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Ehrhardt F. Heinold: Auf allen Kanälen

Ehrhardt F. Heinold: Auf allen Kanälen

Immer mehr Vertriebsplattformen, immer mehr digitale Formate: Die Bewerbung und Vermarktung von Verlagsprodukten wird durch die Zunahme von E-Commerce und digitalen Medien komplexer. Mit Hilfe einer Hypermarketing-Strategie können Verlage die wachsende Zahl von Medien und Kanälen bedienen.

Die Zahl der Kommunikationskanäle für Marketinginformationen wächst: Längst kommunizieren Verlage nicht mehr nur mit ihren Handelspartnern, mit der Presse und Lizenzpartnern, sondern vermehrt auch mit Endkunden.

Das trifft vor allem auf Special-Interest- und Fachverlage zu, vermehrt aber auch auf Publikumsverlage: Sie alle erkennen, dass die direkte Kundenansprache eine wachsende Bedeutung für ihre Marketing-und Vertriebsstrategie bekommt.

Klassische Kommunikationsmittel wie die Vorschau oder ein Gesamtverzeichnis werden schon längst ergänzt durch eigene Websites, aber auch durch Microsites, Newsletter und natürlich durch die wachsende Zahl von Social Media Kanälen. Hinzu kommt eine ebenfalls wachsende Zahl von Verkaufsplattformen, von eigenen Shops über Internetbuchhandlungen bis hin zu den Appstores.

Die Aufgabe des Digitalvertriebs wird mittlerweile von einigen Verlagsauslieferungen oder von speziellen Digitalauslieferungen bewältigt: Wie beim gedruckten Buch beliefern sie die Handelspartner mit Verlagsprodukten und Metadaten.

Metadaten: der Schlüssel zu Verkaufserfolgen

Eine wachsende Bedeutung für das Hypermarketing, und damit für den Erfolg von Marketing und Vertrieb, haben die Metadaten, also „Daten über Daten“. Verlage haben schon immer Metadaten für ihre Produkte geschaffen, im einfachsten Fall waren das die bibliographischen Angaben.

Schon das korrekte Management dieser Basisdaten bereitet manchen Verlagen Probleme: Wenn sich Angaben wie Seitenzahlen, der Preis oder das Erscheinungsdatum ändern, müssen diese Informationen in allen Kommunikationsmitteln geändert werden – vom Prospekt bis zur Vorschau.

Noch komplexer wird das Szenario, wenn neben den bibliographischen Angaben weitere Informationen gepflegt werden sollen: Eigenschaften (wie das Genre), Beschreibungstexte, Pressetexte, Autoreninformationen, Veranstaltungen etc.

Die Erfahrung zeigt, für die Auffindbarkeit von Verlagsprodukten im Internet und in Onlineshops spielen Metadaten die zentrale Rolle. Metadaten sind ein zentraler Schlüssel zum Erfolg im E-Commerce. Nach meiner Erfahrung erkennen das immer mehr Verlage, doch nur wenige verfügen heute schon über ein wirklich gutes Metadaten-Management.

Standards helfen – aber sind kein Allheilmittel

So wird selbst für kleinere Verlage das Hypermarketing immer komplexer und aufwändiger: Eine Vielzahl von Kommunikations- und Distributionskanälen müssen mit Produktinformationen (eben den Metadaten), bei Digitalverkauf auch mit den E-Produkten selbst beliefert werden. Das Problem: Jede Plattform hat eigene Anforderungen an die Art der Datenanlieferung. Zur Lösung dieses Problems wurden zwei Standards geschaffen, von denen der eine schon weit verbreitet ist, der andere hingegen noch nicht:

  • ONIX steht für Online Information eXchange und hat sich zu dem Standard für den Austausch von Verlagsmetadaten entwickelt. ONIX wird von einem internationalen Gremium verwaltet, basiert auf dem Standardformat XML – und kann damit als zukunftssicher gelten. Mit ONIX lassen sich zusätzlich zu den bibliographischen Angaben eine Vielzahl von weiteren Informationen und Medien transportieren, z.B. Umschlagbilder, Autorenfotos, Rezensionen, Klappentexte oder Leseproben.
  • Neuer, und noch immer unbekannter, ist die Erweiterung der ISBN auf die ISBN / A. Dazu wurde sie mit dem DOI (Digital Object Identifier) vereint. Das Ergebnis ist die internetfähige „Actionable ISBN“. Zu jedem mit einer ISBN-A versehenen Titel gibt es eine Titelkarte: eine Internetseite, die zentrale bibliografische Daten, das Titelcover und das Verlagslogo zeigt. Auf dieser Titelkarte kann der Verlag zahlreiche Verknüpfungen zu Informationen im Internet rund um diesen Titel anbieten wie z.B.: Inhaltsverzeichnis des Buches, Textauszüge, Rezensionen, Pressetexte, Biografie, Foto, Fanseite und Blog des Autors, Internetauftritt des Verlags, Formatvarianten und Bezugsquellen, Komplexität durch Automatisierung und IT-Systeme

