Ergeben sich durch Google+ neue wirtschaftlich relevante Möglichkeiten für Verlage und Buchhandlungen oder wird das US-Unternehmen dem mächtig gewordenen Facebook-Konkurrenten unterliegen? Welche Bereiche jetzt ins Blickfeld der Branche rücken sollte, erläutert Social-Media-Expertin Julia von dem Knesebeck (Foto) im Interview mit buchreport.de.
Kann Google den Facebook-Vorsprung noch einholen?
Die Kalifornier sehen durch Google+ eine Möglichkeit, den Vorsprung von Facebook im Bereich „human driven search“ aufholen zu können. Es gibt sicherlich keine „Killer Applikation“ mittels der einzelne Anbieter das Rennen gewinnen können, denn dies ist ein Dauerlauf.
Die von Google+ avisierte Möglichkeit, Kontakte im Netz in so genannte „circles“ zu gruppieren und nur bestimmte Personengruppen anzusprechen (Schulfreunde, Kollegen, Seminarteilnehmer) oder Gesprächsrunden in so genannten „huddles“ abzuhalten, ist – sofern richtig umgesetzt – sehr erfolgsversprechend.
Verlage sollten die Augen offen halten und immer auf dem Laufenden sein, wo sich ihre Leser (und Käufer) aufhalten. Vor allem die „circles“ und „huddles“ könnten sich für Social Media Marketing sehr gut eignen. Sich auf ein Netzwerk zu konzentrieren, wäre genauso gefährlich, wie sich auf nur eine Buchhandelskette zu konzentrieren. Ob Facebook auch in fünf Jahren noch so beliebt sein wird, ist offen. Aber das Verhalten und die neue Art der Kommunikation der Internet-Nutzer hat sich dauerhaft geändert – unabhängig davon, wo im Netz sich diese Kommunikation abspielt.
Zusätzlich zum Social Media Marketing ist für Verlage entscheidend, auf bereits produzierte Inhalte zu setzen, um gefunden zu werden. Der Vorteil von Google+ gegenüber herkömmlicher Suchmaschinenoptimierung: Der Nutzer kann mit Inhalten, die ihm gefallen, interagieren. Mittelfristig wird ein Outsourcing der Suchmaschinenoptimierung an die Nutzer stattfinden – für Verlage eine große Chance.
Hat die soziale Empfehlung die Suche im Netz abgelöst?
Die soziale Empfehlung wird in Zukunft für Verlage der Treiber für Reichweiten sein. Eine gute Entwicklung, da Empfehlungen des sozialen Netzwerkes für einen Nutzer immer mehr Relevanz haben werden als die einer Maschine. Da das wesentliche Geschäftsmodell von Google das AdWords-Geschäft ist, wird das Unternehmen darauf achten, soziale Komponenten in die Suche zu integrieren. Google integriert bereits Facebook-Informationen in Suchergebnisse, und wird sicherlich auch Informationen aus Google+ einbinden. Von Nutzern gut bewertete Informationen aus Sozialen Netzwerken werden durch Google bereits entsprechend höher bewertet, was die Wichtigkeit der sozialen Komponente unterstreicht.
Wie weit ist die Buchbranche im Bereich Social Media Marketing?
Social Media Marketing steckt in den Kinderschuhen – in jeder Branche. Die Buchbranche fängt gerade an, die Chancen des Social Media Marketings aufzugreifen. Wir sind mit unserer Agentur seit 2009 aktiv dabei, gemeinsam mit Playern der Branche Strategien zu entwickeln und Erfahrungen zu sammeln, wie gutes Social Media Marketing für Bücher und Hörbücher aussehen kann. Viele wollen zwar Social Media Marketing betreiben, sind aber unsicher, wer die entsprechenden Aufgaben übernehmen soll: Presse, Marketing oder Vertrieb. Hinzu kommt, dass es oft kein Budget gibt und deshalb eine gewisse Umverteilung stattfinden muss. Unserer Einschätzung nach werden der wirkliche Durchbruch und die Akzeptanz in der Branche erst mit der zunehmenden Relevanz von E-Books einhergehen. Dafür ist Social Media Marketing nämlich wie gemacht.
Welche Perspektiven haben Shops in Facebook?
F(acebook)-Commerce ist eines der heißesten Themen momentan. Es ist die natürliche Weiterentwicklung der sozialen Empfehlungen und macht das Einkaufen noch einfacher. Die Chance im F-Commerce liegt darin, dass es mehr ist, als nur Commerce. E-Commerce-Händler und vor allem auch starke Marken (Produkte wie Personen) können auf diese Weise soziale Reichweite ausbauen und monetarisieren. Spannend für den Buchmarkt ist, dass Anbieter (zum Beispiel Sellaround.net) den Vertrieb von E-Books und P-Books gleichermaßen anbieten und somit neue Absatzkanäle generieren können.
Die Fragen stellte Lucy Kivelip
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