Immer mehr Verlage und andere Akteure aus der Hörbuchbranche schalten sich in die Debatte über die Konditionen des Abo-Modells von Audible ein. Neu dabei: Amadeus Gerlach, Der Audio Verlag, Anke Hardt und Robert Wildgruber vom Hörverlag, Corinna Zimber vom Freiburger Audiobuch Verlag, Peter Bosnic (Steinbach Sprechende Bücher), die Hörbuch-Produzenten Peter Eckhart Reichel und Georg Gess sowie Gabriele Swiderski (Jumbo Medien), Stephanie Mende (audio media).
Amadeus Gerlach, Der Audio Verlag:
Herr Rauterberg (Audible), spricht von „Vorteilen des Abomodells für die Kunden“ und manipuliert damit die Situation. Hat er nicht viel mehr nur seinen eigenen Vorteil im Sinn? Denn Audible baut mit dem bestehenden Abomodell nur seine Kundenbindung auf Kosten der Verlage, Autoren und anderer Rechteinhaber aus.
Daneben macht er – ohne dass ihn irgend jemand oder irgend etwas dazu veranlaßt hätte – die Preise kaputt. Audible erlöst also weit weniger als möglich wäre. Musicdownloads dagegen kosten so viel wie physische CDs, wenn man sich alle Tracks eines Titels herunterlädt. Es geht Audible also allein um Marktanteile. Dass diese mit der Macht eines Monopolisten auf Kosten der Rechtegeber realisiert werden und dabei der Markt preislich klein gemacht wird, ist perfide und mittelfristig wirtschaftlich unsinnig.
Robert Wildgruber, Leitung Abteilung Recht & Lizenze, Der Hörverlag:
Audible hat unbestritten einen großen, wenn nicht den entscheidenden Anteil am Aufbau des Hörbuch-Downloadgeschäfts in Deutschland – doch zu welchem Preis oder anders gefragt, wer hat diese Popularität erst möglich gemacht? Zum großem Teil die Hörbuchverlage, die Audible ihre hochwertig produzierten Inhalte zur Verfügung stellen und jegliche Preis-/Erlösgestaltung gleich mit abgeben müssen. Gerade bei umfangreichen Produktionen sind die Erlöse aberwitzig niedrig, da jeder Titel automatisch im Abo zu 9,95 € angeboten wird, auch wenn ein Gewichtungsfaktor den Umfang berücksichtigt.
Mit dem Verkauf an Amazon ist die Marktmacht von Audible noch einmal kräftig gestiegen.
Natürlich kann man auch darauf verzichten die Produktionen an Audible zu geben – aber wollen wir das? Wohl kaum, denn dem Kunden soll die Möglichkeit des legalen Erwerbs gegeben werden und der digitale Vertriebsweg soll seiner Bedeutung entsprechend auch in den Deckungsbeitrag einfließen.
Soll auch in Zukunft Hörbuchqualität auf CD und als Download veröffentlicht werden, so muss ein Preisgefüge gefunden werden, das den Ansprüchen der Kunden, dem Downloadportal sowie den Hörbuchverlagen gerecht wird. Ist es richtig, dass ein Hörbuch im Umfang von 60 Minuten (1 CD) genauso viel kostet wie eine 1690 Minuten Lesung (22 CD)? Vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt, über das grundsätzliche Download-Preisgefüge sowie die Erlösmodelle zu sprechen – Hörbuchverlage und Audible an einem runden Tisch könnte eine Idee sein. Verhandeln bedeutet, sich aufeinander zuzubewegen, doch dies wird, man kann es nicht anders ausdrücken, seit Jahren mantraartig mit Volumen- und Skaleneffekten abgewehrt. Bewegt haben sich bisher nur die Hörbuchverlage, und zwar mit ihren Produktionen in Richtung Audible. Das 1690 Minuten Hörbuch für 9,95 € im Abo-Download ist übrigens „Limit“ von Frank Schätzing.
Anke Hardt, Leitung Vertrieb, Der Hörverlag
Seit der Download ein Thema für die Hörbuchverlage ist, macht sich natürlich auch der stationäre Buchhandel Gedanken darüber. Nachdem vor ein paar Jahren erst viele Abteilungen erweitert, das Hörbuch zu einer florierende Warengruppe wurde, kam dann der „Download Dämpfer“. Zum Glück ist im Handel jedoch die erste Furcht vorüber, vor allem da die Hörbuchumsätze ziemlich konstant sind und man die Erfahrung gemacht hat, dass die Schnittmenge zwischen Downloadern und Buchhandelskunden zur Zeit noch eher gering ist. Doch das wird sich natürlich durch den Generationenwechsel ändern. Jüngere, und auch zunehmend Frauen, werden dann ebenfalls Content runterladen und der Schlüssel zum anhaltenden Erfolg des Hörbuchs wird in der Zielgruppenerweiterung liegen.
