Verlage arbeiten immer häufiger mit anderen Verlagen und Partnern über die herkömmlichen Grenzen hinaus zusammen. Dies führt zu Wachstum und neuen Geschäftsmodellen, aber auch zu wachsenden Anforderungen an Dienstleister und Softwareanbieter, neue Rollen in der Zusammenarbeit zu übernehmen. Es ist an der Zeit, den Blick dafür zu schärfen, was die Vorteile von big und small sind, wer was für wen tun kann. Wie sieht die Transformation unserer Branche aus? Wie arbeiten Unternehmen partnerschaftlich zusammen?
Die Situation der Verlage verschärft sich allein, wenn man an die Situation der Rechte und Lizenzen denkt. Wenn Verlage keine passende und zukunftsorientierte Software-Lösung haben, um ihre Prozesse zu integrieren und zu steuern, fällt es ihnen immer schwerer, beispielsweise für ihre Titel Bild- und andere Teilrechte zuverlässig zu überblicken und zu managen, von ungeklärten Rechten ganz zu schweigen. Dies ist ein tägliches Spiel mit dem Feuer, wenn Daten nicht gepflegt wurden oder gar nicht gepflegt werden können.
Gut wäre es auch, wenn der Datenaustausch auf dem Standard Onix 3.0 erfolgen würde, der u.a. dafür sorgt, dass die Metadaten der Verlage besser werden. Dies ist allerdings nur dann sinnvoll, wenn die Verlage erkennen und durchsetzen, dass Metadatenmanagement nicht nach unten an Auszubildende oder Vertriebsassistenten delegiert wird, sondern ein Managementthema der Produktmacher und Lektoren ist.
Kernthema Industrielles Produzieren
Inhaltlich sollte die Branche vom Thema Industrie 4.0 lernen. Industrielles Produzieren wird, auch wenn das vielen in der Branche nicht schmeckt, der einzige Weg des Überlebens sein, weshalb 4.0-Themen auf dem Publishers’ Forum und in diesem buchreport.spezial eine größere Rolle spielen.
Was es bedeutet, die dazu notwendigen Prozesse zu beherrschen, aber auch mit „kleineren“ Partnern umzugehen, zeigt Amazon, mit dem die Branche ja den Großteil ihres Umsatzes macht. Davon zu lernen, könnte ein produktiver Ansatz sein. Amazon dürfte in Zukunft viele der via PoD selbst produzierten Titel mit einer integrierten Hardcover-Produktion umsetzen. Das bedeutet, dass das umständliche, separate Buchbindeverfahren in einem einzigen Prozess stattfindet.
Zusammenarbeit funktioniert auch in anderen Themen, wie Linked Open Data beweist. Bei all dem sind aber ein gutes Controlling unerlässlich, ein Business-Intelligence-System mit den notwendigen Leistungskennzahlen (Key Performance Indicators/KPI), besser noch Smart Data, um durch Zusammenführung und Analyse interner und externe Daten aus verschiedensten Bereichen und Systemen die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Das gilt nicht nur fürs Controlling, für Rechteverwaltung und Honorare bis hinunter zur Verwertung einzelner Content-Absätze, sondern schlicht für sämtliche redaktionelle Themen von Fachverlagen, die mittels des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz klarer sondiert, identifiziert und somit publiziert werden können. Bedeutet dies, dass mit Machine Learning und Semantic Search neuer Content künftig automatisch generiert wird? Vielleicht.
Kann ein Reiseführerverlag seinen Lesern mit Virtual Reality eine risikolose Besichtigung der Hagia Sophia in Istanbul anbieten? Kann ein medizinischer Fachverlag seinen Kunden Ausbildung mit Augmented Reality nahebringen? Antwort: Ja, das können Verlage leisten, denn die technologische Entwicklung gibt das her.
Die Optionen richtig zu sortieren und zu bewerten, ist eine erhebliche Herausforderung für Verlagsmanager. Auch sie sind eher in Kooperation und kollegialem Austausch kritisch zu hinterfragen. Ohne einen mutigen Blick auf die nächste Etappe der Transformation wird ein Verlag aber schneller von der Konkurrenz abgehängt sein, als er sich versieht.
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