Der Vorstand der Eichborn AG hat beim Frankfurter Amtsgericht Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit gestellt.
Dieser Schritt sei notwendig geworden, weil die Gesellschaft die erforderliche Sanierung nicht aus eigener Kraft finanzieren könne, heißt es dazu in der Mitteilung des börsennotierten Frankfurter Verlags. Versuche, eine Finanzierung von außen zu erlangen, seien nicht erfolgreich gewesen, heißt es weiter.
Mit der Bekanntgabe wird ein weiteres Kapitel in der turbulenten Eichborn-Geschichte aufgeschlagen. Zuletzt wurde bekannt, dass Mehrheitsaktionär Matthias Koch wegen akuter Insolvenzgefahr die Auflösung der Gesellschaft und die Abberufung des Aufsichtsrats fordert.
Das von ihm vorgeschlagene Sanierungskonzept (u.a. der Umzug nach Berlin unter das Dach des Aufbau Verlags) sei vom Management nicht aufgegriffen und umgesetzt worden, ein alternatives Sanierungskonzept sei nicht in Sicht.In einem Schreiben an den Eichborn-Vorstand begründet Koch die geforderte Abwicklung der Gesellschaft damit, dass diese „über den Zeitraum von mehreren Jahren kontinuierlich und nachhaltig in die Verlustzone geraten“ sei und heute „akut insolvenzgefährdet“ sei. Um die Aktionäre vor weiteren Verlusten zu schützen, solle der Verlag mit sofortiger Wirkung abgewickelt werden.
Außerdem will Koch einen Sonderprüfer damit beauftragen zu klären, ob die Gesellschaft nicht bereits seit längerem zahlungsunfähig oder überschuldet ist und der Vorstand verpflichtet gewesen wäre, die Insolvenz anzumelden – mit anderen Worten: der Vorwurf der Insolvenzverschleppung.
Schließlich setzt sich Koch dafür ein, dass der Aufsichtsrat aus Alexander Zang, Horst Eckhard, Werner Kunze, Gunter Freiherr von Leoprechting, Jürgen Petry und Wolfgang Reinhard sofort abgesetzt wird, weil sie Kochs Vertrauen in die Überwachungs- und Steuerungsfähigkeit ihres Gremiums verloren hätten.
Zur Kostenreduzierung und „Flexibilisierung“ der Arbeitsweise will Koch die Zahl der Kontrolleure von sechs auf drei reduzieren. Vorschlag Kochs: Ralf Alkenbrecher (Aufbau Media Betreuungsgesellschaft), Jan Osterloh (Unternehmensberater) und Klaus Fiegl (Wirtschaftsprüfer).
Als vertraglicher Vertriebspartner will Aufbau das Herbst-Programm von Eichborn weiter in den Handel transportieren: „Wir wissen aus eigener Erfahrung, wie wichtig es ist, dass nun das Vertrauen in den Verlag von Handel, Presse und Dienstleistern aufrechterhalten bleibt. Wir gehen davon aus, dass der Insolvenzverwalter eine Chance auf Fortsetzung des Betriebes sieht, und werden ihm unverzüglich die Fortsetzung des Kooperationsvertrages anbieten“, heißt es von Geschäftsführer Tom Erben in einer Mitteilung. „Das Modell einer Verlagsgemeinschaft unter einem Dach ist ohne Alternativen für Aufbau und ähnliche Verlage“, so Geschäftsführer René Strien.
„Die Fusion mit Aufbau ist geplatzt“, erklärte Holger Lessing, vorläufiger Insolvenzverwalter des Unternehmens, gegenüber SPIEGEL ONLINE. Auch der angekündigte Umzug nach Berlin sei hinfällig. Die Änderungskündigungen für 13 Eichborn-Mitarbeiter (s. Chronik) seien aufgehoben.
In einer ersten Mitarbeiterversammlung sagte Lessing laut Eichborn zu, den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Vorstand, Betriebsrat und Mitarbeiter seien nach wie vor überzeugt, dass der Verlag nach erfolgter Sanierung gute Chancen auf dem Markt habe.
Chronische Probleme
Seit dem Börsengang vor einem Jahrzehnt hat die Frankfurter Eichborn AG immer wieder mit Verlusten von sich reden gemacht:
- Seit letztem Jahr spart der Verlag an der Mitwirkung der beiden Herausgeber für die „Andere Bibliothek“; der Bereich „Berufsstrategie“ wurde an den Stark Verlag verkauft.
- Die beiden Mehrheitsgesellschafter der Verlage Aufbau und Eichborn, Matthias Koch und Ludwig Fresenius, verkündeten Ende Januar künftig den Vertrieb gemeinsam stemmen zu wollen. Langfristiges Ziel sei es, die Verlage im Aufbau-Haus in Berlin zusammenführen, doch ein juristisch sicheres Prozedere für den Übergang der Eichborn AG sei noch nicht gefunden.
- Anfang März übernahm Aufbau-Verleger Matthias Koch die Mehrheit am Verlag mit der Fliege.
- Im April hat die Eichborn AG 35 von ingesamt 48 Mitarbeitern betriebsbedingt gekündigt. 13 Mitarbeiter haben die Möglichkeit, mit einer Änderungskündigung im Gepäck mit an die Spree zu reisen.
- Mitte Juni hat der Vorstand den seit längerer Zeit erkrankten Stephan Gallenkamp als Vorstand der Eichborn AG abberufen. Alleiniger Vorstand ist damit Matthias Wolf, der im April in den Vorstand berufen wurde.
- Eichborn verzeichnete im letzten Jahr einen Umsatz von 11,4 Mio Euro (2009: 13 Mio Euro) und belegt aktuell Platz 85 im buchreport-Ranking „Die 100 größten Verlage“.
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