Übernehmen Heuschrecken die Macht beim größten US-Filialisten? Bringt das US-Justizministerium mit dem Agency-Modell gleich auch einen großen Amazon-Rivalen zur Strecke? Nach einem turbulenten Frühjahr hat der Vorstand von Barnes & Noble den Aktionären mit der Bekanntgabe der Allianz mit Microsoft ein kräftiges Aufputschmittel verabreicht – die Aktie kletterte in wenigen Stunden von rund 13 auf 25 Dollar. Doch es gibt gute Gründe, frühzeitig auf die Euphoriebremse zu treten.
Auf den ersten Blick hat B&N alles richtig gemacht: Im Kampf gegen E-Book-Rivalen wie Amazon, Apple und Google, die über große Kapitalreserven für Investitionen verfügen, verschafft sich der Filialist mit dem Software-Partner frisches Geld für die Kriegskasse und den Zugang zu Smartphone- und Tablet-Betriebssystemen von Microsoft. Der Großbuchhändler könnte also den „Nook“-Kundenkreis nach der Einführung des neuen Betriebssystems Windows 8 (das sich auch für Tablets eignen soll) schlagartig erweitern.
Doch „könnte“ ist Theorie. In der Praxis dominieren Apple (iOS) und
Google (Android) bei den mobilen Geräten – unwahrscheinlich, dass Microsoft nennenswerte Marktanteile gewinnen wird. Unklar ist auch, ob Microsoft auch nach einem möglicherweise eher bescheidenen Start des Joint Ventures an Bord bleibt – es gab in den vergangenen Jahren zahlreiche E-Book-Aktivitäten des Software-Unternehmens (u.a. eigene Reader-Software, Bücher-Digitalisierung in Bibliotheken), die im Orkus endeten. Die größte Gefahr für den Filialisten besteht allerdings darin, dass das stationäre Buchhandelsgeschäft – ohne die autonome Digitaltochter – endgültig zur lahmen Ente verkommt. Und für die Aktionäre am Ende die große Ernüchterung einsetzt.
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