Hat die deutsche Medienbranche ihre Hausaufgaben gemacht? Wie viel verstehen ihre Akteure von digitalen Technologien? Die Studie „Fit für das digitale Zeitalter?“ des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens KPMG und Forschern der Ludwig-Maximilians-Universität München zeigt, dass der Wille da ist, es vielerorts aber an ausgereiften Strategien mangelt (Foto: Robert Churchill).
Die zentralen Befunde aus dem Innenleben der deutschen Medienbranche:
- Die meisten Medienhäuser wollen in den Aufbau digitaler Technologien investieren und sind im Extremfall sogar im Begriff, sich in Technologieunternehmen zu verwandeln. Vor allem in Produktion/Redaktion, IT, Marketing, Vertrieb und Produktentwicklung soll in den kommenden Jahren Geld fließen.
- Viele Unternehmen zögern jedoch beim Aufbau digitaler Geschäftsfelder und konzentrieren sich weiter auf ihre Kernprodukte: Nur wenige (große) Medienunternehmen sind in den Bereichen Datendienste, Softwareentwicklung für Dritte oder E-Learning umfangreich tätig oder planen eine breite Expansion. Insgesamt, so meinen die Autoren, fehle wohl noch die Kompetenz für diese technologielastigen Angebote. Nur der elektronische Handel kann einigermaßen mit dem klassischen Mediengeschäft mithalten: Derzeit ist ein knappes Drittel der befragten Unternehmen im E-Commerce aktiv (Grafik: KPMG).
- Innovative Technologien polarisieren. Social-Media-Plattformen und Streaming-Konzepte haben sich etabliert, Big-Data-Tools werden bislang kaum genutzt. Cloud-Computing wird von über 40% eingesetzt – ist aber für fast genauso viele aktuell kein Thema.
- Innerhalb der Unternehmen werden Technologien nicht mehr ausschließlich dazu genutzt, um Arbeitsabläufe einfacher, schneller und bequemer zu gestalten (etwa durch Content-Management-Systeme) und die Kosten¬ zu senken: Die Hälfte der Befragten hofft auf Umsatzsteigerungen durch E-Commerce und E-Learning. Social-Media-Aktivitäten sollen zudem die Kundenbeziehungen verbessern.
- Die größte Herausforderung beim Ausbau technologischer Kompetenz ist laut Studie die Beschaffung von Personal und Kapital: „Dies ist kein unüberwindbares Hindernis, aber die Herausforderung ist umso größer, wenn Umsätze stagnieren oder gar schrumpfen“, schreiben die Autoren. Bedenken bezüglich Sicherheit und Datenschutz sind für rund ein Drittel der Medienunternehmen ein Hindernis.
Insgesamt sehen sich 60% der befragten Unternehmen auf einem guten Digitalisierungsweg. Allerdings fehlt bei der großen Mehrheit (90%) eine übergreifende Technologiestrategie. Ein problematischer Punkt scheint auch die Geschwindigkeit der Umsetzung technischer Innovationen zu sein. Hier sehen sich Medienunternehmen eher im Mittelfeld. Lediglich ein Drittel betrachtet sich selbst dort als gut oder sehr gut positioniert. Dies sei problematisch, heißt es in der Studie, entwickelten sich digitale Technologien und damit verbundene Marktchancen bekanntermaßen schnell.
Über die Studie
115 Entscheider aus etablierten Medienunternehmen gaben im Sommer 2015 in einer Onlineumfrage ihre Einschätzungen ab.
Die Printbranche (Bücher, Zeitschriften, Zeitungen) ist mit 61% am stärksten vertreten. Buchverlage stellten 23% aller Teilnehmer, die Verlagsgruppe Random House wurde als einer von vier exemplarischen Unternehmensfällen ausführlicher betrachtet.
Den Großteil der Stichprobe (56%) bilden Unternehmen mit einem Umsatz von bis zu 5 Mio Euro jährlich. Rund ein Viertel sind Unternehmen mit mittleren Umsatzgrößen. Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 101 Mio Euro sind mit 10% in der Minderheit.
Kommentar hinterlassen zu "Digitalisierung? Ja, aber"