Online-Werbeanzeigen werden von vielen Lesern als störend empfunden und deshalb mittels Adblocker wie AdBlock Plus der deutschen Softwarefirma Eyeo geblockt. Die Anzeigen stellen jedoch eine wichtige Geschäftsgrundlage vieler Publisher dar. Große Medienhäuser wie Axel Springer,ProSiebenSat1 oder die „Süddeutsche Zeitung“ haben darum bereits gegen Adblock-Anbieter geklagt, bislang ohne Erfolg. Auch für den Wörterbuchanbieter Pons.com stellen Online-Werbeanzeigen eine wichtige Basis dar. Wie Adblocker dem Geschäft schaden, erläutert Geschäftsführer Jan Cloeren (Foto: Pons) im Interview.
Welche Auswirkungen haben AdBlocker auf Ihr Geschäftsmodell?
Als anzeigengetriebener Anbieter bedeuten Adblocker bei uns direkt Umsatzeinbußen. Bisher hat man im Wörterbuchbereich eher fehlende Möglichkeiten, diese Einbußen durch andere Modelle wie Abolösungen usw. zu kompensieren, weil es sehr viele kostenfreie, vergleichbare Angebote im Netz gibt, die die meisten Nutzer einer kostenpflichtigen Lösung vorziehen würden.
In welcher Größenordnung liegen die Einbußen, die Sie durch Adblocker haben?
Wir gehen im Moment bei uns von einer Adblock-Rate von ungefähr 30% aus. Der Online-Vermarkter-Kreis (OVK) im Bundesverband der Digitalen Werbewirtschaft geht in Deutschland von einer Blockrate zwischen 20 und 30% aus. Bei uns lagen die Zahlen in der Vergangenheit eher bei 30% und das wirkt sich natürlich auf den Umsatz aus.
Buchen Unternehmen aufgrund von Adblockern weniger Werbung?
Nein, weil nach der gesehenen Werbung abgerechnet wird. D.h. für den Werbeschaltenden besteht kein Risiko und kein unmittelbarer Nachteil. Vielmehr zählt der Faktor Visibility, also wie sichtbar die Werbung ist, wie die Werbemittel auf der Seite angeordnet sind und wie sie geladen werden.
Nutzt Pons die Möglichkeit, sich von Werbeblockern freizukaufen?
Das sehen wir wirklich sehr kritisch. Das ist für uns kein wirklich seriöses Geschäft. Es führt auch das Versprechen der Adblocker ad absurbum, wenn doch Werbung durchgelassen wird. Gleichzeitig empfinden wir es auch als fragwürdig, dass plötzlich der Anbieter eines Adblockers entscheidet, welche Werbung von ihm goutiert und kuratiert wird. Wir glauben, dass sich da jemand auf sehr fragwürdige Weise in die Wertschöpfungskette einklinken will. Insofern beteiligen wir uns da nicht dran. Wir sehen das aber nicht als einzige Gefahr.
Was blockiert außerdem im Online-Werbegeschäft?
Im neuen iOS9 von Apple gibt es die Möglichkeit Werbung für den Safari-Browser zu unterdrücken. Damit will man natürlich nicht nur dem Nutzer etwas Gutes tun, sondern es geht vor allen Dingen darum, die Publisher in die App-Welt und damit in den iTunes-Store zu ziehen. Die Werbung wird in den Apps grundsätzlich erstmal nicht unterdrückt. Es gibt in anderen Teilen der Welt mittlerweile Internet-Service-Provider, die probieren direkt von vorneherein die Werbung zu blocken, bzw. nur noch ihnen genehme Werbekunden durchzulassen. Das Ganze nimmt inzwischen bereits größere Dimensionen an, die über Eyeo hinausgehen. Das ist natürlich ein durchaus besorgniserregendes Szenario.
Die Werbung bei Apple, Facebook & Co lässt sich nicht blocken und ist hochpersonalisiert. Können Verlage überhaupt noch gegenhalten?
Die Beliebtheit von Adblockern hat natürlich einen Grund. Das Umdenken in diesem Bereich muss bei allen Playern im Markt stattfinden. Sowohl Werbeschaltende als auch Publisher bzw. Anzeigenvermarkter müssen akzeptablere Formen der Werbung finden, die besser wirken, die besser zu den Interessen der Nutzer passen. Es muss aber auch ein Umdenkprozess beim Nutzer stattfinden. Vielen Nutzern ist nicht bewusst, warum Werbung angezeigt wird. Darauf angesprochen haben Viele durchaus Verständnis für Werbung, wenn ein hochwertiger Dienst dahintersteht. Unsere Medienlandschaft wäre ganz schön arm, wenn es bestimmte Dienste nicht mehr gäbe. Ich glaube auch in Zukunft wird es sehr hochwertige Markenumfelder geben, die ihrerseits wiederum immer mehr Möglichkeiten anbieten werden, Werbung zu personalisieren und auch eine gewisse Brand Safety, also eine Markensicherheit, für den Werbeschaltenden zu bieten. Wenn ein Kunde beispielsweise bei Pons Werbung schaltet, dann weiß er sich in einem sicheren Markenumfeld. Das heißt, der Kunde kann sich in Bezug auf die Inhalte, die Gestaltung und auch die Nutzerschaft verlassen, so dass seine Marke immer in einem adäquaten Kontext präsentiert wird. Das ist möglicherweise bei anderen, größeren Portalen gar nicht so gegeben. Und insofern glaube ich, dass es außerhalb von Facebook & Co durchaus auch in Zukunft attraktiv ist, Werbung zu schalten. Aber es setzt uns als Verlage und Vermarkter auch in die Pflicht, mehr dafür zu tun, unsere Angebote für die Werbeschaltenden attraktiv zu halten und ebenfalls dafür zu sorgen, dass diese Werbung akzeptabler wird. Und dass andererseits das Bewusstsein dafür entsteht, dass jemand, der ein hochwertiges Angebot kostenlos nutzen will, auch einen Kompromiss eingehen muss. Und der Kompromiss heißt heutzutage im Wörterbuchbereich jedenfalls Werbung. Natürlich denken wir aber auch über alternative Geschäftsmodelle und Abos nach, aber das ist im Wörterbuch- und Übersetzerumfeld natürlich sehr schwierig.
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