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E-Commerce reimt sich auf Emotion

Weil der stationäre Buchhandel als bewährtes „Schaufenster“ angesichts des Strukturwandels in der Branche weltweit unter Druck gerät, suchen die Verlage zunehmend nach Mitteln und Wegen, um a) den Lesern auch im Internet den Weg zur Lektüre (ihrer Bücher) zu weisen und b) diese Leser und ihre Gewohnheiten besser kennenzulernen. In Deutschland experimentieren zum Beispiel Bertelsmann und die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck mit der E-Book-Bibliothek Skoobe. In den USA setzen Hachette Book Group, Penguin und Simon & Schuster in einem Joint Venture auf das Online-Portal Bookish (hier die Meldung zum Start).

Vorausgegangen waren in New York drei turbulente Jahre, in denen zwei Geschäftsführer verschlissen wurden. Eine offizielle Begründung für die schnellen Wechsel auf dem Chefsessel gibt es bis heute nicht, doch es ist ein offenes Geheimnis, woran die Kandidaten gescheitert sind: Beide kannten sich zwar bestens in der digitalen Welt aus, hatten aber von Büchern und den Mechanismen der Buchbranche zu wenig Ahnung.

Bei CEO Nummer drei haben die Plattformbetreiber ihre Hausaufgaben gemacht: Ardy Khazaei kann beides. In seinem Lebenslauf stehen neben sechs Jahren bei HarperCollins, wo er Erfahrungen mit elektronischen Medien sammelte, auch  Stationen bei Start-ups wie der Autoren-Community WEbook.com oder MyHound.com. 

Dass Bookish eine dreimal so lange Anlaufzeit gebraucht hat wie ursprünglich geplant, findet Khazaei nicht wirklich ungewöhnlich. „Start-ups haben ihre eigenen Herausforderungen. Das gilt besonders für eines, das derart riesige Mengen von Content bewältigen muss wie Bookish. Wir haben sehr viel experimentiert, aber jetzt ein System gefunden, das funktioniert.“

Über 30 Verlage sind mittlerweile im Boot
Zu tun hatten die Programmierer reichlich, denn die Plattform war mit 19 teilnehmenden Verlagen schon zum Start viel breiter aufgestellt als ursprünglich geplant. Das ist gut so, sagt Khazaei, „weil ein Projekt wie dieses nur wirklich Erfolg haben kann, wenn viele Daten-Provider mitmachen“. Mittlerweile ist die Zahl der Verlage im Boot auf über 30 gewachsen, und im Bookish-Haupt-quartier im trendigen New Yorker Flatiron-Bezirk gehen weiterhin Anfragen ein. „Die Verlage haben begriffen, wie wichtig es ist, ihre Bücher im Netz sichtbar zu machen.“

Anders als die meisten Online-Shops  setzt die Plattform gezielt auf emotionale Ansprache. Statt nüchterner Suchfunktionen und des ebenfalls nicht spannenden „Wird oft zusammen gekauft“-Verweises dreht sich bei „Bookish“ alles um die persönliche Empfehlung. Geliefert wird sie über eine Verknüpfung individueller Vorlieben mit Metadaten, Buchbeschreibungen und Re­zensionen. Nutzer können ihre Lieblingstitel eingeben (maximal vier) und werden zu passenden Büchern weitergeführt. Dafür berücksichtigt die Plattform verschiedene Variablen wie Autor, Genre und Schlagworte. Mit jeder Anfrage wird das Nutzerprofil fortgeschrieben.

Auch Daten über Buchkäufe fließen in das Profil ein, denn natürlich möchte Bookish nicht als Informationsvermittler in Schönheit sterben, sondern verfolgt handfeste wirtschaftliche Interessen. 1,2 Mio Titel können auf der Webseite direkt als Printbuch, E-Book oder Hörbuch gekauft werden, die das Barsortiment Baker & Taylor ausliefert. Das Portal verlinkt aber auch zu den Online-Shops von Amazon, Kobo, Barnes & Noble, Books-A-Million, Apple sowie IndieBound und kassiert dann eine Verkaufsprovision.

In welcher Höhe Simon & Schuster, Penguin und Hachette  n ihr Start-up investiert haben und in welchem Umfang sich die Partnerverlage finanziell einbringen, ist Verschlusssache. Khazaei redet über finanzielle Details ohnehin nicht gern. „Natürlich wird von uns erwartet, dass wir irgendwann profitabel operieren, aber das passiert nicht von heute auf morgen.“ Neben den Umsätzen aus dem eigenen Shop und den Verkaufsprovisionen will Bookish auch durch Anzeigen Erlöse erzielen.

Erfahrenes Redaktionsteam

Die Qualität maschinell generierter Empfehlungen steht und fällt mit den Daten, auf denen sie basieren. Das weiß natürlich auch Ardy Khazaei. Dreh- und Angelpunkt von Bookish ist deshalb das siebenköpfige Re­daktionsteam unter der Leitung von Rebecca Wright, das sich ausnahmslos aus erfahrenen Journalisten und Lektoren zusammensetzt.

Jeder betreut mehrere Fachgebiete und schreibt die entsprechenden Buchempfehlungen selbst. „Kein Abklatsch der Klappentexte“, betont Khazaei, „sondern originäre Texte, auf die niemand Einfluss nimmt.“ Die Empfehlungen sind ein Schwerpunkt der Redaktion, die darüber hinaus auch für den umfangreichen zusätzlichen Lesestoff in Form von exklusiven Inhalten und Informationen verantwortlich ist. Auch hier gilt, dass  zum Beispiel Autoreninterviews nicht von den Verlagen lanciert, sondern von den Redaktionsmitgliedern geführt werden.
Zum Start hat Bookish intensiv online auf Suchmaschinen und in Social Media wie Twitter, Facebook, Pinterest und Tumblr geworben. Auch die teilnehmenden Verlage rühren für das Portal auf ihren Webseiten und in den eigenen Newslettern die Werbetrommel. Derzeit denkt Khazaei ganz klassisch auch über eine Anzeigenkampagne in Printmedien nach.
„Überraschend gut bewährt“, sagt er, hat sich eine Kooperation mit der Online-Ausgabe von „USA Today“. Die Tageszeitung stellt Inhalte für Bookish bereit und verlinkt bei eigenen Rezensionen auf das Portal. Umgekehrt präsentiert Bookish die Bestsellerliste des populären Blattes.
aus: buchreport.magazin 5/2013

Text: Anja Sieg

Die Bookish-Partner (Stand: 21. Mai 2013):

  • Abrams
  • Chronicle Books
  • F&W Media, Inc.
  • Gallaxy Publishing
  • Greenleaf Book Group
  • Hachette Book Group
  • Harlequin
  • HarperCollins Publishers
  • Houghton Mifflin Harcourt
  • Human Kinetics 
  • Inner Traditions
  • Independent Publishers Group
  • John Wiley & Sons, Inc.
  • Kensington Publishing Corp.
  • Macmillan
  • McGraw Hill   
  • National Book Network
  • New Harbinger Publications
  • Non Sequitur Press
  • Open Road Media, LLC
  • Pearson Education, Inc.
  • Perseus Books Group 
  • Penguin Group (USA)
  • Princeton University Press
  • Quayside Publishing Group 
  • Random House, Inc.
  • Red Wheel / Weiser, LLC
  • Riverdale Avenue Books
  • Scholastic
  • Simon & Schuster
  • Sourcebooks, Inc.
  • USA TODAY
  • W. W. Norton & Company
  • Wm. B. Eerdman’s Publishing Company    
  • Workman Publishing Company
  • Worthy Publishing

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