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Die Scheck-Debatte

Zumindest eines darf man dem SWR und Denis Scheck lassen: Mitten in eine noch immer tobende Debatte um den Platz, den das Buch im TV oder Hörfunk einnimmt, lassen Sender und Kritiker ein paar knisternde Effekte krachen und rücken Literatur wieder in den Fokus. Allerdings nicht eben freundlich. In „Schecks Anti-Kanon“ bespricht eben jener die „schlechtesten Bücher der Weltgeschichte“. Das ist für sich allein genommen schon ein kaum zu bewältigender Anspruch und glücklicherweise hat der Sender mittlerweile den völlig überflüssigen Blick auf Hitlers „Mein Kampf“ aus der Mediathek entfernt. Trotzdem dürfen sich nun Autor:innen wie Sebastian Fitzek oder Christa Wolf gleichermaßen unhöflich in die Nachbarschaft des „Führers“ gerückt sehen – ist das eigentlich unterhaltsam?

Denis Scheck. (Foto: SWR, Christian Koch)

Wie zu erwarten war, löste Schecks (bewusst ironisch) ganz in gottgleiches und reines Weiß getauchte Verriss-Orgie nicht überall Begeisterung aus. Um es vorsichtig zu sagen. Zwar ist der literarische Verriss eingeführt und eine ganz eigene Kunstform, doch hier erntet der Kritiker selbst Kritik; und mit ihm auch der SWR. In den bisherigen Besprechungen der kleinen Serie (derzeit sind sechs Episoden verfügbar) wird Scheck ein „Clown“ genannt (SPIEGEL), die Serie als „Entwürdigung der Literaturkritik“ („Deutschlandfunk“). Die „Leipziger Volkszeitung“ wertet, Scheck verhebe sich mit seinem Verriss. Und die Wochenzeitung „derFreitag“ nennt das Ganze einfach eine „miese Pointe“.

Gute Kritiken lesen sich anders – und so passt das alles ja auch ins Bild. Wer Medienberichte querliest, stößt schnell auf die bekannten Vorbehalte. Scheck stelle oft den Effekt über die Idee, das Bild über das Wort. Zuletzt ritt er an der Seite der gestrengen Juli Zeh durch den Wald und führte hoch zu Ross Gespräche über Literatur. Vom hohen Ross herab: War das so gewünscht?

An Schecks Anti-Kanon entzündet sich im Sinne des Wortes auch deswegen Kritik, weil der scherzhaft gemeinte Effekt, die kritisierten Bücher am Ende des Verrisses aus dem Ärmel heraus zu „pulverisieren“, manche an die Bücherverbrennungen in dunklen Zeiten erinnert. Das mag weit übers Ziel hinausgeschossen sein, schließlich erinnert es ja deutlich mehr an Star-Wars-Filme jüngerer Zeit. Aber ob es überhaupt sein muss, Büchern und Autor:innen derart grafisch hinterherzutreten, die ihr Publikum finden, darf man in Frage stellen.

Karin Schmidt-Friderichs nicht erfreut

Am Dienstag meldete sich auch Börsenvereins-Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs zu Wort. „Effekthascherei auf schwachem Niveau“ wertet sie. „Man kann dem literarischen Kanon einen Anti-Kanon entgegensetzen und sich wortgewaltig am Verriss erfreuen, das muss sie aushalten, die Branche, die natürlich lieber sähe, wenn sich jemand mit derartiger Sprachkraft auf die Suche nach den vielen Trüffeln der Literatur machte“, so Schmidt-Friderichs. Die Optik in Weiß nerve bald und überhaupt müsse man die Frage stellen, warum ein „seriöser Literaturkritiker“ sich an Titeln abarbeite, die sich doch eigentlich gar nicht an solchen Ansprüchen ausrichteten? Schmidt-Friderichs nüchtern: „Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen wurden schließlich auch noch nie mit der Goldenen Palme in Cannes geehrt.“

Die Vorsteherin kritisiert, dass Scheck sich wortgewaltig Autor:innen in den Weg stelle, die an einem solchen Zweikampf gar nicht teilnehmen wollten. „Das ist kein Fairplay, das ist Bücher-Jahrmarkt.“

Ihr Fazit fällt deutlich und nicht minder stark aus als Schecks Anti-Kanon selbst: Es seien Stammtischparolen, was Scheck da wortgewandt verbreite. Die Redaktion müsse wohl unter „Corona-Fatigue“ gelitten haben, als das Format ins Leben gerufen wurde.

„Ich wünsche mir, dass in einem der nächsten Redaktionsmeetings darüber gesprochen wird, was die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in einer Zeit von Hate Speech und Fake News, Corona und Hochwasserkatastrophen ist. Darüber, welche Verantwortung Sender für ihre etablierten und geschätzten Marken haben. Und darüber, ob billige Lacher über Gegner weit unter Niveau die adäquate Währung sind. “

SWR will reagieren

Die Kritik ging am SWR nicht spur- und reaktionslos vorüber. Den Beitrag über „Mein Kampf“ nahm der Sender schnell offline. Und in künftigen Ausgaben wolle man den optischen Effekt der Buchzerstörung etwas anders gestalten.

Man wolle auch deutlicher herausstellen, dass jedes Buch für sich allein bewertet werde und kein Zusammenhang oder eine Nähe zu anderen Büchern bestehe.

 

Carsten Schulte schulte@buchreport.de

Kommentare

3 Kommentare zu "Die Scheck-Debatte"

  1. Ich bin froh, dass endlich einmal jemand die Sendung des Herrn Denis Scheck konstruktiv kritisiert.
    Vielen Dank, Herr Schulte!
    Viele Grüße, Ute Evers

  2. Guten Tag,
    auch bei Ihnen Gendersprachfaschismus. Sie diskreditieren sich damit gewaltig. Jedes Wort von Ihnen stinkt nach billiger Probaganda, kein Argument ist für den ernsthaften Diskurs brauchbar. Wer Gender schreibt, zeigt sich als Mitläufer und -schwätzer.
    Nun, wie gefällt Ihnen dies?
    Grüße von Uwe Klos

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