Aus dem Klassikerkanon der deutschen Jugendliteratur ist „Momo“ nicht mehr wegzudenken. Und nicht nur in Deutschland hat Michael Endes modernes Märchen Karriere gemacht: Die Geschichte von den Zeit-Dieben und dem kleinen Mädchen, das den Menschen die Zeit zurückbringt, ist in 46 Sprachen übersetzt worden. Insgesamt wurden weltweit bislang über 10 Mio Exemplare verkauft.
Und es sollen noch mehr werden, denn „Momo“ ist in diesem Jahr 40 Jahre alt geworden und dank des Jubiläums mindestens in Deutschland und den USA in die Schlagzeilen zurückgekehrt. Der Thienemann Verlag, bei dem das Buch am 1. September 1973 erschienen ist, hat Michael Endes ebenso visionären wie zeitlosen Roman kürzlich gleich dreifach gewürdigt:
- Mit einer broschierten Retroausgabe mit dem Originalcover für 9,99 Euro.
- Mit einer gebundenen Neuausgabe (Illustrationen von Dieter Braun) samt neuem Cover für 19,95 Euro.
- Mit einem neuen Auftritt von Michael Endes Webseite unter dem Verlagsdach.
„Momo“ wohnt in San Francisco
Auch in den USA feiert „Momo“ eine Renaissance. In San Francisco hat der kleine, aber feine Literaturverlag McSweeney’s in seinem 2011 gegründeten Kinderbuch-Imprint Mc‧Sweeney’s McMullens das Buch gerade in einer neuen, aufwendig illustrierten Übersetzung herausgebracht. Anders als Michael Endes „Die unendliche Geschichte“, die auch jenseits des Atlantiks ein millionenfach verkaufter Bestseller war, hatte „Momo“ die Amerikaner nie in dem Maße erobert wie den Rest der Welt. Das 1985 bei Puffin erschienene Taschenbuch in der Übersetzung von J. Maxwell Brownjohn war schon nach zwei Jahren nicht mehr lieferbar.
Der 22-jährige Lucas Zwirner, von dem die neue Übersetzung stammt, liebt „Momo“, seit ihm sein Vater als Kind daraus vorgelesen hat. Aus dem deutschen Original wohlgemerkt, denn sein Vater David Zwirner, einer der namhaftesten Galeristen und Kunsthändler der Welt mit Galerien in New York und London, ist gebürtig aus Köln und hatte sich in jungen Jahren selbst von „Momo“ faszinieren lassen.
Übersetzt hat Zwirner Jr. Michael Endes Roman im Sommer 2009. Aus einer Laune heraus, sagt er, weil ihm das Buch zufällig wieder in die Hände gekommen war, er in den Semesterferien noch keinen Job hatte und seine Deutschkenntnisse verbessern wollte. Damals war er gerade 18 Jahre alt und studierte im ersten Jahr an der Universität Yale Philosophie und vergleichende Literaturwissenschaften.
Buch und Illustrationen im Paket
Jeden Tag hat Lucas Zwirner zwischen acht und zehn Seiten übersetzt. Am Ende des Sommers war der erste Entwurf fertig und das Projekt „Momo“ ging in die nächste Runde. Zwirner sprach Marcel Dzama an, einen Künstler, den er aus der Galerie seines Vaters kannte, ob er den Roman illustrieren würde. Zwirners lebendige Übersetzung in Verbindung mit Dzamas eindringlichen Illustrationen erwiesen sich als ideales Paket, das schließlich auf dem Schreibtisch von McMullens Cheflektor Brian McMullen landete. Dem gefiel, was er las (und sah), so dass er den Literaturagenten Thomas Colchie bei Thienemann nach den US-Rechten anklopfen ließ. Der Rest ist Geschichte.
Anders als Puffin vor 25 Jahren hat es der bestens vernetzte McMullen geschafft, „Momo“ weitläufig ins Gespräch zu bringen. Auch Bestsellerautor Dave Eggers, der McSweeney’s gegründet hat und mit Marcel Dzama befreundet ist, ließ sich vor den Werbekarren spannen. Egal, ob „New York Times“ oder „Los Angeles Times“, über Michael Endes Klassiker wird derzeit in den USA viel und vor allem positiv geschrieben.
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