In der aktuellen buchreport-Umfrage zur Digitalvorschau haben erneut zahlreiche Buchhändler ihre Ablehnung der Digitalvorschau deutlich gemacht. „Abschaffen“, lautet mehrfach die lapidare Antwort auf die Frage: Was wäre jetzt am dringendsten in Sachen VLB-Tix zu tun? (Zu den konkreten Anregungen auf diese Frage geht es hier.)
Im Gegensatz zu früheren Umfragen (im Frühjahr 2018 und Herbst 2018) wird aber deutlich, dass sich mittlerweile viele Buchhändler intensiver mit dem Digitalvorschausystem beschäftigt haben und ihr Urteil und Vergleich mit der Arbeit mit der Papiervorschau differenzierter ausfällt. Ausgewählte Einschätzungen aus den Kommentaren der anonymen Umfrage (s. Kasten); die immer wieder vorgetragene Kritik an der Performance von VLB-Tix („zu langsam“) ist hier ausgeblendet.
Es gelingt nicht, Emotionen zu wecken. Ich kaufe weniger und lasse mich nicht so begeistern.
- Es fehlt der Überblick, den man bei der Papiervorschau auf Anhieb erhält, und die Bearbeitung nimmt zuviel Zeit in Anspruch. Wir sind so ein kleiner Betrieb, dass der Austausch mit den Kolleginnen im direkten Gespräch stattfindet.
- Nach wie vor finde ich das Arbeiten mit VLB-Tix angenehm, allerdings gelingt es nicht, Emotionen zu wecken. Ich kaufe weniger und lasse mich nicht so begeistern. Mir fehlt der schnelle Überblick, mit dem ich ohne Scrollen alles erfassen kann.
- Digitale Techniken sollten überzeugen und nicht aufgezwungen werden. Und das Ernstnehmen etablierter Arbeitsmethoden. Buchhändler sind keine Callcenter-Angestellten. Wie arbeiten mit gedruckten Produkten wesentlich effizienter als mit Computern.
Umfrage zur digitalen Vorschau
buchreport hat Mitte April 2019 eine Buchhandelsumfrage durchgeführt, an der sich auf E-Mail-Aufforderung online mehr als 280 Buchhandlungen beteiligt haben.
Die Teilnehmer setzten sich so zusammen:
- 46% sind kleinere Buchhandlungen mit bis zu 500.000 Euro Jahresumsatz.
- 27% setzen 0,5 bis 1 Mio Euro um.
- 18% bewegen sich in der Umsatzklasse ab 1 Mio Euro.
- 9% machten zur Unternehmensgröße keine Angabe.
Ihre VLB-Tix-Praxis schätzen die Umfrage-Teilnehmer so ein:
- 23% intensive Erfahrung
- 54% etwas Erfahrung
- 18% kaum Erfahrung
- 5% keine Erfahrung
- Nutzerfreundlichkeit kann nur entstehen, wenn man beim Programmieren nicht nur auf die Wünsche der Buchketten achtet und die Bedürfnisse seiner Nutzer kennt, die nicht aus den Buchketten kommen. Das ist beim Personal von MVB/VLB-Tix nicht der Fall. Man ignoriert bisher konsequent alle Kritik und versucht nicht einmal ansatzweise, etwas zu ändern. Dafür ist man stolz, die Software ins Ausland zu verkaufen, was nicht zur Aufgabe eines Wirtschaftsverbandes gehört.
- Es dauert alles wesentlich länger und ist kompliziert, wenn man Dinge vergleichen will. Papier: Aufschlagen, Knicke rein, Kommentare rein, weitergeben.
Uns fehlt die Zeit, stundenlang durch für uns völlig irrelevante Titel zu scrollen.
- Mir erschließt sich nicht, wie die Sortierung nach Relevanz zustande kommt, wenn ich mir die kompletten Novitäten für einen Monat aufrufe. Uns fehlt die Zeit, stundenlang durch für uns völlig irrelevante Titel zu scrollen. Bei den Papiervorschauen konnten wir durch Blick aufs Cover der Vorschau bzw. einen kurzen Blick hinein direkt feststellen, ob sie für uns relevant war oder nicht und mussten sie nicht komplett durchblättern. Für uns relevante Verlage auszuwählen dauert auch ewig.
- Nach Warengruppen zu filtern ist in einer allgemeinen Buchhandlung relativ sinnlos, wenn wir als Anabelisten unsere Novitäten monatlich warengruppenübergreifend bestellen wollen. Bei den Papiervorschauen konnten wir die entsprechenden Seiten rausreißen und in Mappen nach Erscheinungsmonat sortiert aufbewahren, bis es Zeit war für die Vorbestellung (meist etwa zwei Monate vorher). Das war für uns als kleine Buchhandlung das perfekte System. Eine äquivalente Vorgehensweise mit VLB-Tix haben wir noch nicht gefunden.