Wie kann sich die Buchhandlung auch in Zukunft als attraktiver Medieneinkaufsplatz etablieren – ein Problem nicht nur für die Hörbuchverlage!
Da geht es doch in erster Linie ums Lust machen, anbieten, persönlich beraten und natürlich darum, Kompetenz zu zeigen. Menschen, die dies zu schätzen wissen, sterben nicht aus, davon sind wir überzeugt! Der stationäre Handel hat beim immer noch erklärungsbedürftigen Medium Hörbuch einen echten Vorteil im Verkauf, der aber natürlich genutzt sein will.
Den Preisen, die sich beim physischen Hörbuch leider auch nach unten entwickelt haben, tun Dumpingangebote im Download alles andere als gut. Die Verunsicherung ist groß und das komplexe Thema Rechte ist dem Endkunden im Handel nicht begreiflich zu machen… Der Wert des Inhaltes steht – anders als es der Fall sein sollte also scheinbar zur Debatte.
Ich halte die aktuelle Preisdebatte um die Audible-Konditionen für absolut unerlässlich. Auch Download-Preise sollten dem Inhalt angemessen (gerne auch etwas günstiger als das physische Produkt) sein, jedoch nachvollziehbar. Sei es eine aufwändige Produktion (Hörspiel) oder eine besonders umfangreiche Produktion, beide Varianten ebenso wie eine 1 CD Produktion zu Pricen ist absurd. Kunden, die sich an so etwas gewöhnen sind für alle Zeit „verdorben“, was leider auch den stationären Handel tangieren würde.
Corinna Zimber, Audiobuch Verlag:
Ich kann Johannes Stricker nur zustimmen und danke ihm für die klare Beschreibung der Situation. Insbesondere sein letzter Satz sollte uns allen zu denken geben.
Peter Bosnic, Steinbach Sprechende Bücher:
Ich bin sehr froh, dass diese Diskussion entflammt ist. Wir haben uns zu sehr darauf verlassen, dass die Portale die Awareness des Hörbuches steigern und viel mehr Menschen zum Hörbuch führen, das ist aber nicht geschehen, die Anzahl der Käufer ist ja seit langem nicht merklich gestiegen. Wir sind gerne bereit an der Diskussion und an Verhandlungen mitzuwirken. So geht es tatsächlich nicht weiter.
Peter Eckhart Reichel, Hörbuch-Produzent:
Was wäre, wenn sich die Hörbuchverlage darauf einigen könnten, ein gemeinsames Download-Portal mit fairen Bedingungen zu schaffen? Irgendwann würde der Download-Markführer auditiv „austrocknen“ oder zum umdenken gezwungen werden.
Georg Gess, GESS Audio Books:
Ein Vorschlag von außen für Johannes Stricker, Marc Sieper, Kilian Kissling und die anderen …
Die großen Hörbuch-Verlage tun sich zusammen, kaufen sich bei Claudio.de (das ja wie man hört zum Verkauf stehen soll) oder bei soforthoeren.de ein (denen geht es ja eh schlecht ) und errichten ein Vertriebsmodell für die Beteiligung der kleineren Verlage. Dann werden die neuen Titel nur noch über soforthoeren.de (Claudio.de) zu vernünftigen Preisen verkauft und schon hat man ein Gegenmodell zum Audible-Portal, dem nach und nach die attraktiven Inhalte fehlen werden. Man hätte also einen Vertriebskanal, der einem selbst gehört und über den man selbst bestimmt. Und da der Vertrag von Audible mit den iTunes-Store bald ausläuft, könnte man dort bestimmt einen Fuß in die Tür bekommen…
Und wir freien Hörbuch-Produzenten hätten dann auch wieder die Möglichkeit, zu Konditionen zu produzieren, die diesseits der Selbstausbeutung liegen…
Gabriele Swiderski, Geschäftsführerin und Vertriebsleiterin Jumbo Medien:
Die Fragestellungen sind nicht neu, aber nach wie vor wichtig. Auch uns sind unsere kulturellen Lebensmittel mehr wert als den Abo-Dumpingpreis. Aber wozu haben wir den AK Hörbuch? Wenn wir uns dort verständigen, können wir Audio-Verlage mit einer Stimme sprechen.
