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Ehrhardt F. Heinold: Methoden-Schnellcheck – Der Businessplan

Ehrhardt F. Heinold: Methoden-Schnellcheck – Der Businessplan

Im Zeitalter der agilen Produktentwicklung und von immer kurzfristigeren Planungszyklen scheint der gute, alte Businessplan etwas aus der Mode gekommen zu sein. Doch der Schein trügt: Noch immer werden Businesspläne gebraucht (und oftmals auch gefordert), wenn es um neue Geschäftsmodelle oder Unternehmen geht. Zurecht: Ein solider Businessplan (BP) zwingt zu einer klaren Konzeption und bietet eine gute Verständigungsgrundlage für beide Seiten.

Um die Kritik gleich vorwegzunehmen: Mit Excel lässt sich alles (schön)rechnen, Planungshorizonte von 3 oder mehr Jahren für digitale Geschäftsideen erscheinen nicht nur waghalsig, sondern nachgerade unseriös, und die Erarbeitung eines wirklich wasserdichten Businessplans kostet Zeit. Manchmal zu viel Zeit, denn wenn ich 6 Monate für den Plan brauche, hat sich die Digitalwelt schon mehrfach gedreht. Diese Tatsachen führen dazu, dass auch in Verlagen für so manches Innovationsprojekt kein BP mehr ausgearbeitet wird, sondern lediglich Rahmendaten festgelegt werden und dann iterativ entwickelt wird (siehe dazu unseren Newsletterartikel zur agilen Produktentwicklung).

Und doch hat ein gut ausgearbeiteter Businessplan eine Existenzberechtigung. In erster Linie als Kommunikationsinstrument zwischen jemandem, der Geld braucht, und dem (internen oder externen) Mittelgeber. Und das aus gutem Grund: Ein BP zwingt dazu, eine Produkt- oder Geschäftsidee umfassend zu beschreiben und präzise auszuformulieren. Ein BP enthält mehr als Exceltabellen, er beschreibt umfassend, welche Chancen eine Geschäftsidee hat und wie diese umgesetzt werden sollte. Typische Bausteine sind:

  • Beschreibung des Marktes (Volumen, Entwicklung, Attraktivität)
  • Zielgruppen, Bedürfnisse, Kundenproblem
  • Beschreibung der Produkt- und / oder Geschäftsidee
  • Wettbewerb, Marktpositionierung und USP
  • Roadmap für die Umsetzung und Weiterentwicklung
  • Konzept für die Kundengewinnung (Marketing und Vertrieb)
  • Die Köpfe hinter der Idee
  • Planungsrechnungen (Erlöse, Kosten, Break even, Geldbedarf)
  • Risikoanalyse
  • Zusammenfassung in einem Business Modell Canvas-Sheet

Je nach Zweck und Erwartung des Empfängers sollte ein BP nicht zu aufgebläht sein, sondern präzise beschreiben, worum es geht. Von den genannten Inhaltsbausteinen möchte ich im Folgenden fünf näher betrachten, die ich für besonders wichtig halte:

