Die
Forderung der „Deutschen Content Allianz“ an die Bundesregierung, das Acta-Abkommen zu unterzeichnen, stößt im Netz auf heftige Kritik. Die Presseerklärung „mit all ihrem Sprachmüll und ihrer Gedankenlosigkeit“ sei ein Dokument der Hilflosigkeit, kritisiert etwa Medienjournalist
Stefan Niggemeier.
Die Proteste richten sich gegen eine gemeinsame Erklärung vom Zusammenschluss aus Börsenverein, Verbänden der Rundfunkanstalten, Musik-Verband, GEMA und mehreren Organisation der Filmwirtschaft. „Nachdem sich jeder davon überzeugen konnte, dass alle bei Acta zur Eindämmung von Rechtsverletzungen vorgesehenen Maßnahmen bereits dem deutschen Schutzniveau entsprechen, sollte das Abkommen nun auch unterzeichnet werden“, heißt es darin.
Eine ganze Generation unter Generalverdacht
Die Kreativwirtschaft müsse noch stärker vermitteln als bisher: „Gerade bei einer Generation, in der viele ohne jedes Unrechtsbewusstsein für ‚digitalen Diebstahl’ aus Schule und Elternhaus in die große Welt des Internets entlassen worden seien, verlangt dies viel Aufklärung und vor allem Diskussionsbereitschaft.“
Dass die Allianz damit eine ganze Generation unter Generalverdacht stellt, wird von anderer Seite heftig kritisiert: Es gebe keinerlei Erkenntnisse, die besagen, dass die Generation, von der die Deutsche Content Allianz spricht, krimineller sei als frühere Generationen, kommentiert der Verein D64, der sich den digitalen Fortschritt auf die Fahne geschrieben hat. Hinzu komme, dass in den letzten Jahren die Umsätze der Unterhaltungsindustrie in allen Bereichen stark gewachsen seien.
Verlage unter Druck, ihre Dienstleistungen herauszustellen
Die Schriftstellerin
Pia Ziefle adressiert die Deutsche Content Allianz
in ihrem Blog direkt: „Ihr werdet der Wahrheit ins Auge blicken müssen, dass das Netz nicht nur voller raffgieriger HabenHabenSchreihälse ist, nicht nur voller Tauschbörsen und illegaler Downloader, sondern auch voller Menschen, die im Kulturgedanken auch die Teilhabe der anderen sehen.“ Wer Zugang zur dieser Kultur haben darf, müsse Entscheidung der Urheber bleiben.
Dies werde nicht das Geschäftsmodell der Verwerter zerstören, sondern nur ein wenig die Gewichte verschieben, so Ziefle weiter: „Es wird nicht mehr ausreichen, im Kassenhäuschen eines Publikationskanals zu sitzen und Bons zu sortieren. Ihr werdet ganz neu die Gelegenheit bekommen, Euch zu bewerben bei den Urhebern, damit wir Euch unseren Content überlassen. Ihr werdet uns beweisen müssen, dass Ihr in der Lage seid, den Markt, in unserem Sinne zu bedienen.“ Anderenfalls würden die Kreativen ihre Inhalte selbst publizieren und verwerten.
Verwerter dürften sich nicht als Vertreter der Urheber aufschwingen
Darüber hinaus forderte der Zusammenschluss der Kreativwirtschaft, die Reform des Urheberrechtes sowie dessen Schutz im digitalen Zeitalter mit größerem Nachdruck in Angriff nehmen. Hierzu zähle auch eine Verbesserung der urheberrechtlichen Rahmenbedingungen für legale Angebote.
Inwieweit sich die Deutsche Content Allianz als Vertreter der Verwerter zum Fürsprecher von Urheberrechtsinhabern aufschwingen könne, sei fraglich,
kommentiert Mario Sixtus, als „Elektrischer Reporter“ für das
ZDF unterwegs: „Die so genannte Content Allianz versucht lediglich, ihre veraltenden Geschäftsmodelle als Verwerter zu sichern. Im Interesse der Urheber handeln sie dabei nicht – auch wenn sie das permanent behaupten.“ Es bedürfe deshalb einer Reform des Urheberrechts im Sinne der Kreativen und der Nutzer.
Verwertungsrechte um jeden Preis?
Medienjournalist Stefan Niggemeier bemängelt in seinem Blog vor allem die „verräterische Sprache“ der Allianz. Die vage und harmlos klingende Forderung nach mehr Konsistenz stehe in Wahrheit für den Wunsch, die Verwertungsrechte „ohne lästige Abwägung mit anderen Rechten“ durchsetzen zu dürfen.
Die Presseerklärung sei insgesamt „mit all ihrem Sprachmüll und ihrer Gedankenlosigkeit“ ein Dokument der Hilflosigkeit, fasst Niggemeier zusammen: „Aber ich fürchte, so niedlich es wirkt, wie ungelenk da die Branchengrößen mit Förmchen werfen, so hart ist in Wahrheit der Druck, den sie hinter den Kulissen auf die Politik ausüben.“
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