Zu schwerfällig reagiert der Buchhandel auf Innovationen im Marktumfeld, meint Beraterin Ulrike Kok (Foto). Wer als Buchhändler kein Multichannel bietet, werde kaum überleben. Ihr Rat: Buchhändler sollten das Wesentliche ihres Sortiments herausarbeiten – und alles Übrige streichen.
buchreport hat bei Beratern nachgefragt: Welches Konzepte sind tragfähig? Nach Arnd Roszinsky-Terjung (hier nachzulesen) und Steffen Hillebrecht (hier) analysiert Ulrike Kok Chancen und Perspektiven:
Was sind die hausgemachten Ursachen für die Krise der Filialisten?
Das Wettrüsten der Filialisten um die teuersten Ladenflächen in 1a-Lagen schuf ernste betriebswirtschaftliche Probleme. Mitarbeiter wurden zulasten der Beratungsqualität durch Flächen ersetzt. Es entstanden zu viele großflächige Me-too-Konzepte. Weitere Herausforderungen:
- Der Buchhandel reagiert schwerfällig auf Innovationen im Marktumfeld (Amazon, Digitalisierung).
- Die Marktpartner Verlage und Buchhandel arbeiten sowohl inhaltlich wie wirtschaftlich nicht sinnvoll zusammen.
- Trotz supermoderner Ladeneinrichtungen und cooler Buchcover hat die Branche ein verstaubtes Image. Es fehlt ein zielführendes Branchenmarketing.
Erwachsen dem Standortbuchhandel neue Chancen aus der Schwäche der Filialisten und den allgemeinen Veränderungen im Handel?
In einem globalen Markt hat der lokale Markt eine Chance. Voraussetzung ist, dass der Sortimenter die Buchhandlung mit den Kunden „teilt“ und ein sinnhaft inhaltliches sowie wirtschaftliches Sortiment zusammenstellt und seine möglichen Vorteile ausspielt:
- Kundenkenntnis und persönliche Kundenbindung des Inhabers/Inhaberin
- Qualifizierte und kommunikative Mitarbeiter/innen
- Vernetzung vor Ort, in der Stadt und in der Kulturarbeit
- Reden, Storytelling über Bücher vor Ort und Online
- Leseförderung
- Service vor Ort und Online
- Herausarbeitung der unterschiedlichen Sortimente gegenüber den Filialisten
- Überschaubare Kostenstruktur durch geringes Lager und wenig Stapel
- Schnelle Reaktionsfähigkeit auf spezielle Anlässe.
Wie sind die Ansätze Buy local, Multichannel und Nonbooks einzuschätzen?
Buy local ist ein äußerst sinnvoller Ansatz, weil der Kunde ansonsten mit viel Globalität befeuert wird. Gleichzeitig sehnt er sich nach emotionalen, bekannten und einschätzbaren Dingen, in denen er sich wiederfinden kann.
Thema Online: Wer als Buchhändler kein Multichannel bietet, wird künftig keine Chance mehr haben. Buchhändler sollten sich immer wieder die Frage stellen: Warum kauft der Kunde schnell und offensichtlich geräuschlos bei Amazon ein, obwohl er das Buch dort nicht in die Hand nehmen kann? Warum kommt er nicht in die Buchhandlung? Welchen Mehrwert könnte die Buchhandlung bieten? Befragen wir dazu unsere Kunden und machen eine Plus-Minus-Liste der jeweiligen Leistungen. Das Erstaunen wird groß sein!
Der Trend zur Sortimentsumschichtung in Richtung Nonbook macht Sinn, wenn es in das vom Kunden gewünschte Angebot „passt“. Einfach ein Zuviel an angemieteter Fläche in Spielzeugsortimente umzuwandeln, ist dagegen keine Lösung für den Standorthandel und wäre wieder nur ein Me-too-Konzept und irritiert den Kunden. Und hier sei die Frage gestattet: Können Buchhändler Spielzeug verkaufen?
Der Kunde möchte in einer Buchhandlung einen roten Faden erkennen. Er möchte entweder seinen Buchwunsch erfüllen, sich inspirieren lassen oder kommunizieren. Dazu müssen nicht überall Kochgeschirr, Deckchen, Plüschtiere, Engel usw. aufgestellt sein. Es gilt, das Wesentliche im Angebot herauszuarbeiten und dieses erreicht man durch die Kunst des Weglassens, damit der Kunde ein kompetentes Gesamtbild erhält, das hauptsächlich Willkommen und Kommunikation erkennen lässt. Eine schöne Sitzecke mit einem Café, eine E-Book-Tankstelle und Reader sowie auf einen Blick die neuesten und medial vorverkauften Bücher und Themen sind ein richtiger Ansatz.
Alle Antworten der Berater sind im buchreport.magazin 11/2012 nachzulesen (hier zu bestellen).
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Ulrike Kok
Agentur und Unternehmensberatung
Im Kamp 2
50859 Köln
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Tel. 0221/2808400
Fax 0221/ 2809526
Mobil 0177/6598430
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