Stephanie Mende, Verlags- und Programmleiterin audio media verlag
Die Preisgestaltung der audible-Abos ist bei erfolgreichen und hochpreisigen Novitäten in der Tat problematisch für die Hörbuchverlage. Allerdings halten wir das Thema Download vor dem Hintergrund der jahrelangen Erfahrung mit unserem eigenen Hörbuchportal hoerkiosk.de für zu polarisierend dargestellt. Es bleibt jedem Verlag freigestellt, ob er sich auf die Konditionen einlassen will oder nicht. Und jeder Verlag kann selbst entscheiden, welche Hörbücher er bei audible anbieten möchte. Offensichtlich ist das Geschäftsmodell der Download-Anbieter im deutschsprachigen Raum trotz der insgesamt gestiegenen Download-Bereitschaft offenbar nicht so lukrativ, dass sich bis auf audible und iTunes derzeit weitere größere Wettbewerber tummeln können. Dass die Zukunft des Hörbuchs neben der Haptik auch online und durch die Konvergenz sogar mobile stattfinden wird, ist keine Frage. Allerdings ist hier der Zug für alle Marktteilnehmer – Verlage, Handel und Portalbetreiber – noch nicht abgefahren. Cross-Selling und Online-/Offline-Bundles fangen gerade erst an und bergen aus unserer Sicht mehr Chancen als Risiken.
Jan Weitendorf (Geschäftsführer Oetinger Media):
Lasst uns ein Downloadportal der Verlage gründen!
Ein kritischer Blick nach Amerika lässt uns ahnen, was uns in den nächsten Jahren auch im deutschen Sprachraum erwartet, wenn sich die Marktdominanz von audible, die eigentlich eine Dominanz von amazon ist, weiter fortsetzt: Dort werden zurzeit Spitzentitel zur Kundengewinnung verschenkt (z.B. von Grisham, Funke oder Lee Child).
Wir fragen uns: Sind Hörbuchverlage unter diesen extremen Marktgepflogenheiten überhaupt noch überlebensfähig? Wird es erst dazu kommen müssen, dass sich das Hörbuchangebot von einem Polypol mehrerer Hörbuchverlage zu einem Oligopol oder vermutlich darüber hinaus zu einem Monopol entwickelt, um audible fair auf gleicher Augenhöhe entgegen treten zu können?
Wir stellen fest: Qualität kostet!
Unterschiedliche Preise sind gerechtfertigt und gerade höhere Preise bei qualitativ hochwertigen Hörbüchern zur Refinanzierung notwendig. Am Qualitätsprodukt Hörbuch sind Urheber, Übersetzer, Verlage, Lizenzgeber u.v.m. beteiligt. Um weiterhin Qualitätshörbücher produzieren zu können, müssen wir sicher stellen, dass all diese Menschen auch in Zukunft noch von ihrer Arbeit leben können.
Das Funktionieren dieses Systems gerät durch die kostenlose Abgabe oder Dumpingpreise von Spitzentiteln ins Wanken. Darüber hinaus machen wir uns als Verlage unglaubwürdig, wenn wir einerseits Piraterie bekämpfen, andererseits einer Vertriebsplattform wie audible mit Sonderkonditionen die Möglichkeit einräumen, unsere Produkte zu verschenken. Der Lerneffekt beim Kunden: Er muss kein Geld für Qualitätsprodukte bezahlen.
Mit Hörstern haben wir vor einigen Jahren ein Downloadportal zusammen mit anderen Verlagen gegründet. Dies erfolgte mit der Intention, sowohl Urhebern als auch Gesellschafterverlagen langfristig faire Konditionen zu sichern. Ein unter den gesammelten Erfahrungen zu diskutierender, gesellschaftlicher Zusammenschluss vieler Verlage könnte ein Umdenken in diesem Markt bewirken…
Balazs Csonka, claudio.de:
Audible ist im Vergleich zu den übrigen Playern claudio, libri, soforthören und auch musicload ein Anbieter von digitalen Hörbüchern, die vor allem im Abo bezogen werden können.
Audible hat also ein ganz bestimmtes Geschäftsmodell. Es ist nicht nur eine Downloadplattform, sondern eine von Anfang an auf Hörbücher im Abonnement-Bezug ausgerichtete. Mit Abos wird dort das Geld gemacht und werden Kunden gebunden, und jeder Titel muss folgerichtig ins Abo. Warum nicht?
Dieses an sich legitime Geschäftsmodell ist vielleicht und offenbar nicht für jeden Titel geeignet. Die Verlage sollten (und können ja auch) in jedem Fall selbst entscheiden, ob sie dieses Modell und den Markt dahinter mit allen oder bestimmten Titeln bedienen wollen oder nicht. Sie können selbst festlegen, wie hoch der Händlerabgabepreis ist. Andere Händler und Portale setzen nicht oder nicht nur auf einen Aboverkauf. Die Verlage und Kunden haben also sehr wohl legale Alternativen und können mit diesen den Markt effektiv mitgestalten, so dass mittelfristig die jetzt kleineren Portale auch Anteile gewinnen könnten, um die beklagte Monopolstellen anzugreifen. Warum werden die hochpreisigen, aufwendigen Produtionen überhaupt ins Abo gegeben?
