Das 1. Halbjahr hat der US-Buchhandel mit 7,05 Mrd Dollar Umsatz trotz der Turbulenzen um die Borders-Pleite besser als erwartet auf Vorjahresniveau hinter sich gebracht. Jetzt wächst jenseits des Atlantiks die Zuversicht, dass die traditionell stärkere zweite Jahreshälfte in der Endabrechnung für das dringend nötige Plus vor dem Komma sorgen wird.
Gestützt wird der vorsichtige Optimismus von den Publikumsverlagen, die im Herbstprogramm opulent auffahren. Während die meisten Amerikaner noch ihre Sommerferien genießen, legen die Verlage letzte Hand an die Titel, auf denen die Hoffnungen für das Weihnachtsgeschäft ruhen. Das Thema, um das sich im Vertrieb alles dreht, sind die Startauflagen der Printausgaben: Sie auch nur einigermaßen verlässlich zu berechnen, ist durch das explosive E-Book-Geschäft fast unmöglich geworden.
Verlage fahren die Startauflagen (teilweise) zurück
Die Verlage haben die Konsequenzen gezogen. Der in den letzten Jahren wiederholt angekündigte, aber regelmäßig in Ansätzen steckengebliebene Tritt auf die Auflagenbremse funktioniert diesmal: Nie zuvor hat der monatliche Auslieferungskalender von „Publishers Weekly“ so viele Startauflagen zwischen 50000 und 100000 Exemplaren gelistet wie im Herbst 2012.
Ganz besonders schwer haben es neue Namen: Selbst die jüngst vom „Wall Street Journal“ als Nachfolgerin von J.K. Rowling gehypte Erin Morgenstern, in deren Fantasy-Debüt „The Night Circus“ viele US-Buchhändler große Erwartungen setzen, schickt Doubleday lediglich mit 125000 Exemplaren ins Rennen; vor einem Jahr wäre das Doppelte oder Dreifache normal gewesen.
Doch E-Book hin oder her, der Sparkurs hat auch seine Grenzen. Vor allem wenn es um ihre erste Autorengarde geht, machen die Publikumsverlage nach wie vor Startauflagen locker, die in Deutschland kaum nachvollziehbar sind: Allen voran die 6 Mio Hardcover, mit denen Jeff Kinneys „Cabin Fever“, der sechste Teil der „Diary of a Wimpy Kid“-Reihe (Deutsch: „Gregs Tagebuch“), am 16. November endgültig in Harry Potter-Regionen vorstößt.
Als gäbe es weder die schwächelnde Konjunktur noch die E-Book-Konkurrenz, greifen die Verlage für ihre Stars in die Vollen: Zwischen September und Dezember weist „Publishers Weekly“ aktuell neun Neuerscheinungen mit einer Startauflage von 1 Mio, weitere sieben sogar zum Teil deutlich darüber aus.
Die Publikumsverlage fahren konsequent auf, was amerikanische Buchleser gebunden bevorzugt in hohen Zahlen konsumieren: John Grisham, Stephen King, Nicholas Sparks etc. Im Sachbuch sind die Kennedys Hyperion 1 Mio Hardcover wert. Caroline Kennedy gibt die Gespräche ihrer Mutter Jacqueline Kennedy mit dem Historiker Arthur M. Schlesinger dreieinhalb Monate nach der Ermordung von John F. Kennedy heraus. Die Interviews waren seit 1963 unter Verschluss.
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