  • Markt, Wettbewerb, Positionierung: Die Frage, in welchem Markt ein Angebot positioniert ist, klingt trivial, aber mit der Antwort tun sich (vor allem Verlage) oft schwer. Vor allem bei digitalen Angeboten, denn hier sortiert sich das Wettbewerbsumfeld ganz neu. Internetunternehmer Goerge Berkowski hat das auf der buchreport 360°-Konferenz am Beispiel von Coca Cola anschaulich beschrieben: Mit ihren Getränken konkurrieren sie nicht mit anderen Getränken, sondern ihr Markt ist das Volumen des Konsumentenmagens. Übertragen auf die Verlagsbranche heißt das: Mit einem Unterhaltungsangebot (wie einem Roman) konkurrieren Verlage um das zeitliche und finanzielle Freizeitbudget der Mediennutzer. Die nächste Herausforderung besteht darin, diesen Markt zu beschreiben: Marktvolumen, Marktteilnehmer, und sich dann darin zu positionieren, vor allem, wenn es um neue Märkte geht. Je klarer dies herausgearbeitet wird, umso besser lässt sich die Perspektive für die Geschäftsidee erkennen.
  • Zielgruppen, Bedürfnisse, Kundenproblem: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ – dieses Zitat aus Hermann Hesses Gedicht „Stufen“ gilt vor allem für diejenigen, die eine neue Geschäftsidee haben. Aber welches Kundenproblem wird gelöst, auf welche Kundenbedürfnisse wird geantwortet, wurde schon mit potentiellen Kunden gesprochen? Auch hier zahlt sich Fokussierung aus: Ist eine Produktidee zu komplex, wird das spätestens hier deutlich.
  • Die Köpfe hinter der Idee: Eine gute Geschäftsidee ist prima, aber wer setzt diese um? Die Köpfe hinter der Idee sind für viele Investoren, völlig zu Recht, genauso wichtig wie die Geschäftsidee selbst. Die handelnden Personen müssen im BP vorgestellt werden, damit klar wird, wer die Idee umsetzt, zumal in Zeiten, in denen Flexibilität und Geschwindigkeit benötigt wird.
  • Planungsrechnungen (Erlöse, Kosten, Break even, Geldbedarf): Ein schwieriger Punkt, denn: Wer glaubt schon an die Zahlen im eigenen BP? Deshalb gilt hier, wie sonst auch: Ehrlichkeit und Transparenz zahlen sich aus. Es sollte immer mit drei Szenarien gerechnet werden (Basic, Best und Worst Case). Und es sollten alle Annahmen erläutert werden: Zahl der Kunden, Programmieraufwand, Kundengewinnungskosten, Personalbedarf. Alles muss auf den Tisch, alles muss nachvollziehbar sein. Über Annahmen (wie z.B. Wachstumsfaktoren) lässt sich streiten, aber die Basis muss transparent sein. Wenn keine Zahlen beschaffbar sind, dann helfen oft Analogien aus anderen Märkten (z.B. bei Konvertierungsquoten von freier zu kostenpflichtiger Nutzung).
  • Risikoanalyse: Auch wenn es weh tut – eine ehrliche Risikoanalyse muss sein, um schon im BP auf Einwände zu reagieren. Die Wahrheit ist: Manchmal gibt es gute Antworten auf solche Einwände, manchmal nicht, dann kann eine Geschäftsidee scheitern. Auch diese Erkenntnisse sorgen für Transparenz, denn letztlich ist ein BP, bei aller Objektivierung, Glaubenssache. Und so kann ein interner oder externer Investor sehen, welche Gefahren es gibt und wie das Risiko eingeschätzt wird.

Bewertung

Die Stärken eines guten Businessplans liegen in der umfassenden und zusammenfassenden Darstellung einer Geschäftsidee. Es zwingt die Innovatoren zur Ausformulierung ihrer Idee (bis hin zu Planungsrechnungen). Damit entsteht ein Kommunikations- und Kontrollinstrument, das eine sehr gute Arbeitsgrundlage für eine Innovation sein kann.

Die Grenzen des Businessplans liegen darin, dass er Planbarkeit suggeriert, wo diese möglicherweise weder sinnvoll noch machbar ist. Bis der Plan entsteht, hat sich der Markt verändert, und statt an der Geschäftsidee zu arbeiten, basteln die besten Köpfe an einem Plan, dessen Zahlengrundlage spekulativ ist. Deshalb kann es eine gute Alternative sein, ein Startup-Team auf Basis einer Konzeptskizze (z.B. auf Basis eines Canvas Business Model-Plans, siehe dazu unseren Artikel im November-Newsletter) mit einem Budgetrahmen auszustatten und loslaufen zu lassen.

Darin liegt auch die Schwäche der Methode: Sie kann zu starr und zu zeitintensiv sein, um ein dynamisches Geschäft zu planen. Im schlechtesten Fall entsteht ein potemkinsches Dorf, eine schöne Illusion zur Geldbeschaffung.

Fazit

Trotz aller Kritik: In vielen Fällen ist ein BP ein notwendiges (und auch gutes) Instrument, um sich über die Perspektiven einer Geschäftsidee zu verständigen. Wir alle wissen, Prognosen sind schwer, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. Im Sinne von diesem Bonmot sollte ein BP betrachtet werden. Er ist eine Momentaufnahme, der Versuch einer Planung. Und sollte die Umsetzung tatsächlich erfolgen, dann muss der BP laufend fortgeschrieben werden. Wegen des Aufwandes sollte ein umfassender BP nur für große Projekte erstellt werden, bei kleineren Ideen reicht eine Kurzform (z.B. im Form eines Business Modell Canvas).

Ehrhardt F. Heinold, Unternehmensberater Heinold, Spiller & Partner

Quelle: Newsletter Heinold, Spiller & Partner

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