Viele reden vom Audio-Boom, konkrete Zahlen zu bekommen, ist aber schwierig. Vor allem lässt sich nur schwer beziffern, wie groß das digitale Wachstum tatsächlich ausfällt. Der Trend zu Digitalformaten wird von den Verlagen zwar insgesamt bestätigt – mit Anteilen zwischen der Hälfte und zwei Dritteln des Marktes –, aber weder Download-Marktführer Audible noch die wachsenden Streaming-Plattformen geben konkrete Zahlen preis.
Weil die Akteure aber dennoch Interesse daran haben, die Bedeutung des (digitalen) Hörens hervorzuheben, versuchen aktuell gleich zwei Studien per Verbraucherbefragung Marktpotenzial und Konsumverhalten zu erfassen.
Bookwire: Digitalformate kannibalisieren sich wenig
Digitaldienstleister Bookwire hat mit Marktforscher GIM in der Studie „Listen & Read: The Battle for Attention“ Audiobücher, E-Books und Podcasts untersucht. Dabei gaben 43% der Befragten an, im vergangenen halben Jahr mindestens eins dieser Medien genutzt zu haben. Knapp die Hälfte davon (48%) nutzt mehrere Medien parallel.
Erkenntnisse:
- Es gibt wenig Kannibalisierungseffekte: Höchstens 14% der Nutzer gaben an, E-Books, Audiobooks oder Podcasts jeweils auf Kosten eines der anderen beiden Medien zu nutzen. Eine mögliche Erklärung: Während E-Books und Hörbücher im Vergleich zu Podcasts stärker zur Unterhaltung dienen, haben diese tendenziell stärkeren Informationscharakter.
- Ausgeprägter sind die Effekte aufs Lesen gedruckter Bücher: 44% der E-Book-Nutzer sagen, dass sie in der Folge weniger gedruckte Bücher lesen, bei Hörbuch-Nutzern ist es rund ein Viertel.
- Als „Lieblingsmedium“ müssen die drei Formate noch aufholen: Nutzer von E-Books, Hörbüchern und Podcasts nennen Bewegtformate (Videostreaming, TV), Radio, Bücher und Gaming häufiger als Medienfavoriten.
- Deutliche Unterschiede gibt es bei den Nutzergruppen: Hörmedien, vor allem Podcasts, sind verstärkt bei den jüngeren Zielgruppen verbreitet, E-Books bei den Baby-Boomern, die 56 Jahre und älter sind (s. Grafik).
- Die Generation Z tickt anders: Die 16- bis 24-Jährigen hören deutlich mehr Podcasts. Konsumiert wird vor allem auf den großen Streaming-Plattformen, allen voran Spotify, und das gilt auch für Hörbücher. Die Studienmacher schlussfolgern: „Wer dort als Anbieter medialer Inhalte nicht vertreten ist, existiert für die Generation Z quasi nicht.“ Bei der Zahlungsbereitschaft auffällig: E-Books und Hörbücher sind ihr häufiger zu teuer als Älteren. Premium-Angebote (z.B. Abos) stehen dafür höher im Kurs.
Audible: Deutlich mehr Menschen nutzen Audio-Inhalte
Eine Zeitreihe zur Audio-Nutzung bietet der seit 2016 jährlich erhobene „Hörkompass“, für den Marktforscher Kantar 2000 Teilnehmer im Auftrag der Amazon-Hörbuch-Tochter Audible telefonisch befragt und hochrechnet:
- 26 Mio Menschen in Deutschland nutzen demnach Podcasts, Hörbücher oder Hörspiele. Das ist ein deutliches Plus von 13% gegenüber Vorjahr.
- Gestiegen ist die Nutzung vor allem im Corona-Frühjahr.
- Auch hier steht der Befund, dass Jüngere überdurchschnittlich häufig hören.
- Wenig überraschend ist das Resultat der Formatfrage: Zwei Drittel hören digital über Smartphone/Tablet, die CD verliert weiter.
- Weiteres Wachstumspotenzial ist offenbar vorhanden: 8 Mio haben laut Befragung noch nie Hörmedien genutzt, können sich das aber vorstellen.
Nutzer von Hörbüchern, Hörspielen oder Podcasts in Deutschland
- 2017: 18 Mio
- 2018: 22 Mio
- 2019: 23 Mio
- 2020: 26 Mio
Quelle: Audible Hörkompass 2020
Kommentar hinterlassen zu "Mediennutzung: Die Jugend hört"