In den USA ist die Digitalisierung viel weiter fortgeschritten als in Deutschland. Um nicht über dieselben Fehler zu stolpern und sich Erfolgsfaktoren und Innovationen früh anzueignen, lohnt sich der Blick über den Tellerrand.
Louise Carleton-Gertsch referiert beim 1. Kindermedienkongress der Akademie des Deutschen Buchhandels am kommenden Montag über digitale Erlebniswelten in den USA und Großbritannien. Im Interview mit buchreport.de erklärt sie, worauf Kinderbuchverlage achten sollten.
Verlage hinken bei der Digitalisierung hinterher: Was können sie von den US-amerikanischen Kollegen lernen?
In erster Linie brauchen sie Mut zum Experimentieren. Das ist immer wieder von den Verlagshäusern und Anbietern neuer Produkte aus den USA zu hören. Es gibt eine Fülle neuer Möglichkeiten, Inhalte aufzubereiten. Für Verlage bedeutet dies, dass sie bewusst auswählen müssen: Ob digitale Pakete oder Häppchen, E-Books mit zusätzlichen Features, Apps oder Vooks (E-Books plus Video, Link) – die richtige Wahl hängt davon ab, wie und auf welchem Endgerät Ihre Zielgruppe die Inhalte konsumieren möchte.
Was bedeutet das für die Jüngsten und damit für Kinderbuchverlage?
Die Digitalisierung erweitert die Welt des Gedruckten: Inzwischen können Kinder ihre Geschichten auf mehreren Geräte-Plattformen verfolgen und genießen. Auf der dazugehörigen Website finden sie zusätzliche Informationen, können sich untereinander austauschen und passende Inhalte herunterladen. Verlage können dadurch eine bessere Kundenbindung aufbauen und in den Dialog mit ihren Fans treten. Manchmal entstehen so ganz neue „born digital“-Produkte.
Darüber hinaus haben Kinder auch die Möglichkeit, ihren Lieblingsfiguren in interaktiven Welten zu begegnen, mit ihnen zu lesen, ihnen zuzuhören und gemeinsam zu spielen. Und das nicht nur, wenn sie vor dem PC sitzen, sondern auch unterwegs oder bequem mit den Eltern auf dem Sofa.
Inwieweit müssen die Inhalte für Kinder nicht auch anders aufbereitet werden?
Zunächst einmal müssen digitale Inhalte mediengerecht sein. Jedes Medium bietet andere Facetten, und diesen gerecht zu werden, ist nicht immer leicht. Die Touch-Bedienung des iPads beispielsweise ist sehr intuitiv und hilft Kindern, sich schnell zurechtzufinden. Durch die Verknüpfung von Text, Ton, Bild und Spiel können Inhalte unterhaltsamer gestaltet werden. Besonders spannend wird es für Kinder, wenn sie das iPad bewegen und schütteln können, um Aktionen auszulösen.
Hier steckt aber auch der Haken: Die vielen Möglichkeiten lassen Inhalte oft überladen wirken. Umso problematischer ist dies, wenn sie für Kinder aufbereitet sind. Ein Produkt mit einer einzigen angemessenen und innovativen Idee ist wesentlich mehr wert als viele Spielereien, die dem Inhalt nicht gerecht werden. Die Interaktionen dürfen nicht den Lesefluss stören, Text sollte nicht verdeckt werden. Einige Verlage bieten deshalb zwei verschiedene Modi an: Im Lesemodi können sich Kinder in Ruhe mit der Geschichte auseinandersetzen; im Spielemodi steht der Spaß im Vordergrund.
Die Fragen stellte Lucy Kivelip.
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