Der Ingeborg-Bachmann-Preis geht an Olga Martynova (Foto). Die Jury lobte insbesondere die Souveränität und Leichtigkeit ihres Textes „Ich werde sagen: Hi“. Die Entscheidung ist den Juroren nicht leicht gefallen.
Es brauchte mehrere Stichwahlen, bis Martynova als Siegerin feststand. Letztlich setzte sie sich knapp mit vier zu drei Stimmen gegen Matthias Nawrat durch, der schließlich den Kelag-Preis entgegen nahm (s.u.).
Die russisch-stämmige Autorin Martynova, die mittlerweile in Frankfurt lebt, zeichnet in ihrem Text mit kulturgeschichtlichen Bezügen das Porträt eines jungen Mannes, der sich gleichzeitig für das Erwachen erotischer Gefühle wie für die Dichtung interessiert.
Die Leichtigkeit des Martynova-Textes erschließe sich zwar nicht sofort, erklärte der Juror Hubert Winkels: Doch sehr bald gehe man in dem geschilderten Städtchen sehr gern überallhin. „Der Text mäandert durch die Zeiten, schön ist: Das sexuelle aufgeladene Begehren hält sich mit dem Spielerischen die Waage“. Der Text sei auch eine Reflexion darüber, wie man Schreibender schreibt, wobei die Zeitspanne von 3.000 Jahren quasi „mit einem Schlenker“ übersprungen würde. „Eine schöne Arbeit“, in der das Große im Kleinen gespiegelt sei – „ein wunderbarer Kunstgriff“, so Winkels.
Daniela Strigl lobte den „hintersinnig-lakonisch-anarchische Witz“, wenn es etwa im Text heiße: „Der Duft ihres Parfums mischte sich mit den Holunderblüten in ihrem Garten“ – und eben dieser Holunderduft einige Seiten vorher mit dem Geruch von Sperma verglichen worden sei.
„Mir gefällt auch der sprachliche Rhythmus“, der „Wechsel vom Dialog zur Geschichte“, so Strigl. Und: „Ich habe beim Lesen nicht bemerkt, dass ich es mit einer ausländischen Schreiberin zu tun habe“, wohl aber sei ihr der in der slawischen Tradition stehende, skurrile Witz aufgefallen.
„Ein souverän und luftig erzählter Text“, meinte auch Meike Feßmann. In der dritten Person Präteritum erzählt, werde das Eheleben vom Protagonisten wie einem Spion beobachtet.
„Wir erleben hier die Geburt des Dichters aus dem Geist der Erotik“ erklärte Paul Jandl. Ein „hocherotischer Text“ mit Lust am Schreiben sei das, was sich auch darin spiegle dass der Protagonist eben die verschiedensten Schreibtechniken ausprobiere.
Corina Caduff zeigte sich überrascht, dass ihr der Text beim Vorlesen plötzlich witzig erschienen sei –„ich fand ihm nicht witzig beim Lesen“ – dann erst habe sie dessen Leichtigkeit bemerkt.
Seit Donnerstag hatten der Jury insgesamt 14 Autoren ihre noch unveröffentlichten Texte vorgestellt. Sie konkurrierten damit um eine der bedeutendsten Auszeichnungen für Literatur im deutschsprachigen Raum. Der Ingeborg-Bachmann-Preis in Gedenken an die gleichnamige Schriftstellerin und Lyrikerin wird seit 1977 vergeben. Das Preisgeld beträgt 25.000 Euro.
Weitere Auszeichnungen bei den 36. Tagen der deutschsprachigen Literatur:
- Der mit 10.000 Euro dotierte Kelag-Preis ging nach vier Abstimmungsrunden an Matthias Nawrat.
- Der 3sat–Preis in Höhe von 7.500 Euro ging an Lisa Kränzler, ebenfalls nach ebenfalls vier Abstimmungsrunden.
- Den von Verlagen gestifteten Ernst-Willner-Preis bekam Inger-Maria Mahlke. Sie erhielt ein Preisgeld in Höhe von 5.000 Euro.
- Der mit 7.000 Euro dotierte BKS Bank Publikumspreis ging an Cornelia Travnicek.
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