Denn mit offenen Briefen lässt sich diese Debatte nicht versachlichen, die ohnehin schon diffus verläuft. Je länger der mit martialischem Vokabular ausgefochtene Kampf, desto unschärfer werden die Waffen, so scheint es.
Es geht nicht primär um Konditionen. Das Empörungspotenzial ist eigentlich gering, denn was Amazon fordert, ist im Wettbewerb schon Realität. Bei Google und Tolino sind Anteile für den Shop auch jenseits von 40%, wie man hört, nicht exotisch. Hinzu kommt, dass es doch nur legitim erscheint, dass Amazon angesichts der Umstellung der Umsatzbesteuerung auf das Bestimmungslandprinzip (bei Verkäufen an deutsche Kunden 19 statt 3%) die Verteilung neu verhandeln will – und dabei weg will von der 30%/70%-Aufteilung, wie sie bei Agency-Verträgen üblich war.
Also sind es die Daumenschrauben von Amazon, wo Bonnier-Titel als Strafe verzögert ausgeliefert werden? – Klingt nicht besonders gefährlich in einer Branche, in der Filialisten kleine Titel erst gar nicht ans Zentrallager nehmen oder Programme komplett auslisten, wenn es am Verhandlungstisch nicht weitergeht. Oder, je nach eigener wirtschaftlicher Lage, von Verlagen Expansions- oder Rückbau-Boni verlangen.
Zu spät ist es aber nicht für eine Marktkorrektur. Die Tolino-Allianz beweist, dass Mut, Entschlossenheit und Gemeinschafts- statt Kirchturmdenken zum Erfolg führen können. In der englischsprachigen Welt demonstriert HarperCollins, wie moderner Direktvertrieb aussieht (siehe die Online-Themenwelten zu C.S. Lewis „Narnia“). Für Kunden ist solch eine Action letztlich überzeugender als falsch platziertes Lamento.
aus: buchreport.magazin 9/2014
Danke für eine sehr reflketierten anstatt in dieser Branche üblich nur wütenden und diffarmierenden Kommentar