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Digitales Marketing fängt bei guten Metadaten an

Selbst große Verlage liegen beim digitalen Marketing hinter anderen Branchen zurück, meinen Mike Shatzkin (Foto: li.) und Peter McCarthy (re.). Die US-Berater (The Logical Marketing Agency) beschreiben im Interview, wo die Verlage ansetzen sollten – und wie ein umfassendes Digitalmarketing aussehen könnte.

Shatzkin gehört zu den bekanntesten US-Verlagsberatern, in seinem Blog The Shatzkin Files verfolgt Shatzkin die zentralen Trends der Branche, mit besonderem Fokus auf die Bruchstellen und Zäsuren.
Peter McCarthy war Vice President of Marketing Innovation bei Random House und hat sich dabei insbesondere mit digitalem Marketing beschäftigt.

Selbst die größten Verlage haben beim digitalen Marketing Nachholbedarf, schreiben Sie. Inwiefern?
Mike Shatzkin: Dort ist eine ganz neue Kompetenz erforderlich, für die Verlage nicht gerüstet sind. Hinzu kommt, dass Bücher eine große Herausforderung sind, weil der Markt so stark diversifiziert ist. Andere Produkte und Services wie Musik oder Hotels haben einen kohärenten Markt, bei uns hat jedes Buch seinen eigenen Markt.
Der Kindle als Initialzündung des digitalen Publikumsbuchmarktes ist bereits vor sieben Jahren gestartet – so neu scheint die Herausforderung nicht zu sein.
Michael Shatzkin: Verwechseln Sie digitalen Vertrieb nicht mit digitalem Marketing, das sind total verschiedene Bereiche.
Aber vor der Kindle-Einführung war digitales Marketing zumindest für E-Books nicht so interessant für Verlage.
Peter McCarthy: Interessant schon, aber die Verlage haben damals nicht verstanden, wie sie ihre Bücher digital vermarkten sollen.  Für die Verlage war B2B-Marketing eine Kernkompetenz, deshalb haben die Verlage Anzeigen in der „New York Times“ angekündigt, letztlich um dem Buchhändler zu zeigen: Wir sind bereit, viel in Marketing zu investieren. Auch den Autoren und Agenten hat dies gefallen. Erst als sich abzeichnete, dass die Onlinekanäle auch für gedruckte Bücher immer wichtiger werden, haben die Marketing-Leute in den Verlagen erkannt, dass neue Strategien und Fähigkeiten fürs digitale Marketing erforderlich sind.
Wo gilt es dabei zunächst anzusetzen?
Peter McCarthy: Bei den Metadaten. Bei den allermeisten Backlist-Titeln der Verlage bestehen die Metadaten aus den Klappentexten der gedruckten Ausgaben, zugeschnitten auf jemanden, der sich im Buchhandel informieren will. Wenn aber jemand bei Amazon ein Kinderbuch für Siebenjährige sucht, wird er mit diesen Metadaten nicht weiterkommen. Dafür müssten die Metadaten angereichert werden: Ist das Buch eher für siebenjährige Jungen oder Mädchen? Mit Drachen oder Zauberern? Es geht erst einmal darum zu zeigen, was das für ein Buch ist, bevor der Inhalt beschrieben wird. Wir führen zu diesem Zweck im Auftrag von Verlagen richtige Recherchen durch.
Welcher Art?
Wir schauen uns zum Beispiel an, wie die Zielgruppe etwa in Social Media kommuniziert, welche Formulierungen und Wörter und vor allem welche Suchwörter – „Buch für siebenjährige Mädchen kaufen“ –  verwendet werden. Wie lässt sich die Zielgruppe demografisch fassen, welches Glaubenssystem haben sie, in welcher Lebensphase sind sie – haben sie Kinder?  
Woher bekommen Sie die Daten?
Peter McCarthy: Überall her. Es gibt auf dem Markt genügend Werkzeuge, es kommt nur darauf an, dass diese auch bei Büchern funktionieren. 
Solche Analysen für einzelne Bücher zu erstellen, erscheint sinnvoll und realistisch, aber für tausende Backlisttitel?
Peter McCarthy: Das ist für die Verlage selbst neben der sonstigen Arbeit kaum zu schaffen. Drei bis fünf Stunden zu investieren, um einem Backlisttitel die bestmöglichen Voraussetzungen beim digitalen Marketing zu verleihen, ist angesichts von vielen Konferenzen und Telefonaten mit Agenten und Autoren kaum zu schaffen.
Mike Shatzkin: Die Verlage haben dafür kein Personal. Ein generelles Problem bei der digitalen Wende ist die Verteilung der Ressourcen in den Verlagen. Die meisten Erfordernisse der vordigitalen Buchwelt sind nicht verschwunden: Verlage benötigen noch Vertreter, eine Herstellungsabteilung, einen Vertrieb. Die Digitalisierung substituiert Umsätze, doch die Verlage können darauf personell nicht so schnell reagieren. Das ist eine riesige Herausforderung.
Ihre Devise lautet also, solche Dienstleistungen – möglichst an Ihr Unternehmen – auszulagern?
Mike Shatzkin: Lassen Sie es mich so formulieren: Ich kenne keinen in der Branche, der auf diesem Gebiet ein so fundiertes Wissen hat, wie es sich Peter McCarthy bei Random House angeeignet hat. Er arbeitet mit 130 verschiedenen Tools, die er als Coder für seine Zwecke umbauen kann. Ich würde aber gerne sein Wissen auf möglichst viele Verlage verteilen, und das für einen bezahlbaren Preis. Es bleiben aber viele Aufgaben, die Verlage nicht outsourcen sollten.
Wie muss es für Verlage nach der Optimierung der Metadaten weitergehen?
Peter McCarthy: Wir unterscheiden das grundlegende von umfassendem Digitalmarketing. Die durch die Anreicherung von Metadaten verbesserte Discoverability ist wichtig, wenn es um das Google-, Amazon- oder Apple-Universum geht. Die umfassende Optimierung reicht aber darüber hinaus: Wie können die Webseite des Autors oder dessen Social-Media-Präsenz verbessert werden? Twittern Autoren zur richtigen Zeit – oder verfehlt ein britischer Autor sein US-Publikum regelmäßig? Ist Pinterest ein gutes Medium? Wir suchen dabei nach Lücken und Chancen. Die erfolgreichsten Firmen nutzen das Digitale als Business Intelligence-Sammelstelle. Die Business Intelligence kann dann in allen möglichen Abteilungen eingesetzt werden, von der PR bis hin zum Vertrieb. 
Random House hat eine eigene Abteilungen für Marktforschung. Ein richtiger Schritt?
Peter McCarthy: Ja, sicher. Für Verlage ist dies noch eine Ausnahme, in der Konsumgüterindustrie dagegen gang und gäbe. Der Bodenreiniger Swiffer wurde von Müttern erfunden, nicht von Procter und Gamble.

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