- Wir wären durch VLB-Tix gezwungen, uns Laptops anzuschaffen, da bisher viel Arbeitszeit in der Freizeit zum Durchsehen der Vorschauen verwendet wurde. Weder die Personaldecke erlaubt uns, dies ordentlich in der Dienstzeit zu erledigen, noch ist die Computergeschwindigkeit im Geschäftslokal ausreichend und wir verfügen über kein leistungsfähiges Wlan im Geschäft. Unsere Vertreterbesuche überschneiden sich auch manchmal – dies wäre nicht mehr möglich.
Wir haben nur 2 Computer in der Buchhandlung und die brauchen wir für Kundenbestellungen…
- Wir brauchen keine Hochglanzprospekte, es würde uns einfach eine Programmaufstellung der neuen Titel reichen. Wir haben nur 2 Computer in der Buchhandlung und die brauchen wir für Kundenbestellungen…
- Leider muss ich sagen: Zurück zur Printvorschau. Der einzige Vorteil ist in der Tat der Ressourcenverbrauch Papier, der nicht mehr anfällt. Die Bildschirmarbeit belastet die Augen, der PC ist ständig besetzt, die Printvorschauen lassen sich nebenbei oder gemütlich abends auf dem Sofa lesen. Man wird mit tausend Informationen überhäuft, findet aber wichtige Dinge wie Preis, Inhalt an unterschiedlichen Stellen, muss lange suchen. Bei der Printvorschau habe ich sofort alle wichtigen Dinge auf einen Blick erfasst. Kurzum, unsere komplette Buchhandlung (8 Personen) ist alles andere als begeistert.
- Für uns wäre das Wichtigste, dass die wichtigsten Autoren und Titel auch tatsächlich zuerst auftauchen, wenn man bei den monatlichen Novis nach Relevanz filtert. Mir erschließt sich nicht, wie die Sortierung nach Relevanz zustande kommt wenn ich mir die kompletten Novitäten für einen Monat aufrufe. Uns fehlt die Zeit, stundenlang durch für uns völlig irrelevante Titel zu scrollen. Bei den Papiervorschauen konnten wir durch Blick aufs Cover der Vorschau bzw kurzen Blick hinein direkt feststellen ob sie für uns relevant war oder nicht und mussten sie nicht komplett durchblättern.
Die Idee ist vielleicht irgendwie gut, aber für mich vollkommen unpraktikabel.
- Ich kann mir absolut nicht vorstellen, alle Vorschauen auf dem Rechner anzuschauen, es kostet unglaublich viel Zeit. Die Idee ist vielleicht irgendwie gut, aber für mich vollkommen unpraktikabel.
- Da wir die Bestellzahlen immer vor dem Vertreterbesuch in die Kataloge eintragen und anschließend auch die Ordern aus diesen für unser Warenwirtschaftssystem erfassen, sehen wir uns nicht in der Lage, die Bestellung mit VLB-Tix durchzuführen und werden deswegen zwangsweise bei Random House weniger bestellen.
- Nach inzwischen knapp 4 Jahren erschwert es die Arbeit eher, als sie zu erleichtern. Für Buchhandlungen mit langsamem Internet oder Filialen mit geringen Personaleinsatz (Zeitplanung) eine absolute Zumutung!
Ein Mitarbeiter arbeitet in Papier, der andere in Tix. Ergebnis: Der in Papier ist schneller.
- Ein einfacher Selbsttest öffnet die Augen: Ein Mitarbeiter arbeitet in Papier, der andere in Tix. Ergebnis: Der in Papier ist schneller, hat danach mehr Informationen zu den Titeln aufgenommen und bestellt mehr.
- Es muss übersichtlicher werden. In der Papiervorschau kann ich mit einem Blick auf die Seite alles Wesentliche erfassen. Viele Sachen blenden wir eh dabei schon aus. Ich würde digitale Vorschauen lieben, aber ich will es genauso übersichtlich, ich will für einen Titel nichts anklicken müssen, es muss alles mit ein einem Blick erfassbar sein. Sonst dauert es viel zu lange.
- Es kann nicht sein, dass ich mir die Bestellung auf die Festplatte laden muss und in einem extra Mail die Bestellung an die Vertreter weitersende. Das ist vorsintflutlich! Es geht leider gar nichts schnell. Ich war gewillt im Frühjahr damit zu arbeiten, habe es aber wieder eingestellt, da ich auf allen anderen Wegen schneller und effizienter arbeiten kann.
- Der gesamte Aufbau muss erheblich komplexer gestaltet werden. Derzeit kann man von einem Rationalisierungseffekt nur träumen. Die Arbeit mit VLB-Tix frisst Zeit.
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