Im Interview mit der „Stuttgarter Zeitung“ analysiert der Handelsexperte Norbert Wittmann die Schließung von 62 Galeria-Karstadt-Kaufhof-Filialen – und zeigt Grenzen und Perspektiven des Warenhaus-Konzeptes auf.
Wittmann ist Mitgründer der Gruppe Nymphenburg (München), einer Beratungsfirma, die sich auf Neuromarketing spezialisiert hat und erforscht, wie sich Konsumenten verhalten. Die Schließungen bei der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof bewertet er als einen „bitteren, aber notwendigen Befreiungsschlag“, der absehbar gewesen sei.
Viele der Standorte seien zwar durchaus attraktiv und in tollen Lagen, aber das Beispiel München zeige, dass man „nicht auf engstem Raum sechs ähnliche Kaufhäuser braucht“. Sein Lösungsvorschlag für die Umstrukturierung: „Wir brauchen eine Differenzierung – das kann die Konzentration auf Luxus sein. Aber auch Entertainment, eine regionale Verankerung etwa über Aktionen oder eine Beteiligung am Stadtmarathon sind Differenzierungsmöglichkeiten. Das Haus muss zu einer Institution werden.“ Anderen Unternehmen sei es bereits gelungen, einen Teil der Umsätze ins Internet zu verlagern – auch das könne ein Weg sein.
Zur Frage, ob sich das Warenhaus-Konzept überlebt hat, meint Witmann: „Früher waren Kaufhäuser vergleichsweise günstige Anbieter. Das ist heute in Zeiten von Discountern und so genannten Category Killern, die ein riesiges Sortiment in bestimmten Warengruppen haben wie etwa Elektronikfachmärkte oder Spezialisten für Babybedarf, nicht mehr der Fall.“ Auch das Argument der Einkaufsatmosphäre lässt er nicht gelten, denn dazu brauche man nicht ins Kaufhaus, meint er mit Verweis auf Modediscounter wie Zara oder Mango, die es geschafft hätten, ihre Waren in einem hochwertigen Ambiente preisgünstig anzubieten.
Und schließlich sei das Warenhaus-Konzept mit dem Prinzip „tausendfach alles unter einem Dach“ spätestens durch Anbieter wie Amazon obsolet: „Zum Vergleich: Eine durchschnittliche Buchhandlung hat 8000 oder 10.000 Bücher vorrätig, Amazon bietet allein zirka 1,6 Millionen deutschsprachige Bücher. Aufgrund von Kundenbefragungen wissen wir, dass Kaufhäuser stark bei jungen Leuten verloren haben. Die gehen lieber in eine Boutique, ins Fachgeschäft oder kaufen im Internet.“
Das ganze Interview gibt es hier (Plus-Inhalt).
Früher war das Einkaufen noch in den Städten etwas ein Erlebniskauf.
Heute dagegen muss alles immer schneller gehen und dementsprechend haben sich die Einkaufsgewohnheiten der Menschen verändert.
Dies mit den Schließungen der 62 Warenhäuser von Kaufhof ist nicht mehr zu verhindern.
Trotzdem sollte man an die vielen Frauen und Angestellten denken, die jetzt ihre Arbeitsplätze verlieren.
Junge Leute bestellen heute viel im Internet bei Amazon usw.
Aber was ist, wenn die Schuhe und die Hosen nicht passen?
Dann wird die Ware wieder zurückgesendet.
Im Vergleich zu einem Warenhaus oder Fachgeschäft, welches am Platz ist, kann man dort einkaufen, die Hose und die Schuhe anprobieren, was man ja über eine Bestellung im Internet nicht möglich ist.
Und zudem muss man nicht alles machen, was andere Menschen auch tun.
Die Innenstädte werden sich durch diese Kaufhaus-Schließungen jetzt dann sehr verändern.
Und neue Konzepte, auch für die Warenhäuser und auch die Innenstadtbereiche müssen erst jetzt konzipiert werden.
Mit der Schnelligkeit vom Ende dieser 62 Warenhäuser hatte niemand gerechnet.
Der Strukturwandel in den Städten geht weiter.
Es ist aber auch so, dass diese derzeitige Corona-Krise auch das Verhalten der Menschen in den letzten Wochen sehr verändert hat und dies wirkete sich auch auf das Geschäftsleben aus.
Langsam sind Lockerungen gekommen. Aber es ist immer noch eine Vorsicht geboten.
Trotz aller dieser negativen Veränderungen sollte man noch Chancen nutzen, die das Leben etwas positiv verändern können.
Und diese Prozesse gehen eben nicht schnell voran.
Die Menschen sind in einem Umdenkungsprozess und haben sich von einem Wahn des immer Einkaufens sozusagen verabschiedet. Auch daran ist bei einer Umwandlungen der Geschäfte zu denken.
Trotzdem sollte es aber positive Zeichen bei allen Veränderungen in den kommenden Wochen geben. Dazu wird ein Miteinander von allen Beteiligten notwendig sein.