Warum begreift man nicht das Abo zunächst einfach als das, was es ist: ein heftiges Rabattsystem. Und Audible als Discounter. Audible hat zwar den größten Marktanteil, ist aber sicherlich nicht das einzige Modell Hörbücher digital zu vertreiben. Welche Modelle und welche Kanäle des digitalen Vertriebes wie genutzt werden, ist eine Entscheidung der Verlage.
Verlage, stellt Titel nicht ein, wenn es sich nicht rechnet! Erhöhte dies nicht den Druck auf den Händler, so dass von ihm vielleicht schon bald mehr Groschen für die Aboverkäufe zu erwarten wäre? Vielleicht reichten diese dann für den ein oder anderen Titel. Vielleicht sollte manch ein Titel auch erst zeitverzögert in den „Kanal Abo“ kommen. Vielleicht fühlen sich manche Einzeltitel auch im Einzelverkauf ausreichend wohl, weil sie einfach so gut sind. Sicher, zunächst gäbe es Umsatzeinbußen. Aber wenn die Erlöse ohnehin so haasträubend niedrig sind, dann kann man ihren Verlust wahrscheinlich auch verkraften und diesen Preis dafür zahlen, um den gegenwärtigen Trend auf diese Weise zu korrigieren. Und bis es bessere Konditionen bei Audible gäbe, könnten sich die kleineren Portale hoffentlich besser oder neu positionieren. Wenn der Markt den Spielraum bietet. Denn dieser ist, wir wissen es alle, klein. Die Investitionen in seine Erschließung aber sehr hoch. Im Augenblick schmeckt’s den Verlagen nicht, aber fragt mal uns, die Portale! Auch sie haben ordentlich zu zahlen.
Freiheiten und Gestaltungsmöglichkeiten gibt es aber für alle. Die Verlage haben sie, viele Portale bieten sie an.
Ach ja, Eines möchte ich noch zu bedenken gegeben: Alle Portale bereiten die von den Verlagen bereitgestellten Inhalte selbst technisch auf. Das gibt es so weder in der Musikindustrie noch bei den E-Books. Das ist eine wirklich kostspielige Sache für die Portale und wirkt sich natürlich aus auf die Konditionen! Bessere gäbe es sicherlich für besser bereitgestellte Daten. Auch hier muss noch was geschehen. Manche Manager schütteln zurecht ihren Kopf über diese Produktionsverlagerung in unserer Branche.
Bereits veröffentlichte Statements:
Lübbe-Audio-Chef Marc Sieper
Hörbuch Hamburg-Chef Johannes Stricker
Jens Klingelhöfer, MFM Entertainment Bookwire
Kilian Kissling, Argon
Ich muss Herrn Teichert unumwunden recht geben. Am meisten stört mich das verkrüppelte Format und die Notwendigkeit meine Wiedergabe vom Verlag kontrollieren zu lassen. Wenn möglich kaufe
ich für mehr Geld freie Formate oder CD’s. Und Audible boykottiere ich komplett. Sollten diese Herren den Hörbuchmarkt ganz übernehmen, würde ich mich vom Hörbuch gänzlich verabschieden.
Wenn ich als Kunde auch etwas dazu darf…
Ich wäre gerne bereit, auch mehr für Hörbucher zu bezahlen. Allerdings vermisse ich gerade für meine Lieblingssparte (Fantasy) ungekürzte Hörbücher, die allerdings bei Audible angeboten werden. Und warum produziert man so gut wie keine MP3-CDs? Dann könnte man auch mehr auf die CDs pressen. Inzwischen kann eigentlich jeder 08/15 CD-Player auch MP3s abspielen.
Wie gesagt, ich würde gerne mehr bezahlen. Allerdings nur dann, wenn ich die Hörbücher NICHT in einem properitärem, DRM-verkrüppelten Format bekomme, die ich auch nur auf bestimmter Hardware abspielen kann. (Z.b. NICHT im Auto auf dem MP3-Stick). Solange Audible aber am AAX-Format klebt, solange würde für diese „geliehene“ Datei, die mir jederzeit gesperrt kann (und sei es nur, weil Audible/I-tunes seine DRM-Server abschaltet) auch nicht mehr bezahlen wollen.
Mein Aufruf an die Hörbuch-Hersteller also: Gebt mir UNGEKÜRZTE CD/s oder Downloads, die nicht DRM-verseucht sind (gerne mit Wasserzeichen!) und in einem Format das auch normale MP3-Spieler abspielen können und ich würde sie sofort kaufen.