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Ein begnadeter Schweiger

Die Basler Zeitung hatte sich mit Martin Walser für ein Interview getroffen, das der Schriftsteller dann doch nicht publiziert sehen wollte. Verhindern konnte er damit jedoch nicht, dass die beiden Redakteure trotzdem über diese Begegnung berichten: In einem umfangreichen Beitrag schildern sie neben kuriosen Begebenheiten der Gesprächssituation in indirekter Rede auch die Aussagen, die nicht gedruckt werden sollten.

Gescheitert war das Interview offenbar daran, dass die Journalisten mit Walser über dessen umstrittene Paulskirchenrede von 1998 sprechen wollten: Also fragten wir zum Einstieg: ‚Warum lässt Sie das Thema nicht los? Plagt es den alten Mann am Lebensende?‘ Die Frage war provokativ, die Antwort dezidiert: Er sage dazu null.“ (Walsers im Februar erschienes Buch Unser Auschwitz, das seine Überlegungen zum Thema bündelt, hatten sie nicht gelesen).

Das Interview wurde fortgesetzt, unterbrochen von längeren Pausen (Walser sei ein „begnadeter Schweiger“), und nach zwei Stunden abgebrochen: „Man verabschiedete sich, und auf der Rückfahrt waren wir uns einig, kein großes, wichtiges Gespräch geführt, aber doch Rohmaterial gesammelt zu haben, mit dem sich ein Interview modellieren ließe, das lesenswert sein dürfte.“

Walser und sein Verlag Rowohlt seien jedoch anderer Meinung gewesen und hätten das Interview als unpublizierbar zurückgewiesen: Insistierte der Verlag, weil Walser im Interview die Paulskirchenrede nicht thematisiert sehen wollte und am Ende harmlos zwar, aber doch provokativ für Jörg Haider zu schwärmen anhob, den verstorbenen österreichischen Rechtspopulisten, der gerne an der Grenze zum Antisemitismus entlanggewandelt war?, spekulieren die Journalisten über die Gründe.

Nach dem Veto des Rowohlt Verlags, der mit einer juristischen Drohkulisse die Veröffentlichung des Interviews zu verhindern versucht habe, entschied sich die Basler Zeitung, nicht das Interview, wohl aber eine Berichterstattung über die Umstände dieser Angelegenheit“ zu publizieren.

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