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Differenzieren statt kannibalisieren

Als Alexander Skipis Anfang September die Teilnehmer der Zukunftskonferenz verabschiedete, fiel sein Fazit der zweitägigen Dauerdiskussion über die Agenda 2025 erstaunlich optimistisch aus: Bei allen Um- und Wegbrüchen in einzelnen Bereichen, der Gesamtumsatz der Branche werde durch die Digitalisierung steigen. Ein Signal, das Mut machen sollte, besonders den Sortimentern, von denen die meisten bislang am digitalen Katzentisch sitzen. Doch der Blick in die USA und nach England offenbart aktuell beunruhigende Tendenzen.

Auf dem größten Buchmarkt der Welt sind Verleger und Buchhändler noch immer geschockt angesichts der Statistik der Verlegervereinigung AAP, nach der die Erlöse mit Taschenbüchern in den USA im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat um beinahe zwei Drittel eingebrochen sind. Bei gebundenen Kinder- und Jugendbüchern (–31%) und Erwachsenen-Hardcovern (–25%) sieht die Situation ebenfalls düster aus.

GB: Schlechteste Zwischenbilanz seit 2005

Ein ähnliches Bild ergibt sich in Großbritannien. Nach einem schwachen Juli sorgte auch der August für eine tiefe Delle: Der von BookScan ermittelte Buchhandelsumsatz mit ge­druckten Büchern lag um 8% hinter dem Vorjahresmonat zurück. Auch der deutsche und weitere europäische Buch­märkte schwä­cheln deutlich, wobei sich offenbar mehrere Entwicklungen vom Einkaufsverhalten über den Medienwandel bis zu fehlenden Toptiteln verstärken.
Auf der Suche nach den Ursachen der Misere verweisen die US-Analysten naheliegenderweise auf den Sondereffekt der Borders-Pleite und mantraartig auf den kontinuierlichen Einfluss der Digitalisierung, soll heißen: Kannibalisierung. Ein Trend, der sich spätestens im Februar 2011 abgezeichnet hatte, als in den USA erstmals mehr Umsatz mit E-Books als mit Taschen­bü­chern erzielt wurde.

Die Reaktion der Taschenbuch-Verlage ist naheliegend: Der Abstand zum Hardcover wird verkleinert, um die Attraktivität der Paperbacks zu erhöhen. Die treibende Kraft ist auch hier das E-Book, das oft zeitgleich zur gebundenen Ausgabe auf den Markt kommt. Wohin diese Entwicklung führt, ist nicht abzusehen. Klar ist nur, dass die digitalen Bücher auf den Markt einen so großen Druck ausüben, dass die traditionellen, auf Print und Printableitungen fokussierten Verlagsstrukturen dem nicht mehr genügen.

Die Konkurrenz der Formate entschärfen

Sollte die Evolution der deutschen Branche weiterhin dem US-Kurs folgen, dürften die Sorgenfalten besonders der Taschenbuch-Verleger auch hierzulande bald tiefer werden – im vergangenen Jahr verlor das Segment bereits 4% an Umsatz gegenüber 2009 und auch in diesem Jahr hat sich der Negativtrend fortgesetzt.
In dieser Situation könnte Differenzieren statt Kannibalisieren Druck vom Markt nehmen.

Erst wenn es den Verlagen gelingt, viel mehr originäre Inhalte für die digitale Schiene zu entwickeln, wird der Kampf der Formate entschärft. Auf einem guten Weg ist dabei Bastei Lübbe mit einem eigenen Lektorat für originäre digitale Formate. Um auf diesem Neuland zu reüssieren, sind Experimente hinsichtlich Umfang, Preissetzung und Erscheinungsweise erforderlich, mit denen voraussichtlich erhebliche Anlaufverluste einhergehen. Verglichen mit den drohenden, teilweise verhinderbaren Printeinbußen sind diese Kosten aber zu verschmerzen.

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