Wenn wir jetzt nicht handeln, sind digitale Inhalte und Informationen künftig verloren, warnt die Plattform Internet & Gesellschaft Colloboratory im „Berliner Appell“. Digitale Langzeitarchivierung müsse deshalb als eine dauerhafte Aufgabe begriffen werden. Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen müssten angepasst werden.
Der Appell im Wortlaut:
„Unsere Gesellschaft ist seit langem von dem Konsens bestimmt, dass Wissen und Kultur zu erhalten sind. Das Wissen unserer Tage wie die Kultur unserer Gesellschaft werden aber zunehmend mittels elektronischer Medien gespeichert und sollen über diese überliefert werden. Die Bewahrung dieses Wissens und dieser Kultur steht auf tönernen Füßen.
Die Bereitschaft, auch in der elektronischen Welt in die Bestandserhaltung zu investieren, ist nicht sehr groß. Die Einsicht in die Notwendigkeit, die Prozesse der digitalen Langzeitarchivierung nachhaltig und dauerhaft zu finanzieren, ist noch nicht ausgeprägt. Die Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologie zur Bestandserhaltung auch von analogen Informationsträgern sind noch lange nicht ausgeschöpft. Das ist ein Appell zur Nachhaltigkeit in der elektronischen Welt.
- Gefahr des Verlustes: Digitale Inhalte sind fragil. Sie unterliegen einer rasanten technischen Entwicklung. Es besteht dringender Handlungsbedarf bei der Archivierung, da digitale Inhalte und Informationen sonst unwiederbringlich verloren sind.
- Dauerhafte Aufgabe: Digitale Langzeitarchivierung ist Teil der Bestandserhaltung für digitale Objekte und muss als eine dauerhafte Aufgabe begriffen werden, die sich nicht in Projekten erschöpft.
- Ausbildung/Organisation: Digitale Langzeitarchivierung muss ein gezielter Ausbildungs- und Forschungsschwerpunkt an Universitäten und Fachhochschulen werden und auch Eingang in die Curricula von anderen Disziplinen finden.
- Recht: Der derzeitige Rechtsrahmen behindert vielfach die digitale Langzeitarchivierung. Es müssen eindeutige und verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen für die digitale Langzeitarchivierung in all ihren Aspekten geschaffen werden.
- Kosten: Für die digitale Archivierung besteht eine dauerhafte öffentliche Verantwortung. Digitale Langzeitarchivierung ist kostenintensiv.
- Aufmerksamkeit und öffentlicher Diskurs: Nachhaltigkeit in der digitalen Welt erfordert eine breite öffentliche Diskussion und starke politische Wahrnehmung. Digitale Langzeitarchivierung ist kein Nischenproblem.
- Langzeitarchivierung und Digitalisierung: Digitale Langzeitarchivierung sichert und stärkt das Demokratie- und Transparenzversprechen des digitalen Kulturerbes.
- Rollen und Strategie: Zuständigkeiten und Rollen im Bereich der digitalen Langzeitarchivierung müssen im Rahmen einer nationalen bzw. europäischen Strategie klar bestimmt sein.
- Auswahl: Auswahlkriterien für die digitale Langzeitarchivierung müssen Teil eines gesellschaftlichen Diskurses sein.
- Reichweite: Kulturarchivierung ist im Digitalen eine Aufgabe, die in ihrer Bedeutung und ihren Folgen über die Aufgaben der Kulturinstitutionen hinaus geht.
- Recherchierbarkeit, Verfügbarkeit und Zugang: Der Zugang zum digitalen Erbe ist durch neue Technologien so leicht wie noch nie. Er birgt einen großen Nutzen für die Bildung und Forschung. Um den Zugang zu erhalten, sind verlässliche Finanzierungsmodelle notwendig.
- Technische Fragen: Langzeitarchivierung kann nur unter geregelten technischen Rahmenbedingungen nachhaltig erfolgen. Dazu gehören offene und standardisierte Datenformate.“
Hervorgegangen ist der Berliner Appell aus der Initiative Nachhaltigkeit in der Digitalen Welt, einer Veranstaltung des Internet & Gesellschaft Collaboratory (CoLab). Die Plattform will Experten für internetpolitische Fragen zusammenbringen, um die Entwicklung der digitalen Welt zu begleiten.
Auch der Deutsche Bibliotheksverband unterstützt den Appell in zwei Kerngedanken und fordert die digitale Erschließung kultureller und wissenschaftlicher Überlieferung und die Bewahrung von Büchern, Handschriften oder Landkarten für das kulturelle Gedächtnis.
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