In dieser Woche haben die deutschen und französischen Handelsverbände Zahlen für den Onlinehandel 2011 präsentiert. Überraschendes Fazit: Der E-Commerce im Nachbarland ist nicht nur größer, sondern wächst auch schneller als der deutsche. Gemeinsamer Nenner: An der Spitze liegt Amazon.
Laut Einzelhandelsverband HDE steigerten die deutschen Shops im vergangenen Jahr ihre Erlöse (Waren und Dienstleistungen) um 8,1% auf 26,1 Mrd Euro:
In Frankreich wuchsen die Online-Umsätze im vergangenen Jahr laut E-Commerce-Verbands FEVAD um 22% auf 37,7 Mrd Euro. An der Spitze der französischen Onlineshops rangiert Amazon, mit einer Reichweite von 31% der Internet-Bevölkerung, 1,45 Mio Besuchern pro Tag (unique visitors) und 12,99 Mio Besuchern pro Monat. Abgeschlagen auf Platz 2 steht die Fnac, mit 23,2% Reichweite und 865.000 Besuchern pro Tag (9,7 Mio pro Monat), gefolgt von Ebay und PriceMinister.
Auch im M-Commerce liegt Amazon in Frankreich laut FEVAD vorne, mit 2,6 Mio Besuchern, die im 4. Quartal 2011 von mobilen Geräten aus auf die Shop-Seite kamen. Zum Vergleich: Die Fnac verzeichnete mit 1,36 Mio Besuchern rund die Hälfte der mobilen Kunden.
Ähnlich wie im Nachbarland führt auch hierzulande Amazon den Markt an; der Marktanteil wird auf 10 bis 15% taxiert, Tendenz steigend. Dass die Erwartungen der anderen Shops für das Geschäft in diesem Jahr eher verhalten sind – 40% gehen von stagnierenden Umsätzen aus, 35% von leicht steigenden Erlösen –, führt der E-Commerce-Center Handel (ECC) besonders auf die virulenten Konzentrationsprozesse zurück. Die Schere der Gewinner und Verlierer gehe immer weiter auf.
„Macht des Internet wird unterschätzt“
Dass der deutsche Einzelhandelsmarkt zwar als der größte in Europa gilt, doch die Online-Umsätze verglichen mit Großbritannien (wo rund 20 Mio Menschen weniger wohnen als hierzulande, die E-Commerce-Erlöse aber mehr als doppelt so hoch ausfallen) und auch Frankreich schwächeln, beschäftigt auch Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein. Der E-Commerce-Spezialist glaubt, dass hierzulande die Macht des Internet für die wirtschaftliche Entwicklung unterschätzt werde.
In Deutschland habe die Internetwirtschaft von 2004 bis 2009 immerhin rund 24% zum BIP-Wachstum beigesteuert – doch die fast 100 Mrd Euro der letzten drei Konjunkturprogramme sei nicht für den Ausbau der desolaten Netz-Infrastruktur in Deutschland und damit für echte Wachstumsbeschleunigung genutzt worden. „Das wohl größte Problem dürfte hierzulande sein, dass Politik und Verbände die Situation schönreden. Schnelle DSL-Verbindungen haben nach neuesten OECD-Zahlen lediglich 29,3% aller Haushalte in Deutschland.“
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