Die wirtschaftlichen Aktivitäten der Verbandstochter MVB polarisieren die Mitgliedschaft. Das E-Commerce-Bündel aus E-Reader und White-Label-Anbieter-Shop
, das MVB-Geschäftsführer Roland Schild auf der Frankfurter Buchmesse enthüllte (hier mehr), setzt nun einen neuen Höhepunkt der Dauerdebatte.Aktuelle Stimmen der Diskussion auf Facebook (Börsenvereins-Gruppe)
Matthias Ulmer (Foto: 2.v.r.): „Ich bin ehrlich gesagt sehr froh, dass es das MVB-Angebot gibt. Es ist doch nicht unwichtig, wie viel Marge das Sortiment bei den Verkäufen bekommt. Da finde ich die meisten Modelle im Markt sehr unbefriedigend. Wenn wir alle davon ausgehen, dass ein großer Teil des Buchumsatzes im Sortiment verloren geht und durch Paid Content ersetzt wird, dann hoffen wir ja, dass ein Teil davon wenigstens beim Sortiment über Multichannel landet. Ab was bringt das denn, wenn aus 40% Handelsspanne plötzlich 5% werden? Wer das stationäre Sortiment erhalten will, der muss auch dafür sorgen dass es überleben kann. Das kann ich bei den meisten E-Book Vertriebskonzepten nicht erkennen.“
Holger Ehling (Foto: r.), Unternehmensberater und früherer Vize-Direktor der Frankfurter Buchmesse: „Der Verband hätte tatsächlich die Aufgabe zu erfüllen des Vermittelns zwischen den Einzelinteressen der Mitglieder und des Formulierens von verbindlichen Rahmenbedingungen für alle. Das tut er seit seiner Gründung, das ist seine einzige echte Funktion, und das sollte Arbeit genug sein. Gar nichts zu suchen haben der Verband und seine Wirtschaftstöchter in Geschäften, die von Mitgliedsunternehmen betrieben werden, zumal wenn dieses Konkurrenzieren nur durch das Verzerren der Spielregeln (VLB-Junktim) möglich gemacht wird. Ob der Verkauf von Libreka an interessierte Betreiber oder aber die Überführung in ein von der gesamten Mitgliedschaft getragenes genossenschaftliches Modell die bessere Alternative wäre, mögen die Mitglieder des Verbandes entscheiden. Für Libreka in der bisherigen Form darf es keine Zukunft geben.
Vor fünf Jahren habe die Branche wegen ihrer Unsicherheit auf dem E-Book-Markt den Verband und die MVB beauftragt, sicherzustellen, dass der Zugang zu digitalen Büchern nicht zu einem Monopol branchenfremder Internetanbieter wird, erklärt Moritz Hagenmüller (2.v.l.) Geschäftsführer des Buchgroßhändlers und Handelsdienstleisters Libri: „Irgendwann war diese Voraussetzung aber gar nicht mehr gegeben und die Volltextsuche Online (VTO) hat eine Eigendynamik entwickelt. Mit den damit geweckten Erwartungen und aus dem Zusammenhang gerissenen kommunizierten Zahlen wird die Branche für dumm verkauft.“ Libri bezeichnet sich als führend bei Online-Shop-Lösungen und hat bereits seit einem Jahr E-Reader mit Buchhändler-Link im Angebot.
„Dass die MVB und damit der Börsenverein als Konkurrent auftritt, ist nicht in Ordnung“, ärgert sich auch KNV-Einkaufsleiter Markus Fels. Der Stuttgarter Großhändler ist ebenfalls White-Label-Anbieter-Shopanbieter und bringt Mitte November den iRiver-Reader (139 Euro), der auch mit einem integrierten Webshop aufwartet, in den Handel.
„Die MVB sollte da tätig sein, wo die Marktteilnehmer als Einzelne überfordert sind und wo durch Monopolisierung Verarmung droht. Nicht Aufgabe der MVB ist hingegen der Versuch dort, wo ertragreiche Marktlücken erkannt werden, diese zu füllen“, meldet sich auch der KiBuLa-Chef Thees Wullkopf zu Wort, der in den letzten Jahren einen Schulbuchhandel aufgebaut hat.
Hagenmüller fordert nun den Rückzug der MVB: „Am konsequentesten wäre der vollständige Verkauf der Libreka-Aktivitäten und damit die Überführung in den privaten Markt. Die Zwischenbuchhandelssparte, in der ja untereinander ein sehr ausgeprägter Wettbewerb herrscht, hat sich zu derartigen Aktivitäten bereits nahezu einstimmig geäußert. Der Ausstieg der MVB aus diesen Geschäften bleibt unser Anliegen und wird früher oder später ohnehin betriebswirtschaftlich unumgänglich sein.“
Ich kann mich den übrigen Kommentatoren nur anschließen. Es ist traurig, der fortschreitenden Monopolisierung unserer Branche zusehen zu müssen.
