Es tut sich etwas auf der Lizenz-Einbahnstraße zwischen Deutschland und der Welt. Deutschsprachige Schriftsteller von Daniel Kehlmann und Frank Schätzing bis zu Nele Neuhaus und Jenny Erpenbeck sind plötzlich international gefragt. Immer öfter berichten Branchenblätter wie „Publishers Weekly“ und „Bookseller“ über Lizenzeinkäufe aus deutschen Landen. Auch bei der London Book Fair war der Trend in der vergangenen Woche spürbar.
Pia Götz, die bei Ullstein für die internationalen Lizenzen zuständig ist, zeigte sich „begeistert, wie sehr die Nachfrage nach deutschen Titeln gestiegen ist“. Zu ihren aktuellen Vorzeigeautoren gehört Oliver Pötzsch, auf dessen „Henkerstochter“-Serie zuerst Amazon aufmerksam geworden ist – über 100000 E-Books wurden von Band 1 im Kindle Store bereits verkauft – und der in der Druckausgabe bei Houghton Mifflin Harcourt erscheinen wird (buchreport berichtete). In London waren vor allem die Krimis von Nele Neuhaus gefragt. Die Rechte an „Schneewittchen muss sterben“ hat Götz mittlerweile in 15 Länder verkauft.
Joachim Jessen von der Agentur Schlück sieht die Entwicklung ähnlich: „Vielleicht müssen sich selbst die Amerikaner und Engländer in einer globalen Welt einmal dafür interessieren, was in anderen Märkten erscheint“, vermutet der Agent aus Garbsen, der in London u.a. Verträge für Dora Heldt und Dörthe Binkert abgeschlossen hat.
Agenten reiben sich die Hände
Hoch zufrieden ist auch Michael Gaeb (Literarische Agentur Michael Gaeb, Berlin) aus London zurückgekehrt. Ihm ist dort u.a. das Kunststück gelungen, die holländischen und spanischen Rechte an Max Bentours Roman „Der Federmann“ zu verkaufen und in den USA für die englischsprachigen Weltrechte eine Auktion anzustoßen, obwohl Bentours Debüt in Deutschland noch gar nicht erschienen ist. Der erste Band einer Serie von Berlin-Krimis erscheint im Herbst bei Goldmann. Gaebs Erfolgsrezept: „Für Engländer und Amerikaner ist es wichtig, Probeübersetzungen, englische Synopsen und Material über den Autor im Gepäck zu haben.“
Riky Stock, als Leiterin des German Book Office (GBO) in New York für Bücher „Made in Germany“ aktiv, kann den Trend mit Zahlen belegen: Die aktuelle GBO-Auswertung weist für die USA im vergangenen Jahr 34 Übersetzungen deutschsprachiger Bücher aus, 2009 waren es lediglich 19. Nach Warengruppen aufgegliedert handelt es sich um 23 Romane, neun Sachbücher und zwei Kinderbücher.
In ihren Gesprächen mit amerikanischen Verlegern, Lektoren und Übersetzern hat Stock in den letzten Monaten zudem den Eindruck gewonnen, dass sich die Stimmung im US-Verlagswesen deutlich gebessert hat und wieder stärkeres Interesse an Übersetzungen besteht. „Es gibt Lektoren, die suchen literarische Bücher, Lektoren, die gern einen neuen Stieg Larsson hätten und Lektoren, die sagen, dass sie Krimis suchen, die nicht in Skandinavien spielen. Es ist also wieder alles möglich.“
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