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Eine Lücke wird geschlossen

Island ist in diesem Jahr Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse. Der literaturbegeisterte Inselstaat präsentiert sich mit fast 200 Titeln. Der Präsident des isländischen Verlegerverbands, Kristján B. Jónasson (Foto), erläutert die aktuelle Lage des isländischen Buchmarkts.

Nach der Finanzkrise und dem Vulkanausbruch, ist das jetzt der große Imageschub für Island?

Der Gastlandauftritt war ja lange vor der Finanzkrise geplant, und zum Glück ist die isländische Regierung trotz der Krise nicht von ihrer ursprünglichen Entscheidung zu-rückgetreten. Viele begrüßen es jetzt – nicht nur in Island, sondern auch im Ausland –, dass nicht nur schlechte Nachrichten aus Island kommen, sondern auch positive Signale gesendet werden können.

Wo steht die isländische Buchbranche nach der Finanzkrise?

Im Grunde genommen hat die Finanzkrise nicht so großen Einfluss auf die isländische Buchbranche gehabt. Der Umsatzrückgang gegen-über sehr guten Jahren wie 2006 und 2007 beträgt rund 3,4%, auf das Jahrzehnt von 2000 bis 2010 gerechnet hat das letzte Jahr sogar überdurchschnittlich abgeschlossen. Als negativer Faktor schlug sich aber der totale Zusammenbruch der isländischen Krone nieder. Ausländische Währungen sind doppelt so teuer wie zuvor, was dazu geführt hat, dass internationale Koproduktionen, Lizenzen, Papierpreise etc. teurer wurden.

Ist der Gastlandauftritt für Island – einem Land mit gerade einmal 320 000 Einwohnern und 30 Verlagen – nicht eine Nummer zu groß?

Als diese Idee aufkam, vor etwa zehn Jahren, empfand ich das auch als sehr gewagt. Dabei muss man bedenken, es wurde schon in den 80er-Jahren geplant, dass die skandinavischen Länder gemeinsam als Ehrengast in Frankfurt auftreten. Diese Erwägungen sind aber letztendlich gescheitert, weil man sich in wichtigen Fragen wie beispielsweise der Aufteilung der Kosten nicht einigen konnte. Also ging die Kulturbehörde Islands daran, einen singulären Auftritt vorzubereiten. Und es zeigte sich, dass unser kleines Land auch über die mittelalterlichen Sagen hinaus einiges zu bieten hat und eine gewisse literarische Traditionslinie zu erkennen ist. Auch ist es kein Zufall, dass gerade in den letzten Jahren so viel aus dem Isländischen übersetzt wird. Das liegt einerseits an dem Hype der nordischen Krimis, aber auch an vielen interessanten Romanstoffen, die in der jüngsten Zeit erschienen sind. Und da muss man wohl auch sagen: Die Einwohnerzahl sagt letztlich nicht viel über die Qualität der Literatur.

Trotzdem: Wen interessieren die fast 200 Übersetzungen aus dem kleinen Inselstaat?

Zunächst einmal ist der Auftritt in Frankfurt deshalb so interessant, weil damit eine Lücke in der Rezeption der isländischen Literatur geschlossen wird. Es werden jetzt Autoren aus dem 20. Jahrhundert übersetzt, die man bisher nicht ins Deutsche oder überhaupt nicht in andere Sprachen übersetzt hat. Auf dem deutschen Buchmarkt liegt damit ein einheitliches Bild der letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts der isländischen Literatur vor. Dann muss man natürlich sehen, dass die Entscheidung wie viele und welche Autoren ins Deutsche übersetzt werden, in Deutschland getroffen wird. Letztendlich – davon bin ich angesichts der vielen interessanten Übertragungen überzeugt – wird der Buchmessestatus den deutschen Verlagen aber dabei helfen, diese Bücher auch zu verkaufen.

Die Fragen stellte Nicole Stöcker

Aus: buchreport.magazin 8/2011

Eine ausführliche Analyse des isländischen Buchmarktes lesen Sie im aktuellen buchreport.magazin 8/2011 (hier zu bestellen).


Zahlen und Fakten der Messe zum isländischen Buchmarkt:

  • Jeder der rund 318.000 Isländer kauft im Durchschnitt acht Bücher pro Jahr.
  • Es gibt kaum ein Land mit prozentual gesehen so vielen Autoren.
  • In Reykjavík haben die Buchhandlungen länger geöffnet als die meisten anderen Geschäfte.
  • 4770 Mio ISK (32 Mio Euro) Umsatz zu Endverbraucherpreisen
  • 1674 Titel pro Jahr
  • 2,5 Mio jährlich verkaufte Bücher
  • 12000 lieferbare Titel
  • der durchschnittliche Buchpreis eines Hardcovers beträgt ca. 4000 ISK (27 Euro)
  • 7% Mehrwertsteuer
  • 170 Verlage, davon 5 mit mehr als 1 Mio Euro Jahresumsatz   
  • 150 Verkaufsstellen  

Die Angaben beziehen sich auf 2009, Quelle: Frankfurter Buchmesse

Kommentare

1 Kommentar zu "Eine Lücke wird geschlossen"

  1. Bei den 318.000 Einwohnern in Island ist das Verlagswesen noch schlimmer der Spezialwirtschaft unterworfen, als die CSU in Bayern.

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