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Philipp Lindinger: »Ein Klima, in dem uns die Mitarbeiter treiben«

Philipp Lindinger und Simon Biallowons sind im Dezember 2020 in die Geschäftsführung von Herder eingetreten, bilden seit März 2021 das operative Führungsduo und setzen auf Prozessveränderungen. Im pubiz-Gespräch am 21. Mai erklärt Lindinger seinen Ansatz.

Sie wollen Kommunikationswege und Prozesse agiler und digitaler gestalten. Was ist das Ziel?

Pubiz meets Innovation: Philipp Lindinger und Ehrhardt F. Heinold

Wir haben den Transformation­­sprozess 2019 und damit weit vor Corona angestoßen. Die Verlagsbranche und der Buchhandel sind im Wandel, durch Corona sind die Herausforderungen noch größer geworden. Die Entwicklung, gerade des Konsumverhaltens, hat sich bereits vor und gerade mit der Pandemie extrem verändert. Wir mussten Möglichkeiten generieren, wie wir künftig schneller, agiler und effizienter auf innere und äußere Umwelteinflüsse reagieren können.

Was haben Sie in der Praxis verändert?

Gestartet haben wir mit der Transformation der Abteilungen Marketing, Presse und Vertrieb. Wir definierten jede einzelne Rolle neu. Zur Lösung einer Auf­gabe kommen mittlerweile mehrere Rollen agil und kollaborativ zusammen. So konnten wir relativ schnell das klassische Silo-Denken auflösen. Wir haben unglaubliche Expertisen und Kreativität in den einzelnen Bereichen, die immer wiederkehrende Informationsbeschaffung ist aber enorm. Hier haben wir neben kommunikativen Prozessen wie Video-Konferenzen vor allem Tools wie Meistertask zur digitalen Projektarbeit eingeführt. Um das ganze Team des Verlages mitzunehmen, etablierten wir eine eigene Abteilung. Wir nennen es Team Kulturwandel. Es ist unser Herder Innovation Lab.

Welchen Effekt haben die Maßnahmen?

Wir konnten die Vorbereitungs- und Besprechungszeiten sowie die Informationsbeschaffung um etwa die Hälfte reduzieren. Autoren, Kunden und Geschäftspartner können jetzt direkt eingebunden werden. Wir sparen dadurch viele Abstimmungsrunden und die Autoren können teilweise direkt an der Gestaltung von Werbemitteln oder Pressemitteilungen teilhaben. Aus den Video-Konferenzen ziehen wir sehr viel Positives, gerade was die Programmvorstellungen betrifft. Unsere Produktshow hat ganz neue Dimensionen erreicht und an Dynamik gewonnen. Wir hatten im letzten Jahr so viele SPIEGEL-Bestseller wie schon lange nicht mehr. Auch die Zusammenarbeit unserer Standorte Freiburg, München und Berlin ist viel effizienter geworden. Der persönliche Kontakt wird trotzdem nie wegzudenken sein.

Wie hat das Team die Veränderungen angenommen?

Im Transformationsprozess ist das mitunter die größte Herausforderung. Wir haben schon im Oktober 2019 eine interne Marke für den Prozess eingeführt, „#gemeinsam­staerker“, und das leben wir tatsächlich. Bottum-up statt Top-down ist unsere Marschrichtung. Ich würde die Antwort sogar umdrehen. Wir haben ein Klima erzeugt, durch das unsere Mitarbeiter uns mitnehmen. Jeder hat nicht nur einen Anteil am Erfolg oder Misserfolg, sondern auch an weitreichenden Entscheidungsgrundlagen. Das ist auf der operativen Ebene angekommen. Außerdem wurde jetzt schon zum zweiten Mal das gesamte Team befragt. Das Ergebnis werden wir demnächst in die Umsetzung bringen. Auch das erzeugt eine intrinsische Motivation, am großen Ganzen mitwirken zu wollen.

Sie haben zuvor eine Online-Agentur geleitet und waren in der Industrie im Projekt- bzw. Lean-Management tätig. Sie sind zudem Coach für agiles Management. Was nehmen Sie daraus für die Buchbranche mit?

Die Buchbranche hat in der Pandemie erneut Widerstandsfähigkeit, Kreativität und Erfindungsgeist bewiesen. Das ist ein Mehrwert, den wir nicht verändern sollten. Im Lean-Management werden Prozesse ständig geprüft und geschaut: Wo können wir uns verbessern? Was wir adaptieren können, sind Methoden und Arbeitsweisen aus der Industrie. Die Reduzierung auf das Wesentliche und Denkprinzipien neu zu entwickeln. Das können wir noch stärker vorantreiben, indem wir Forecast-Modelle entwickeln. Mit unserem Verlagssoftware-Partner Pondus machen wir große Fortschritte. Wir wollen den Markt von morgen antizipieren können. Auch künstliche Intelligenz wird die Branche in den kommenden Jahren extrem beschäftigen. Skalierbare Prozesse und digitale, intelligente Arbeitsmethoden zur Produktentwicklung sind unumgänglich, damit wir uns auf das Wesentliche konzentrieren können: tolle Bücher zu machen.

Zur kostenlosen Anmeldung zu „Pubiz meets Innovation“ am 21. Mai geht es hier.

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