Ein Verlag kann diese Vielfalt nur beherrschen, wenn er eine Strategie für das Marketingdaten-Management entwickelt, die folgende Fragen beantwortet:

  • Welche Informationen sollen für welche Verlagsprodukte erstellt und gesammelt werden?
  • Welche Kommunikations- und Vertriebskanäle sollen mit welchen Informationen in welchen Intervallen versorgt werden?
  • Mit welchen Werkzeugen und Workflows und in welchen Datenformaten werden diese Informationen erzeugt, zentral gespeichert und publiziert?
  • Wie sieht der Publikationsworkflow aus?
  • Welche Mitarbeiter sind wofür verantwortlich (Regeln und Rollen)?
  • Was muss manuell erledigt, was kann automatisiert werden?

Ziel muss sein, den Hypermarketingprozess zu standardisieren und so weit wie möglich zu automatisieren. Dazu sollten alle strukturierten Inhalte wie z.B. Veranstaltungsdaten, Klappentexte etc. in einem zentralen Content Managementsystem (CMS) verwaltet werden. Alle unstrukturierten Daten, also Media Assets wie Bilder, Filme, Produktionsdateien, werden entsprechend in einem Media Asset Management-System (MAM) abgelegt. Es gibt auch Systeme, die beides leisten.

Die unterschiedlichen IT-Systeme sind so miteinander verbunden, dass medienbruchfreie Workflows entstehen: Inhalte und Media Assets müssen schon beim Entstehen mit den zugehörigen Verlagsprodukten verbunden werden. Um dies zu erreichen, sind vor allem in größeren Verlagen unterschiedliche IT-Systeme betroffen: Die zentrale Verlagssoftware (ERP) bzw. ein Produktinformationssystem, ein CMS, ein MAM und auch CRM-Systeme für die Kundendaten, dazu kommen angeschlossene Publishingsysteme für die diversen Ausgabemedien (WebCMS, Print, Mobil).

Der menschliche Faktor

Neben aller Technik ist vor allem die Bereitschaft und das Know-how der Mitarbeiter der entscheidende Erfolgsfaktor. Gewohnte Arbeitsweisen, bei denen z.B. Werbetexte, wie z.B. der berühmte „Klappentext“, jeweils nur für eine Verwendung erstellt wurden, müssen beim Hypermarketing verändert werden. Neue Anforderungen erfordern neue Denk- und Vorgehensweisen:

  • Aktualität: Nicht mehr die gewohnten Veröffentlichungszeiträume für Bücher oder klassische Werbemittel bestimmen den Takt, sondern die Möglichkeit der Echtzeitkommunikation. Ändern sich bibliographische Angaben, gibt es neue Pressestimmen, ist der Autor im Fernsehen – dann sollte es möglich sein, diese Informationen in kürzester Zeit in den geeigneten Medienkanälen zu verbreiten: Kurzmeldungen auf Twitter und Facebook, ausführlich auf der eigenen Website, im Newsletter oder einer Microsite, eine Meldung per Mail oder Fax an Handelspartner etc.
  • Mediengerecht: Früher genügten vielleicht ein Kurz- und ein Langtext. Heute ist Vielfalt gefragt – und vor allem Medienkonformität. Texte für den Buchrücken und für das Internet unterscheiden sich, alleine die Frage der richtigen Keywords macht einen großen Unterschied.
  • Metadatenrelevanz: Die Bedeutung von Metadaten muss allen Beteiligten klar sein und darf nicht als lästige Zusatztätigkeit verstanden werden. Die Pflege von Metadaten ist ein nie endender Prozess und sollte höchste Priorität bekommen.
  • Kommunikation: Durch Social Media werden Verlage (noch) kommunikativer. Das setzt die Bereitschaft der Mitarbeiter voraus, zu kommunizieren, und zwar persönlich, schnell und offen. In vielen Verlagen, bei denen es definierte Zuständigkeiten und Workflows für die Freigabe von Pressemeldungen gibt, bedeutet dies einen Kulturwandel: Plötzlich ist der Lektor für die Betreuung einer Facebook-Autorenseite mit verantwortlich, muss die Vertriebsmitarbeiterin direkt auf Fragen von Endkunden antworten.

Wie bei jeder Veränderung in Unternehmen sind vier Bereiche betroffen: Technik, Mitarbeiter, Organisation und Kultur. Die Einführung von Hypermarketing kann deshalb nicht nur als technische Innovation verstanden werden. Nur durch einen kulturellen Wandel kann aus klassischem Verlagsmarketing Hypermarketing werden.

Zum Thema Hypermarketing bietet die Akademie des Deutschen Buchhandels zwei Veranstaltungen an:

Ehrhardt F. Heinold, Unternehmensberater Heinold, Spiller & Partner

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