hohe Dynamik in den USA – einen E-Marktanteil von 25% plus in fünf Jahren an. Der deutsche Buchhandels-Marktführer Thalia kalkuliert immerhin mit 10 bis 15% E-Geschäft. Aber selbst, wenn sich der E-Book-Markt erst einmal nur in der Größenordnung des Hörbuchs bewegen würde, also irgendwo bei 3 bis 5% Marktanteil, hinterließe dies tiefe Spuren im Gefüge eines insgesamt stagnierend-rückläufigen Marktes.
Unkomplizierter Bezug von Inhalten
Deshalb lautet die Botschaft: Der Zeitpunkt ist jetzt. Das Thema verlässt wegen der Titelvielfalt, sinkender Gerätepreise und dem vereinfachten E-Book-Einkauf durch WLAN- und UMTS-Schnittstellen die Nische der Technikfreaks. Deshalb gibt es für den stationären Buchhandel derzeit auch kaum Optionen: In diesem Herbst muss das „E“ groß ins Fenster, wenn die Chance gewahrt bleiben soll, dass zumindest ein Teil dieser Art von Inhaltehandel im Buchhandel verbleibt.
Das von Amazon und Apple vorexerzierte Geschäftsmodell, den Geräteverkauf mit unkompliziertem Folgebezug von Inhalten über den eigenen Shop zu verbinden, machen sich ab diesem Monat nicht nur die Buchketten, sondern auch Standortbuchhändler zu eigen.
Einen alten Fehler ausbügeln
Denn trotz aller Unwägbarkeiten bei einem technikgetriebenen Thema mit globaler Vernetzung hat der stationäre Buchhandel Chancen auf ein gutes Stück vom Kuchen:
- Der E-Book-Markt ist hierzulande noch so jung, dass es noch keine Trampelpfade gibt.
- Anders als in den USA hat sich Amazon bei diesem Thema in Deutschland noch keinen Vorsprung erarbeitet.
- Es besteht Beratungsbedarf, weshalb nach bisherigen Erfahrungen der Geräteverkauf in der Buchhandlung stationär erfolgreicher ist als im Online-Shop.
- Der Wettbewerb schwächelt: Der auf den ersten Blick naheliegende Reader-Verkauf über Unterhaltungselektronik-Läden war bisher ein Flop.
- Wenn die These stimmt, dass durch E-Books der Gesamtmarkt wächst, erreicht der Buchhandel über den Geräteverkauf sogar neue Zielgruppen.
Nicht zu unterschätzen ist letztlich, dass mit dem auch plakativen Thema E-Book der Fehler vieler Buchhandlungen ausgebügelt werden kann, in der Vergangenheit den eigenen Online-Shop nicht beworben zu haben, wodurch Kunden bei ihren Internetbestellungen abwanderten.
In diesem Herbst wird also die entscheidende Frage noch einmal neu gestellt: Wer hat die Antworten darauf, dass der Kunde in jeder Lebenssituation auf Bücher aller Formate zugreifen kann? Das darf man durchaus als Chance begreifen, ein eigenes Ausrufezeichen zu setzen.
Thomas Wilking
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