Umso erstrebenswerter ist es, dass die MVB hier Alternativen aufzeigt, wie im E-Book-Bereich nun geschehen. Die Gier der Barsortimente ist erschreckend und es tut ganz gut, wenn Ihnen – die mit stetig knurrendem Magen nach jedem Markt schnappen – die Sortimenter mal auf die Pfoten hauen können.
Das Barsortiment vergisst seine Wurzeln, wenn es den Sortimenter vergisst. Und das stinkt.
Die MVB kann’s nur falsch machen: Erwirtschaftet sie keinen Gewinn, wird ihr Verschwendung von Mitgliedsbeiträgen vorgeworfen. Begibt sie sich auf ein Feld, auf dem sich Andere (z.B. Barsortimente) Gewinne erhoffen, ist es auch nicht recht. Solche Argumente kann man getrost als Stimmungsmache verstehen. Fast alle Dienstleistungen der MVB gibt es auch irgendwie an anderer Stelle (vom Geschenkpapier über die Kundenzeitschrift, Bestellanstalt, buchhandel.de, bis hin zum Börsenblatt), ohne dass diese deswegen in Frage gestellt werden.
Man kann die Argumentation auch umdrehen: Soll denn der Börsenverein jede sinnvolle Tätigkeit einstellen, sobald diese in ähnlicher Form von einem Mitglied angeboten wird? Wo ist denn da das Verständnis einen freien Marktes?
Die einzig entscheidende Frage ist doch, ob die Aktivitäten der MVB einen Nutzen für die überwiegende Zahl der Mitglieder stiften, der ohne sie nicht da wäre. Und das steht bei den Aktivitäten zur eBook-Vermarktung außer Frage. Für das Sortiment wäre die Alternative ein Quasi-Monopol von zwei Anbietern, und so was ist für die Abnehmerseite nie von Vorteil.
Wer wird hier für dumm verkauft der Endkunde oder der Buchhändler, der sich einen diesen Shops „mietet“ ? Die Konditionen für Buchhandlungen sind bei KNV und Libri unter aller … Libreka bietet bei den Readern eine Spanne von 7,5% und bei den eBooks 20%. Die besten Konditionen bietet Ceebo der Whitelabel-Shop von Media-Control mit Schnitt 30% Rabatt. Im übrigen kann jeder Buchhändler seinen E-Book-Shop selbst betreiben und Verträge mit den Verlagsauslieferungen machen, nur sollte er dann auch entsprechende Volumina verkaufen. Da diese auch nächstes Jahr in Deutschland nicht zu sehen sind, scheint der Kern der Auseinandersetzung um die MVB ein anderer zu sein.
Endlich ist die MVB mit einer solchen Komplettlösung gekommen – das war auch Zeit! Und notwendig!
Die Konditionen der Barsortimente für EBooks sind katastrophal und laufen darauf hinaus, dass der unabhängige Buchhandel auch von den Barsortimenten aus dem Digitalgeschäft gekickt wird. Szenario im Buchhandel: Übrig bleiben die großen Filialisten und die Barsortimente mit Franchiseketten.
Den BS ist die wirtschaftliche Lage des unabhängigen Buchhandels bestens bekannt, auch die unternehmensstrategische Lage.
Wir brauchen eigentlich noch viel mehr Dienstleistungen, nicht nur das VlB (das die beiden großen BS auch nur zu gerne verschwinden lassen wollten), nicht nur Libreka und dem EBook-Angebot.
Was wäre ohne die MVB? Vielleicht würden die BS über die Webshops nicht einmal 5% Rabatt/Provision bei EBooks bieten, sondern wir hätten noch dankbar zu sein, dass wir mit unseren Namen den Zugang zu den BS-Shops bieten dürfen.
Wir finanzieren die BS wesentlich mit, wir haben mit dem Funktionsrabatt die Expansion und die Innovationskraft dieser Unternehmen gewährleistet, und müssen jetzt zusehen, dass sie allmählich über die Nebenmärkte (siehe jüngster Deal) immer mehr Konkurrenz für uns schaffen.
Natürlich ist es bei über 3.000 unabhängigen Sortimentern nahezu unmöglich, eine einheitliche Stimme zu bilden, aber es ist Zeit, dass wir dem aggressiven Auftreten einiger unserer wichtigsten Lieferanten Grenzen setzen.
Die MVB ist ein Wirtschaftsbetrieb des Börsenvereins, und die Mitgliedsbuchhandlungen bis 1 Mio. Euro Umsatz haben so viel zum Beitragsaufkommen beigetragen wie die gesamte Verlagsbranche. Den Rest teilen sich die größeren Buchhandlungen, die Filialketten und der Zwischenbuchhandel. Dafür erwarte ich von den Wirtschaftsbetrieben eigentlich noch viel mehr Dienstleistungen für das Sortiment, Dienstleistungen, die unsere Konkurrenzfähigkeit gewährleisten und uns nicht ausziehen wie die BS-Konditionen wie z.B. bei den EBooks.