Die Digitalisierung hat die Kinderzimmer erreicht: Auch die Jüngsten spielen immer mehr auf dem Smartphone, ihre Eltern kaufen zunehmend Bücher und Spielwaren online und alle Familienmitglieder kommunizieren verstärkt über soziale Medien. Der Spiele- und Buchverlag Ravensburger reagiert mit einem Kurswechsel und setzt verstärkt auf agile Methoden und interdisziplinäre Teams bei der Produktentwicklung.
Ravensburger habe „ein respektables Jahresergebnis erzielt“, zieht Finanzvorstand Hanspeter Müller Bilanz. Im vergangenen Geschäftsjahr 2017 habe das Unternehmen (wie berichtet) 471,1 Mio Euro Umsatz erzielt. Daraus ergebe sich ein Jahresüberschuss von 23,7 Mio und 5% Umsatzredite nach Steuern. Im Vergleich zum Vorjahr hätten Sondereffekte das Ergebnis um 8,4 Mio Euro geschmälert: Ravensburger habe angesichts der angespannten Lage des Spielwarenhandels – darunter Insolvenzverfahren von zwei internationalen Spielwarenketten – seine Rückstellungen deutlich erhöht.
Die einzelnen Geschäftsbereiche im Detail:
- Der mit 85% Umsatzanteil wichtigste Geschäftsbereich Spielwaren blieb mit 398,8 Mio Euro Umsatz stabil. Im Inland ging der Umsatz im Jahresvergleich um 10% zurück – das Unternehmen erklärt dies durch ein einmaliges, umfangreiches Sondergeschäft in 2016. Im Ausland legten die Spielwaren in Summe um 5,5% zu.
- Im Kinder- und Jugendbereich ging der Umsatz (parallel zur Marktentwicklung) um 1,8% zurück auf 63,7 Mio Euro. Die Gruppe begründet dies mit Sondereffekten und der Konsolidierung eines Segments. Positiv habe sich dagegen das Kerngeschäft entwickelt, sodass man in neue Initiativen wie die Gründung des in Hamburg ansässigen literarischen Kinderbuch-Imprints Hummelburg investiere (buchreport.de berichtete).
Damit belegt Ravensburger Platz 26 im Ranking der 100 größten Buchverlage 2018. Der Gesamtumsatz des Ravensburger Buchverlags von 63,7 Mio weist neben den Buchumsätzen auch das in buchhändlerischen Verkaufsstellen mitvertriebene Auswahlsortiment des Ravensburger Spieleverlags aus.
Langfristige Neuausrichtung mit Blick auf die Digitalisierung
Mit Blick auf das veränderte Konsumverhalten der Zielgruppen verfolgt Ravensburger langfristig neue Wege:
- Das haptische Produkt werde weiterhin im Zentrum stehen, werde aber um digitale Wege erweitert.
- Die Entwicklung kompletter Produktwelten soll dabei in den Fokus rücken.
- Vertrieben würden die Produkte – stationär wie online – in allen Handelskanälen, die der Konsument für den Kauf nutzt.
- Auch in der Kommunikation rürücke Ravensburger mit personalisierter Kundenansprache und maßgeschneiderten Angeboten näher an den Konsumenten heran.
Die neue Strategie geht auch mit veränderten Arbeitsmethoden einher:
- Ravensburger setzte 2017 neue Entwicklungsmethoden mit dem Ziel ein, Produkte optimal auf die Bedürfnisse der Konsumenten auszurichten und dabei auch die Time-to-Market zu reduzieren.
- Erstmals stellte das Unternehmen interdisziplinäre Teams auf, die in neuen Entwicklungsumgebungen wie dem „Innovation Campus“ mit agilen Methoden neue Produktwelten und -ideen erarbeiten.
- Kurze Time-to-Market und eine bereichsübergreifende Entwicklung verwirklichte Ravensburger auch mit „Tiptoi Create“, einer Weiterentwicklung des Ravensburger Bestsellers „Tiptoi“, die im Herbst auf den Markt kommen wird. Ein Team realisierte in einem gemeinsamen Prozess haptisches Produkt, digitale Inhalte, Download-Software und Marketingkampagne.
Mehr zu den neuen Arbeitsmethoden auch im buchreport-Interview mit der verlegerischen Geschäftsführerin Anuschka Albertz.
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